Hakum ist das Tor zu den Fernen Landen, der Weiße Diamant der Küste, die mächtigste und größte Handelsstadt westlich der Zeitlosen Wüste.
Sie umschließt die Bucht von Baschib wie ein Band aus weißem Marmor. Die Altstadt erstreckt sich über eine Landzunge, die sich meilenweit in den Vergessenen Ozean reckt. Der antike Leuchtturm auf ihrer äußersten Spitze weist Schiffen den Weg. Durch ihre gebogene Form engt sie den Hafenzugang ein, der nächtens durch schwere Ketten verschlossen wird. Außerdem schützt sie die Bucht vor Sturmwogen, beides Vorteile, die den Hakumber ihre Vormachtstellung garantieren.
Zwei meterdicke Mauerbögen, dutzende Wachtürme und ein stehendes Heer schützen sie vor etwaigen Aggressoren, von denen es schon lange keine mehr gab. Dereinst ward Hakum von Zaromuth besetzt, doch diese Zeit sind längst vorbei, wenn auch weder vergeben noch vergessen.
Die drei Tore, jedes so hoch wie die umliegenden Gebäude, schließen sich bei Nacht und verwehren jedem den Eintritt, der auch nur entfernt nach Goblin aussieht. Ansonsten ist tagsüber jeder Neuankömmling herzlich willkommen, solang er keine Armee mitbringt.
Der Großteil der Hakumber ist menschlich und meist in weite, weiße Gewänder gehüllt, die durch einen lose sitzenden Turban und Sandalen komplettiert werden. Die Frauen tragen zudem Stolas und Seidenschleier, die nur die Augen freilassen.
Es gibt auch Orks, Halblinge und sogar eine ansehnliche Anzahl an Kruken, die aus den Verbrannten Landen geflohen sind, entweder vor Verfolgung oder den teuflischen Horden der Ziegenmänner. Zudem lebt in Hakum die größte Kenku-Gemeinde der Fernen Lande. Die restliche Bevölkerung ist nicht sehr glücklich darüber.
Obwohl diskriminiert, gliedern sich diese fremdrassigen Minderheiten besser als Exilanten aus anderen Küstenstädten in die Gesellschaft ein, so konform sie sich auch kleiden und verhalten mögen. Stammesmitglieder werden als barbarische Analphabeten betrachtet. Einzig Mitglieder des Klerus werden gleich ihrer Herkunft respektiert.
Das Panorama der Stadt wird dominiert von dem Tempelberg, der sich stolz gegen die Fluten erhebt und den zweiten Pfeiler des Hafenzugangs bildet. Von dort aus hat jeder Spectator einen spektakulären Ausblick auf die Altstadt und ihre unzähligen verwinkelten Gässchen, die so scharf mit den breiten Prunkstraßen der Neustadt kontrastieren.
Der komplette Berg ist mit dem Hochempel des Pholios bedeckt. Von seinen fünf Türmen schallen unablässig Gebete herab, die in der gesamten Stadt zu hören sind. Erst bei Sonnenuntergang verstummen sie demütig und überlassen bis zum nächsten Morgen dem Gemurmel der Tavernen das Feld.
Innerhalb seiner Mauern leben hunderte von Priestern und Tempeldienern, die nach ihrer Frömmigkeit ausgewählt und nach Hakum berufen werden, woher sie auch stammen mögen. Der Glaube an Pholios ist an der Küste der Fernen Lande weit verbreitet. Auf den Tempelberg zu dürfen ist ein Privileg, nach dem jeder junge Gläubige strebt.
Der Tempel wird mit Fug und Recht als größter und prächtigster Bau westlich der Zeitlosen Wüste bezeichnet. Seine reich ornamentierten Mauern bestehen aus reinstem Marmor, seine gewaltigen Kuppeln aus Gold, das im Sonnenuntergang blutrot leuchtet. Haushohe Karyatiden stützen sein Dach entlang der gesamten Außenmauer, jede von ihnen einer elfischen Jungfer nachempfunden. In seinen Hallen und Gängen können Riesen wandeln und haben es schon getan.
Es heißt, nirgendwo läge mehr Wissen über die vorzeitlichen Elfen verborgen als in seinen Bibliotheken, in denen die Priester und Mönche tagein, tagaus Texte kopieren, verfassen und übersetzen. Nirgends wird eifriger über diese angeblichen Kulturschaffer diskutiert, die mehr als nur ein Abweichler für glorifizierte Sklavenhalter hält.
Die Faszination für das Elfische prägt die gesamte Stadt. Besonders in den reicheren Vierteln der Neustadt ahmen die Häuser mehr schlecht als recht antike Architektur nach.
Lediglich in der Altstadt finden sich Zeugnisse ayamtischer Baukunst, Überreste der Gründung Hakums.
Die Ayamti waren ein Großstamm, dessen Gebiet vor hunderten von Jahren bis an das Reich der Leoniden heranreichte. Die wilden Stämme der Steppe sollten ihnen zusammen mit marodierenden Goblinhorden schlussendlich zum Verhängnis werden. Sie nannten ihre Hauptstadt Attim und errichteten sie auf der Landzunge, die bloß ein Fünftel der Gesamtfläche des modernen Hakum ausmacht.
