Valdas ergriff die ihm angebotene Hand und erwiderte mit einem festen Händedruck.
"Nun ja, wie schon erwähnt weiß ich leider nicht viel." begann er seine Geschichte. "Als das hier" - er deutete auf seine Brandnarben - "passierte, war ich noch ein Kind. Eines Nachts brach in unserem Haus ein Feuer aus, in dem meine ganze Familie starb und ich als Einziger mit schwersten Verbrennungen überlebte. Als schwer verletzter Waise und ohne eine Familie, die sich um mich hätte kümmern können, wurde ich von einer älteren Frau adoptiert. Sie heilte mich, zog mich auf und begann schließlich ihr Wissen über die Kunst der Heilung an mich weiterzugeben. Ich wuchs mit der Gewissheit auf, dass es sich beim Tod meiner Eltern um einen schrecklichen Unfall handelte, aber offensichtlich lag ich damit falsch."
Valdas ließ seinen Blick kurz über die verbrannten Überreste des Gasthauses gleiten, um dann mit leiser Stimme fortzufahren.
"Jedenfalls hörte ich nach vielen Jahren, schon als erwachsener Mann, im Dorf eine Geschichte über einen Mann mit Vornamen Matas, einen ehemaligen Bewohner einer nahe gelegenen Stadt. Offensichtlich war er in etwa zu der Zeit, als unser Haus abbrannte, wie über Nacht zu einem gewissen Wohlstand gekommen und hatte die Gegend Hals über Kopf verlassen. Das allein ließ mich nicht stutzig werden. Aber die Berichte, dass der Mann von allen als Taugenichts und Tunichtgut beschrieben wurde, die zeitliche Nähe seines plötzlichen Wohlstandes mit dem Brand und die Aussagen, dass er sich trotz des sich schon abzeichnenden Krieges in Richtung Eisenlande
davonmachte, ließ irgendetwas in mir glauben, dass die beiden Ereignisse in irgendeiner Art und Weise zusammenhängen mussten."
Er schaute in die Runde, als ob er sich ihrer Aufmerksamkeit vergewissern wollte, dann fuhr er fort.
"Also fing ich an, Nachforschungen anzustellen. Die lange Zeit, die inzwischen vergangen war, war dabei keine große Hilfe, wie ihr euch vorstellen könnt. Jedenfalls war ich mir irgendwann sicher, dass es keine direkte Verbindung zwischen diesem Mann und meinen Eltern gegeben hatte. Es gab keinen Hinweis, dass er jemals mein Dorf besucht hatte oder dass er meine Eltern bei einem ihrer Besuche in der Stadt getroffen hätte. Und dass irgendjemand ihm viel Geld gegeben hätte, damit er ein einfaches Bauernhaus abbrennt, davon war auch nicht auszugehen."
Nun hob er den Kopf und blickte ernst in die Runde.
"Ich weiß nicht, wie gut ihr den Sarmatischen Bund und meine Heimat Curonien kennt. Aber ich kann mir vorstellen, dass ihr schon die ein oder andere Geschichte über Dämonen gehört habt, die dort ihr Unwesen treiben sollen. Das, was die Vaticinische Kirche Dämonen nennt, hat bei uns den Namen Dievai, was man in etwa mit Götter übersetzten könnte. Und eins kann ich euch versichern, sie sind so real, wie ich hier vor euch stehe. Dievai nutzen die Schwäche von Personen aus, um ihnen Dinge zu versprechen und ihnen Gefallen zu tun, allerdings nicht, ohne dafür auch eine Gegenleistung zu verlangen. Und diese Gegenleistung kann etwas sehr Schlimmes sein. Ich bin mir sicher, dass der Mann, den ich suche, einen Pakt mit einem Dievas eingegangen ist, der ihn reich gemacht hat, und der Preis dafür war der Tod meiner Familie."
Valdas blickte entschlossen in dir Runde.
"Und darum bin ich hier. Falls ich mit meiner Vermutung Recht habe und der Mann noch am Leben ist, dann geht von ihm eine enorme Gefahr aus."