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Autor Thema: Pars Prima: Urbs Sigena  (Gelesen 30147 mal)

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Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #150 am: 18.11.2007, 11:13:25 »
Gleich nachdem Navarìel sie geweckt hatte, ging Artael zum Fenster und blickte nach draußen. Als sie die Männer sah, schluckte sie schwer, auch wenn sie nicht wusste, um was es genau ging. Am liebsten hätte sie einfach ihre Mediation fortgeführt und so getan, als hätte sie nichts mitbekommen. Doch das kam für sie natürlich nicht in Frage und als sie bemerkte, dass die Männer anscheinend irgendetwas mit den Kindern vor hatten, spürte Artael Wut in sich aufsteigen und das Bedürfnis zu handeln.

Sie atmete einmal tief durch und wandte sich dann Navarìel zu. Mit ernstem Gesichtsausdruck und fester, bestimmter Stimme teilte sie dem anderen Engel mit: *Hilf mir, die anderen zu wecken.* Danach begann sie ebenfalls den Rest der Schar zu wecken und erkundigte sich bei Navarìel während dessen: *Weißt du irgendetwas darüb?*

Als die anderen munter sind, gibt Artael ihnen einen kurzen Überblick über das, was sie selbst bisher mitbekommen hat. Während sie selbst schnell überlegt, was sie tun wollte, gab sie den anderen die Möglichkeit selbst durchs Fenster zu blicken, wobei sie allerdings zur Eile trieb.

*Wir müssen da raus.*, stellte sie dann fest, *Zumindest um festzustellen, was da los ist. Allerdings habe ich kein sehr gutes Gefühl. Gibt es irgendwelche Vorschläge, wie wir genau vorgehen sollen? Die Waffen sollten wir auf jeden Fall mitnehmen und ich wäre auch dafür, dass wir sogleich ein paar Meter in die Höhe fliegen. Dass verschafft uns Respekt - zumindest wenn es sich um Menschen handelt - und einen Vorteil, sollte es zu einem Kampf kommen. Einverstanden? Und gibt es weitere Ideen?*

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #151 am: 18.11.2007, 21:11:05 »
*Nein, ich weiß nichts darüber...* gestand Navarìel ihrer Scharführerin, offenkundlich schockiert. Sogleich nahm die Ramielitin ihren Stab und wandte sich der Tür zu.

*Lasst uns noch nicht losfliegen. Erst einmal schauen wir, wie sie auf unsere Anwesenheit reagieren.*

Mit diesen Gedanken öffnete Navarìel die Tür und trat ins Freie, wo sie sich den Fremden zuwandte.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #152 am: 18.11.2007, 21:19:35 »
Mittlerweile hatten sich die Dorfbewohner alle auf dem Platz vor der Kirche versammelt. Die Reiter hatten ihre starre Linie aufgebrochen und sich rund um das Dorf versammelt, in ihrer schwarzen Kleidung kaum auszumachen. Nur der ölige Gestank verriet ihre Anwesenheit.

Anstelle der schwarzen Reiter hatten nun die Kinder des Dorfes mehr oder minder widerwillig in einer Reihe Aufstellung genommen, die nun von dem Anführer der Reiter abgeschritten wurde. Er begutachtete jedes Kind genau, manche fanden offenbar sein Gefallen, diese wurden aussortiert und von einem weiteren Reiter wenig zimperlich in die Dunkelheit weggeführt. Durch die Nacht schallte nun vielfaches Weinen der von ihren Eltern getrennten Kinder, die zappelten, traten und schlugen, doch nichts konnte die Reiter von ihrem Tun abhalten.

Als ihr aus der Hütte kamt, hielt der Anführer der schwarzen Reiter nur kurz inne, offenbar etwas irritiert, euch zu sehen. Doch dann fasste er sich wieder, nickte nur kurz und fuhr mit seiner Begutachtung fort.
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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #153 am: 20.11.2007, 12:01:01 »
Navarìel, die als erste ihre Hütte verlassen hatte, stelle entsetzt fest, was sie schon vermutet hatte: Den Dorfbewohnern wurden die Kinder genommen.

