4. Desnus, 4708 AR
Den ganzen Tag schon schien der Himmel sämtliche Schleusen über Korvosa geöffnet zu haben. Unaufhörlich prasselt der Regen auf die Dächer der dicht an dicht stehenden kleinen Fachwerkhäuschen, sammelt sich in den Regenrinnen und an den kleinen Kanälen in den gepflasterten Straßen und Gassen, läuft in Strömen von den Zinnen von Schloss Korvosa und an den Stufen der uralten thassilonischen Pyramide, auf deren Spitze das Schloss über der Stadt thront, herunter. Es ist beginnender Sommer - und damit Regenzeit in diesen Landstrich, wo die über der Bucht der Eroberer entstehenden Wolken sich an den Hängen der Gebirge sammeln und über Korvosa abregnen.
Unter den dreißigtausend Menschen, die die Stadt mittlerweile bevölkern, finden sich an jemen ungastlichen Tag auch vier Abenteurer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Ein Halbling, der sich den elementaren Mächten der Natur verschrieben hat, ein Glücksritter und ehemaliger Söldner, eine Adlige, die mehr Gefallen fand an der Wildnis als am Hofe, und nicht zuletzt ein ehemaliger Sklave, der die Künste der Beschwörungsmagie beherrscht. Alle vier sind aus demselben Grund hier: Der Aufruf von Hauptmann Tolgrith, dem Herren des Blutschwurtales, der jedem Land, Gold und Titel versprochen hatte, der ihm bei der Bezähmung der weiten Wildnis hilft. Auch wenn sie alle ihre unterschiedlichen, persönlichen Motive haben, dem Aufruf nachzugehen, so haben sie doch nun zumindest dasselbe Ziel: Jener verwilderte, unzugängliche Landstrich inmitten des Geisteswirrgebirges zwischen Varisia und Cheliax. Und unzugänglich ist dabei durchaus beim Worte zu nehmen: Solange die Handelsroute noch nicht fertiggestellt ist und das Tal befriedet, solange verkehrt nur einmal monatlich eine Karawane zwischen Korvosa und Fort Thorn. Für einzelne Reisende ist der Weg immer noch gefährlich, sogar tödlich, und auch die Händler der Karawane sind mehr als glücklich über jene gestandenen Abenteurer, die sie auf dem Weg begleiten, denn so müssen sie keine zusätzlichen Söldner anheuern. Die nächste Karawane soll am heutigen Tag von Korvosa aus starten, und den vier Abenteurern wurde gesagt, dass man sich bitte zur Mittagszeit im Handelshof am Eadrin-Platz, im auf der östlichen Seite des Jeggare-Flusses gelegenen Stadtviertel, einzufinden habe....