Nach den zum Teil doch hitzigen Wortwechseln waren alle irgendwie erleichtert, dass sie sich auf etwas anderes konzentrieren konnten, auch wenn der Gedanke natürlich nachwievor im Hintergrund schlummerte, dass eine endgültige Einigung bislang auch nur aufgeschoben worden war, bis sie den Schlitzzahn schließlich selbst zu Gesicht bekämen. Aber irgendwie würden sie sich schon zusammenraufen können, das hatte bisher doch auch geklappt. Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt.
So ging es dann ersteinmal weiter, zumindest hier konnte man sich ja auf den nächsten Schritt einigen. Und was dann folgte, würde sich dann eben ergeben. Für die beiden naturverbundenen Fährtensucher an der Spitze der kleinen Gruppe war es in der Tat nicht schwierig, die Spuren des gewaltigen Wildschweins ausfindig zu machen. An den Abdrücken konnten sie bereits erkennen, dass es sich um ein besonders großes Exemplar handeln musste, was ihnen ja auch die anderen bereits berichtet hatten, die die Spuren zuvor schon einmal bei einer Erkundungstour im Wald gefunden hatten.
Es dauerte schon die eine oder andere Stunde, genug Zeit um die Gemüter auch ein wenig abzukühlen, bis sich Varis und Lugeiros sicher waren, dass sie nicht mehr allzu weit von dem Tier entfernt sein konnten. Die Spuren waren mit fortschreitender Dauer der Verfolgung immer frischer geworden. Sie hatten also zu dem Wildschwein aufgeholt, welches sich aber auch an einigen Stellen für einen gewissen Zeitraum aufgehalten hatte, um beispielsweise etwas an einer nicht zu durchwachsenen Stelle auszugraben. Vermutlich irgendeine wohlschmeckende - jedenfalls für Wildschweingeschmäcker - Wurzel oder ein paar Pilze.
An der Stelle hatte es bereits ein paar Anzeichen gegeben, die sie aber noch nicht so recht hatten deuten können. Erst im Nachhinein wurde es ihnen bewusst, als sie das Biest schließlich zu Gesicht bekamen. Das laute Grunzen und Knurren machte es ihnen leicht, sich unbemerkt heranzubewegen, wobei die beiden natürlich den anderen gestikuliert hatten, jetzt etwas mehr auf ihre Geräusche zu achten, um den Eber nicht aufzuschrecken. Schlitzzahn war wirklich außergewöhnlich massiv. Sein dunkles Fell war an einer Flanke von einer großen Narbe zerfurcht. Im Gesicht hatte er etwas hellere, graue Borsten. Das Wildschwein musste schon sehr alt sein. So wie es aussah, lebte er alleine und war nicht der Anführer einer Rotte.
Ein Blick genügte, um sich sicher zu sein. Sie würden dieses Tier tatsächlich erlegen müssen. Und im Anschluss würden sie es am besten verbrennen. Nicht aus Spaß und ganz bestimmt nicht, um dessen Fleisch zu essen. Sondern zum Schutze aller, die ihm zu nahe kamen. Der weiße Schaum vor dem Maul war das deutlichste Anzeichen, doch es gab noch genügend andere. Bei den Menschen wurde es üblicherweise als Tollwut bezeichnet. Ein Heilmittel war nicht bekannt. Vielleicht mit mächtiger Magie, aber diese vermochte keiner von ihnen zu wirken. Es gab so gut wie keine Erzählungen darüber, dass irgendjemand, Zweibeiner oder Tier, diese zum Glück recht seltene Krankheit überlebte. Vekkel Benzen, der Jäger der den Aushang im Handelsposten aufgehangen hatte, musste tatsächlich Glück gehabt haben, dass er direkt sein ganzes Bein verloren hatte, denn so war die stark ansteckende Krankheit wohl nicht auf ihn übergegangen. Warum Schlitzzahn, der schon seit einem Jahr oder länger davon befallen sein musste, noch lebte war hingegen unklar.