*Ich weiß nicht, ob dies hier ein Brauch ist, den die Raphaelitische Kirche abzuhalten pflegt. Doch sollten wir mit dem Mann reden. Die Kinder sind die Zukunft des Dorfes, Artael.*, fragend, bittend, blickte Navarìel ihre Scharführerin an, während sie selbst bereits keine drei Sekunden später nach der Mater Ausschau hielt, während sie langsam in Richtung der Kinder und des Kriegers schritt.

Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #154 am: 20.11.2007, 17:24:25 »
Artael trat mit einem kräftigen Schritt aus der Tür hervor und postierte sich mit durchgestreckter Wirbelsäule und leicht erhobenem Kopf so, dass sie bei Bedarf schnell losfliegen konnte. Währenddessen forderte sie ihre Schar dazu auf, möglichst alle Anwesenden im Blick zu behalten und bei jede - egal wie kleinen - Auffälligkeit sofort Bescheid zu geben. Dann wandte sie sich an den Anführer, wobei sie ihrer festen und lauten Stimme noch einen besonderen Klang gab, sodass sie einschüchternd, aber irgendwo auch erhaben wirkte.

'Guten Abend! Dürfte ich erfahren, was hier vorgeht?'

Sie blickte dem Anführer dabei direkt in die Augen und konzentrierte sich vollends auf ihn und seine Reaktion auf ihr Erscheinen und ihre Frage - hoffend, dass der Rest der Schar die anderen musterten.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #155 am: 20.11.2007, 18:32:51 »
Die Menschen in der näheren Umgebung Artaels zuckten kurz, als sie den merkwürdig einschüchternden Klang ihrer Stimme vernahmen. Die meisten Dorfbewohner sahen auf den Boden, noch ehrfürchtiger wirkend als zuvor.

Nur der Anführer der Reiter wirkte unbeeindruckt. Die mit irgeneinem öligen Zeug getränkten Mäntel der Reiter trieben Artael fast Tränen in die Augen, doch sie konnte sich gerade noch so beherrschen. Er wandte sich dem Engel zu, sein Gesicht unter der Kapuze des Mantels halb verborgen. Die andere Hälfte war schwer vernarbt, fast schon entstellt, ganz so als hätte der Mann viele, viele Kämpfe gefochten und gewonnen. Dazu passte auch die kräftige Statur und das an einem Gürtel baumelnde Langschwert. Er musterte Artael lange und eingehend.

"Ich hatte nicht erwartet, hier auf Engel zu treffen", erschall eine befehlsgewohnte Stimme. "Sei es wie es sei, wir treiben den Zehnt ein und wären dankbar, wenn ihr uns nicht weiter behelligen würdet."
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Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #156 am: 21.11.2007, 14:16:37 »
*Achtung - ich spüre etwas Gefährliches von dem Anführer ausgehen. Die öligen Mäntel treiben mir die Tränen in die Augen und ich habe das Gefühl, dass er mit der Kapuze bewusst einen Teil seines Gesichtes verdeckt. Navariel, fällt dir dazu etwas ein? Wie schaut es ansosnten bei den restlichen Reitern aus?*

Während Artael dem Mann zuhörte, verhärteten sich ihre Gesichtszüge etwas. Ihre Muskeln spannten sich an und ihre Hand verkrampfte sich um das Schwert, bereit es bei Bedarf sofort zu ziehen. In der selben Stimme wie zuvor, vielleicht ein wenig zorniger, fuhr sie fort, unbeeindruckt von der Antwort des Mannes


'Wer seid Ihr und in wessen Namen handelt ihr? Was ist der Grund dafür, dass ihr hier - entgegen Gottes Willen - unschuldige Kinder von ihren Familien trennt?'

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #157 am: 21.11.2007, 17:33:26 »
Der Anführer lachte Artael nur aus. Offensichtlich hatte er deutlich weniger Respekt vor Engeln als es üblich - und geboten - war.

