Sie kniet auf dem Boden, zerschunden, blutbesudelt wie zu ihrer besten Henkerszeit. In ihren Augen lodert kein Feuer, obwohl es allen Grund hätte - sie hat sicheren Tod überlebt, das Gewicht der Jahrhunderte, das drei ihrer Gefährten zermalmt hat, konnte ihr nicht mehr anhaben, als einige Knochen zu brechen, die rasches Zusammenwachsen gewohnt sind.
Ich...lebe? Warum? Welch eine grausame Ironie... Hanajima wähnt sich verhöhnt vom Schicksal, das immer wieder ihre Anvertrauten und Schützlinge mordet, um sie überleben und die Bürde des Versagens tragen zu lassen. Doch...
Geräusche ganz in der Nähe lassen die Karrn sich umblicken; Schmerzen, die damit einhergehen, bewirken dabei nichts als trotzendes Schnauben.
Das Schicksal hat es der verbannten Henkerin gleich getan. Es hat Gnade erzeigt.
"Beim Raffer, ihr lebt noch!" Die Augen der Kriegerin weiten sich, es will scheinen vor Freude, die allerdings nicht lange währt. "die anderen...haben es wohl nicht geschafft," fügt sie düster hinzu, sich müsham mit Hilfe des Schwertes aufrappelnd. Anschließend nähert sie sich langsam der Felswand, legt eine Hand daran und neigt den Kopf, das verklebte Haar blutig triefen lassend.
"Mögen die Götter, an welche sie auch geglaubt haben, sie sicher aufgenommen haben," spricht sie leise.
Der Krieg ist längst vorbei, und die Gefährten der letzten Zeit sind für Hanajima keine namenlosen Kameraden mehr. Es sind - oder waren - Persönlichkeiten, die ihre eigenen Stärken und Schwächen, ihre eigenen Besonderheiten haben. Die die Exilantin nicht so schnell vergessen wird, da sie sie schätzen gelernt hat.
Vier sind heute gefallen.
Blue, ein urtypischer Kriegsknecht, der vielleicht am meisten an die Tage des Letzten Krieges erinnerte. Bloß war es keine Streitmacht, die ihn heute vernichtet hat, es war die Neugier. Sie hat ihn getötet und doch geadelt, sie hat eine Maschine menschlich gemacht.
Yal, das schlüpfrige und mitunter völlig blöd wirkende Wechselbalg. Ein Überlebenskünstler, dem seine Kunst an diesem Tag untreu geworden ist. Wahrscheinlich hatte es keine Sekunde lang daran gedacht, ein ehrliches Leben zu führen, selbst wenn die Mahnung des Gesteins es nicht gerichtet hätte. Trotzdem ist er ein verlässlicher Gefährte gewesen - nur ist es nicht an der Karrn gewesen, seinen Richtspruch zu sprechen, und das Los hat ihm alle Gnade verwehren wollen.
Nike, die gar nicht so verwöhnte und unbekümmerte Priesterin. Hinter ihren strahlenden Äußeren hat ein tapferer und unbeugsamer Geist gesteckt, der Entbehrungen ohne zu jammern auf sich nahm. Ob ihr Glaube an Dol Dorn auf einem Funken Wahrheit beruht, ob ihr Gott seine treue Dienerin gesegnet hat?
Karraq, wohl das fremdartigste Wicht. Alle Warnungen hat er in den Wind geschlagen - doch seinem Wort hat er Ehre gemacht und sein Können nach bestem Gewissen eingesetzt. Aber auch auf ihn hatte das Ende gewartet.
Zögernd wendet sich Hanajima vom Gewölbe ab. Ein einziger heller Rinnsal durchkreuzt die schlarlachroten Flecken an ihrer Wange. In den Augen der Frau jedoch, die in ihrem ganzen Leben fast nur Tod und Verderben gesehen hat, spiegelt sich keine Regung.
"Wie fühlt ihr euch? Könnt ihr laufen? Ich fürchte, wir müssen bald weg...von diesem Ort," redet sie gedämpft die Überlebenden an und schaut sich unbehaglich um. Ihre Verantwortung bleibt schließlich bestehen. "Habt Ihr das, weswegen wir gekommen sind?," möchte sie von Gerald wissen, dem sie den Drachensplitter anvertraut hat.