1. Desnus, 4710 AZDie Morgensonne tauchte die Metropole Absalom in ein goldenes Licht. Auf den Hügeln erhoben sich prächtige Bauwerke in den Himmel: unzählige Türme, Kuppeln und Statuen ragten aus dem aufgewühlten Meer von Gebäuden. Weiße Möwen, hoch über den zahllosen Karavellen in der Bucht von Absalom kreischten den Seefahrern ihren schrillen Gruß entgegen.
Es hieß Aroden selbst, der Letzte Azlanti, habe die Metropole in einer einzigen Nacht aus dem Nichts geschaffen. Der Kundschafter Buju war wie immer zutiefst beeindruckt.
Er war auf dem Weg zurück in die Großloge von Absalom, wo er dem Decemvirat Bericht erstatten wollte. Selbstverständlich hatte er nicht vor den verhüllten Anführer der Gesellschaft persönlich gegenüberzutreten, sondern seinem Kapitän die Aufzeichnungen der letzten Abenteuer zu übergeben.
Der Schrei eines Matrosen riss den dunkelhäutigen Kundschafter aus seinen Überlegungen. Die Mannschaft hatte bereits die Landungsbrücke vorbereitet und wollte sie gerade auf den Kai hinunterlassen, als der Muskelmann mit kraftvollen, schnellen Schritten über das Deck und die Holzplanken der Brücke spurtete. Mit einem mächtigen Sprung erreichte er problemlos den Kai.
Buju konnte noch das erstaunte Raunen der Matrosen hinter sich hören, dann verschluckte ihn auch schon der Strom von Arbeitern, Reisenden, Seemännern und Herumtreibern der Docks von Absalom.
Malachias drückte sich unwillkürlich an den kalten Stein der Himmelsspitze. Es war bereits dunkel und die Hallen der Festung waren von offenen Feuern und magischen Fackeln erhellt. Der Priester bevorzugte jedoch die Dunkelheit der Schatten. Eine Nachricht von Pandion, einem einflussreichen und äusserst mysteriösen Kundschafter, hatte ihn zurück in die Großloge gelockt. Dem geheimnisvollen Auftraggeber ging es um ein Kartenspiel, um ein Glücksspiel an dem nur ein ausgewählter Personenkreis teilnehmen sollte.
Der Priester wollte mehr über diese ominöse Spielrunde wissen, und als er in Himmelsspitze zufällig ein paar Wortfetzen eines Gesprächs über Kartenspiele zwischen zwei gerüsteten Kriegern aufschnappte, beschloss er den beiden genauer zuzuhören. Er hatte sich dabei in die magische Unsichtbarkeit gehüllt, die ihm seine Göttin auf der Suche nach seinem Schicksal gewährt.
Malachias musste sich stark auf die Worte der beiden Kundschafter konzentrieren, so fuhr der Schrecken selbst angesprochen zu werden, in seinen Rücken wie die eiskalten Krallen einer Winterhexe. Die Stimme gehörte einer zierlichen Elfin. Sie hatte ungewöhnlich schwarzes Haar und neugierig funkelnde, purpurfarbene Augen in ihrem makellosen, blassen Gesicht.
Als sie näher kam fielen dem Priester Ihre anmutigen und geschmeidigen Bewegungen auf, die auf Selbstsicherheit und Erfahrung schliessen ließen. Sie trug praktische Reisekleidung in dunklen Grau- und Grüntönen und darüber einen weiten Kapuzenumhang. An ihrer Hüfte konnte er ein schlankes Rapier entdecken, sowie einen Dolch und eine kleine Handarmbrust.
Es hatte keinen Sinn sich länger zu verbergen. Malachias hob seine Unsichtbarkeit auf.