"Entgegen Gottes Willen? Nun, Engelchen, dann sag mir doch, warum der alte Bischof von Genova mich und meine Rotte hiermit beauftragt hat? Die Kirche bekommt, was ihr zusteht, und das sind nun einmal die Kinder des Dorfes. Die Balgen bekommen mehr als dieses armselige Dorf ihnen bieten kann, wenn sie erst zu Kirchendienern ausgebildet sind."
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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #158 am: 25.11.2007, 16:13:38 »
Nur einige wenige Sekunden muss Navarìel überlegen, um zu einer Entscheidung zu kommen:

*Ich habe noch nie etwas von Dingen gehört, die Engelskräfte aufhalten, Artael. Irgendetwas stimmt hier nicht.*

Vorsichtig schaut sich die Ramielitin um, um die anderen Reiter zu entdecken, während sie dich an Artael Seite bleibt.
Und nach noch jemandem suchten ihre Blicke - die Mater des Dorfes musste irgendwo zu entdecken sein. Aufmerksam blickte sich das junge Engelskind nach der Dorfvorsteherin um.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #159 am: 26.11.2007, 19:42:37 »
Die Mater des Dorfes befand sich auch auf dem Platz, wie Navariel nach kurzer Suche feststellte. Sie ging zwischen den umherstehenden Eltern der Kinder hin und her und sprach leise mit ihnen.
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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #160 am: 27.11.2007, 11:48:09 »
Sofort, als Navarìel die Mater entdeckte, entschied sie, zu ihr zu gehen und sie zu fragen.

*Ich werde mit der Mater sprechen, Artael. Redet ihr mit den Männern.*

Dann ging sie auf die Dorfvorsteherin zu, versuchte in ihrem Blick zu lesen, was sie fühlte.

"Mater, was geht hier vor? Weshalb nehmen sie euch die Kinder weg und stellen dies als Anspruch der Kirche dar? Ist das wirklich in deren Sinn? Wohin kommen die Kinder und zu was werden sie benötigt?" sprach die Ramielitin leise mit der Dorfältesten, immer ein bedachtes Auge auf die Ritter werfend.

Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #161 am: 27.11.2007, 19:44:38 »
Sehr gut. Teile mir bitte sofort mit, was du erfährst. Danke. Achja, und weißt du irgendetwas Besonderes über den Bischof von Genova?. Artael fand Navarìels Vorschlag sehr gut, antwortete dem Engel aber nur schnell und kurz, da sie sich fast ausschließlich auf den Mann vor sich konzentrierte.

'Der Bischof von Genova. Gut zu wissen.', antwortete Artael immer noch mit donnernder Stimme. Sie versuchte nun auch ein wenig Zeit zu gewinnen, bis sie Antwort der Mater kannte, wusste aber gleichzeitig, dass sie damit auch ein Risiko einging. 'Und wer seid Ihr? Ihr wirkt, als wäre die Gegenwart von Engeln Euch nichts gänzlich Unbekanntes.' Während Artael redete, versuchte sie auch, den Teil des Gesichtes von dem Mann zu erblicken, der unter der Kapuze verborgen war, wobei sie dabei eher einer Intuition folgte, als einer konkreten Vermutung. Anschließend fügte sie noch hinzu: 'Und wenn dies alles hier in Gottes Willen geschieht, dann wird es Euch doch bestimmt nicht weiter stören, wenn wir Euch begleiten, um persönlich mit dem Bischof sprechen zu können.' Mit entschlossener Miene blickte sie dem Mann direkt in die Augen.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #162 am: 28.11.2007, 14:24:43 »
Der Anführer der Reiter ließ sich immer noch nicht durch Artaels donnernde Stimme beeindrucken, ganz im Gegensatz zu den umstehenden Dorfbewohnern, die bei jedem einzelnen Wort zusammenzuckten.

