Lira hat schon die ganze Zeit damit gerechnet, dass der Doktor völlig dem Großenwahn verfallen sein muss. Aber sie wollte unbedingt herauskriegen wieviel Zeit man noch hat, um ihn aufzuhalten. Denn irgendwie muss er es wohl geschafft haben, das Siegel der Siegelbewahrer zu lockern, auch wenn sich Lira nicht ganz sicher ist, wie er das überhaupt gemacht hat. Mit ihrem Gespräch wollte Lira nur herausfinden, wieviel Zeit ihr noch bleibt den Dokor aufzuhalten, aber so musste sie wohl ein großes Risiko nun eingehen.
Lira rechnet zwar fest damit, dass der Doktor sie irgendwie zuvor ausspioniert hat und sich die Stärken und Schwächen der Anwesenden angesehen hat. Aber trotzdem weiß Lira nicht, ob der Doktor tatsächlich eine passende Fähigkeit in dieser Nacht sich angeeignet hat, um sich gegen ihre Fähigkeiten optimal zur Wehr zu setzen. Aber etwas anderes als Kampf bleibt Lira vorerst nicht übrig. So versucht sie ihre Odewaffe direkt gegen den Doktor gerichtet einzusetzen und zu sehen, ob sie überhaupt eine Wirkung zeigt. Während Lira sich danach etwas zurückzieht.
Tatsächlich scheint der Blitz durchaus Wirkung zu zeigen, denn Heraladus schreit unter Schmerz auf, als die krachende Entladung erst die Papiere auf seinem Schreibtisch brennden durch die Luft wirbeln lässt und dann den Doktor selbst trifft. Doch ehe Lira sich zurückzieht, sieht sie, dass Heraldus durchaus noch steht - eine Handvoll magischer Schutzsprüche scheint er zuvor noch um sich gewebt zu haben - und nun vollends von mörderischem Zorn übermannt scheint. Doch da die Malträgerin nun außer Reichweite ist, lenkt der trotz seiner Verwundung triumphierend lachende Arzt die ihm gegebene Macht mit verheerender Wirkung gegen den Halbork Fuddok.
Fuddok hat zuvor auf Lira keinen so guten Eindruck gemacht. "Hoffentlich hat der Doktor keine Fähigkeit, um Fuddok d'Torrn völlig wahnsinnig werden zu lassen. Er macht nämlich irgendwie wirklich keinen guten Eindruck derzeit.", denkt sich Lira, geht aber trotzdem mutig an dem Tharashk vorbei.
"Sieh her, Lakai...sieh her und öffne dich der Wahrheit!" Wie ein kreisrunder Abgrund von waberndem Blut zieht die Uhr die Augen des Jägers mit unwiderstehlicher Kraft an, öffnet sich sich seinem Geist, saugt ihn in sich hinab. Dann bleibt mit einem hellen Klicken der Zeiger stehen - und das Schreien beginnt.
Der brodelnde Schlund dehnt sich aus, weiter und weiter, und Fuddok erkennt die schemenhaften Formen, die sich darin winden, hemporstoßen, an die Oberfläche. Seines Bewusstseins. Sie waren schon immer da. "Ja! Leugne es nicht länger! Es ist Zeit, die Schuld zu begleichen!" Der blutige Mond ist nun alles was noch existiert, die Welt ist verschluckt und zuckend, kreischend brechen die Alpträume hervor, Legionen, vielgesichtig doch alle aus dem gleichen Kern geboren. "Es ruht in deinem Blut! Dein Vorfahr..." Gesichtslose Fratzen des Grauens, tosend in endlosen Wirbeln des Wahnsinns, sengende Schmerzen eines bis zur Vernichtung gemarterten Geistes. "...er bezahlte seinen Handel..." Ein kosmischer Katarakt verschlingt den Hinabstürzenden, sein Körper wird zerrissen wie Pergament in den Flammen, die Augen stürzen ein und in der Kakophonie der vernichteten Zeitalter bleibt nur die Stimme des Sendboten allen Endes an seiner Seite.
"...mit deiner Seele."
Lira fährt das plötzlich losbrechende Schreien wie eisige Lanzen durch Mark und Bein. Noch nie hat sei jemanden so Schreien hören; ohne Artikulation oder Sinn, das reine Brüllen eines Körpers, dessen tiefstes Fundament aufgebrochen wird. Nur Marduk huscht ein Lächeln über das Gesicht. Er kennt die Melodie.
Marduk zuckt einen Moment zusammen als die Tür der Medikamentenkammer mit einem Knall zuschlägt. Er wirft einen verdutzten Blick in die Richtung nur um sich dann wieder dem Tresor zu zuwenden.
“Was haben sie jetzt wieder gemacht? Bei Xoriat...so viel Ignoranz und Dummheit...ja erst das Mittel...das Mittel ist wichtiger...das einzige...ja das einzige...meine Rache...“
Marduk wendet sich dem Tresor zu, um endlich an das Mittel zu kommen. Es ist ihm im Moment egal, was außerhalb der Kammer passiert, denn nur sein Sieg zählt. Wenn er es erst einmal hat, kann er sich darüber Gedanken machen wie er hier heraus kommt.
Die Hände des Kultisten zittern leicht, als er die geschwungene Flasche aus kostbarstem Kristall - ein geradezu andersweltlich wirkender Schatz inmitten der schlichten Behältnisse ringsum - aus seinem stählernen Sarg befreit. Das von fachkundiger Hand in unzählige Prismen geschliffene Glas fühlt sich seltsam warm an und obwohl die erstaunlich leichte Flasche fest versiegelt ist, hat Marduk das Gefühl, bereits die stimulierenden Dämpfe der milchigen, schillernden Flüssigkeit riechen zu können. Sie bergen Verheißungen, Lügen und das vielleicht größte Glück: süßes Vergessen...!