Der Bauernhof Jerns wirkte auf Ugnor sehr stabil. Man merkte, dass die Leute in dieser Gegend ihre Häuser so bauten, dass sie im Notfall auch verteidigt werden konnten. Nur an der Vorderseite zum Dorfplatz hin waren in die massiven Wände aus Hartholz große Fenster eingelassen, das große Eingangstor schloss nahezu fugenlos mit der Wand ab.
In den Seiten- und an den Hinterwänden des Hauses waren nur schießschartenähnliche Luken eingelassen, geeignet, mögliche Feinde mit einem Stein-oder Pfeilhagel zu empfangen, aber klein genug, um den Innenräumen weitestgehenden Schutz zu gewähren. An einem solchen Haus konnten sich auch grössere Gegnerscharen blutige Nasen holen.
Zwischen Jerns Hof und den andern Häusern Distels huschten die Söhne und Töchter Jerns geschäftig hin und her. Sie gaben wohl allen Bescheid, sich im Hause Jerns zu versammeln, denn hier und da gingen tatsächlich die Türen auf, und die Bewohner verliessen ihre Stuben, um sich bei Jern zu versammeln.
Ein junger , etwa 13 Jahre alter Bube rannte gerade, ein Päckchen unterm Arm, flink an Ugnor vorbei ins Haus. Ugnor und auch Stedd konnten durch die offene Tür hören, wie der Gutsherr seine Stimme erhob.
Auch wenn Baron Aulbes versprochen hat, Euch für Eure Dienste zu entlohnen, wäre es doch ein grober Verstoß gegen Anstand und Sitte, Eure Hilfsbereitschaft unerwidert hinzunehmen. Wir haben nicht viel, aber wenigstens ein paar kleine Gaben sollt Ihr von hier mitnehmen.
Jern überreichte das Paket, dass der Junge ihm gebracht hatte, an Audhild.
Euer Auftrag mag Euch in Gefahr bringen, daher bitte ich Euch, nehmt diese beiden Heilertaschen mit Euch, Baron Aulbes hat uns so reichlich beschenkt, da können wir diese entbehren. Euch mögen sie mehr nützen als uns.
Dann ging Jern zu einem in die Wand hineingesetzten Regal und nahm zwei Fläschchen herab, die er ebenfalls vor Audhild auf den Tisch stellte. Eins davon enthielt eine teefarbene, von Schlieren durchzogene Flüssigkeit, in der Teile verschiedener Pflanzen und Kräuter schwebten, der zähflüssige Inhalt der anderen Flasche dagegen war cremig-gelb.
Hier diese beiden Fläschchen hier habe ich von meiner Frühjahrsreise nach Aulbesmühle oben am Rand des Hochwalds mitgebracht. Dort lebt Kieron, ein Priester Sunes, der sich auf das Brauen von Tränken versteht. Der braune hier wird Eure Wunden heilen, falls Ihr im Kampf welche erleiden solltet, der andere heilt jede Art von Vergiftung, sagte jedenfalls Kieron.
Ich wünsche Euch den Segen der Götter und bete für Euern Erfolg. Wenn alles gut geht, sehen wir uns morgen um die Mittagstunde.
Bevor die Gruppe sich auf den Weg machte, schüttelte Jern jedem kräftig die Hand. Dann begleitete er sie bis zum Ortsausgang und blickte ihnen nach, bis sie im Dunkeln verschwunden waren.