"Uns zum Bischof von Genova begleiten?" Der Mann lachte laut auf, dann verfinsterte sich jedoch der sichtbare Teil seines Gesichts. "Träum weiter, Engelchen. Meinst du wirklich, der Bischof gibt sich mit unsereins ab? Nein, der hockt schön in seinem Palast. Die Kinder liefern wir im nächsten Kloster ab, wo wir auch unseren Lohn empfangen. Dem Bischof ist es verdammt nochmal egal. Er vergibt nur die Muniæ, die Drecksarbeit erledigen und zu den ganzen Dörfern zu reisen, um den Zehnt einzutreiben, das dürfen wir machen."


Mit einem Ruck zog er seine Kapuze herunter. Darunter verborgen war ein entstelltes Gesicht: Eine dicke Wulst aus Narbengewebe zog sich über die bis eben noch nicht sichtbare Hälfte von der Stirn bis zum Kinn.

"Siehst du diese Narbe, Engelchen? Die hat mir eine verdammte Mutter mit einem Küchenmesser beigebracht, als ich ihr Kind für die Kirche ausgewählt hatte. Ich habe sie dafür halbtot geprügelt und das Kind trotzdem mitgenommen. Die Kirche bekommt immer, was ihr zusteht, und auch ein Engel wird das nicht verhindern."

Währenddessen war Navariel an die Mater des Dorfes herangetreten und hatte sie befragt. Die Antwort kam prompt:

"Die Beutereiter kommen einmal im Jahr in unser Dorf und nehmen ein paar Kinder mit. Das ist der Zehnt, den jedes Dorf an die Kirche abgeben muss. Die Kinder werden in ein Kloster gebracht und dann zu Monachen und Beginen ausgebildet, eine rosige Zukunft, wenn man sich ansieht, wie arm die meisten Dörfer doch sind, nichtsdestotrotz ist es immer sehr traurig, wenn eine Familie auseinandergerissen wird. Aber es ist nunmal der Wille Gottes, verkündet durch den Pontifex Maximus Petrus Secundus."


Die beiden letzten Sätze wirkten etwas resigniert.
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Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #163 am: 29.11.2007, 11:03:51 »
Auch wenn der Anblick des Gesichtes bei Artael Übelkeit erweckte, ließ sich sich die Michaelitin den Ekel nicht anmerken. Sie fühlte sich unwohl, ob der Situation, fuhr aber mit ihrer kräftigen Stimme fort ohne den Blickkontakt zu dem Mann auch nur eine Sekunde zu unterbrechen.

'Ihr habt mir meine zweite Frage nicht beantwortet.'

Das Begleiten sprach sie nicht noch einmal an, wenn sie wollten könnten sie den Männer ohnehin auch ohne deren Einwilligung folgen. Während sie sprach, hoffte Artael, bald eine Nachricht von Navarìel zu bekommen, um ein wenig Licht auf diese Sache werfen zu können. *Navarìel, wie schaut es aus? Erkundige dich doch bitte auch, ob dieser Zehnt schon immer eingefordert wurde, oder seid wann das so ist.*, teilte sie der anderen noch mit.

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #164 am: 01.12.2007, 11:30:26 »
*Sie kommen einmal im Jahr im Auftrag der Kirche, um in Klöstern ausgebildet zu werden. Die Mater hat sich damit abgefunden, dass es der Wille des Pontifex Maximus Petrus Secundus ist.*
Die letzten Worte sprache Navarìel mit dem gebührenden Respekt aus, als sie den Namen des Papstes erwähnt.

Der Mater hingegen nickte Navarìel lediglich zu.

"Das klingt traurig. Doch, sagt. Seit wann wird dieser Tribut von euch gefordert? Und habt ihr bereits eines eurer Kinder jemals wieder gesehen, nachdem es ausgebildet wurde?"
Die letzte Frage war wohl mehr zur Beruhigung von Navarìels Gewissen gedacht als um Artael zu helfen. Man könnte der Ramielitin anmerken, dass das nicht das war, was sie von den Menschen erwartet hatte.

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