Den Gros bilden der sich die gesamte Bucht von Baschib entlangziehende Hafen und die Neustadt, deren Hauptstraßen aus der Perspektive eines Falken ein Sonnenkreuz bilden würden. Zwischen ihnen türmen sich die Gebäude immer weiter auf, sodass vierstöckige Häuser inzwischen keine Seltenheit mehr sind. Ein Teil der Menschen bewegt sich über die durch miteinander verbundenen Dächer, der Rest in den schmalen Zwischenstraßen, in denen Bettler nach ihrem Geld fragen.
In den Außenbezirken, nah am Rand der Mauern, befinden sich die Elendsviertel, in die all jene verbannt wurden, deren Tätigkeit als “unrein” empfunden wird. Dazu gehören vor allem Handwerker wie Gerber, Schmiede, Metzger, Fleischer, Seifenmacher, Töpfer und viele mehr, aber auch Anhänger verpönter Kulte und Damen vom horizontalen Gewerbe.
Ähnlich ergeht es all jenen, die im Hafen von Fischfang und -verarbeitung leben, was den Großteil der lokalen Bevölkerung umfasst. Diese Gegend ist verschrieen als Sitz mehrerer Banden und verdächtigen Ausländern, die sich vornehmlich fremder Herkunft schuldig gemacht haben, teilweise aber durchaus bemerkenswerte kriminelle Energie demonstrieren.
Besonders die Kenku sind bekannt für ihre halblegalen und teilweise schlicht verbrecherischen Geschäfte. Wüssten sie nicht so viel Unangenehmes über so ziemlich jeden Würdenträger der Stadt, wären die Docks längst von ihnen befreit worden.
Nichtsdestotrotz liegen Schiffe nirgends in den Fernen Landen sicherer. Keine andere Stadt verfügt über die Ressourcen und Erfahrung, um den hochmodernen Hafen Hakums, den Medinakon, nachzubilden. Vor den Bretterbuden der Slums liegt ein breiter Streifen aus großen Lagerhallen, absenkbaren Stegen, Ankerplätzen, imposanten Kontors, Kränen und Schiffsrampen. Dazwischen tummeln sich Seefahrer, Neuankömmlinge, Händler, Krämer, Diebe, Dockarbeiter, Schmuggler, Gardisten und eine bemerkenswerte Anzahl von Golems.
Sämtliche Handelshäuser der Küste schielen neidisch auf die Automaten, die Tag und Nacht unermüdlich ihre Arbeit verrichten, ohne Kost, Obdach oder Lohn zu fordern. Kaum eines von ihnen kann mit den Patriarchen von Hakum konkurrieren, deren Intrigen der Hauptgrund dafür sind, dass sich nie eine fremde Macht in der Lokalpolitik etablieren konnte.
Ihr Reichtum konzentriert sich in den Prachtbauten, die das Zentrum der Neustadt, die Fünf Hallen, säumen. Jede dieser Hallen besteht aus einem Giebeldach, getragen von vier Säulen, die aufrechten Sphingen nachempfunden sind. In ihrem Schatten befindet sich der Marktplatz, in dem alle logistischen Fäden zusammenlaufen.
Gleich mehrere Zauber liegen über diesem Ort, die jede Form der arkanen Observierung oder Täuschung schier unmöglich machen. Vereidigte Wächter überwachen das Getümmel, soweit es ihnen möglich ist. Wer einen Stand will, braucht eine Lizenz und genug Bestechungsgeld.
In den umliegenden Höfen gibt es zahllose Tavernen und Karawansereien. Entweder es stinkt nach Kamelscheiße oder Erbrochenem. Gäbe es nicht die unablässig tätigen Reiniger, deren Unterkünfte sich eng an die Stadtmauern pressen, wäre es in Hakum ebenso dreckig wie in jeder Großstadt der Heimatlande.
Über all die Hektik wachen die Stadtgarde und, weit gefürchteter, die Haschischim, berüchtigte Meuchelmörder der Fernen Lande. Sie unterstehen dem direkten Befehl des Emir und niemanden sonst. Ihre Klingen sind an der gesamten Küste und darüber hinaus gefürchtet.
Der Emir regiert von seinem kreisrunden Palast aus, der zusammen mit dem Leuchtturm die Altstadt dominiert. Kein Gebäude in der ganz Hakum zeigt stärkere ayamtische Züge, was sich primär in den vielen Ringen von Säulen äußert, die seine Fassade bilden. Zwischen ihnen gähnen ornamentierte, senkrechte Spalten, durch die Licht in den Palast fällt. Im Gegensatz zum umliegenden Sandstein besteht er komplett aus gebrannten Ziegeln. In seinem Zentrum schimmert ein See, der durch eine kreisförmige Einsparung im Dach beständig im Sonnenlicht funkelt.
Die Banner des Regenten flattern an jeder Kreuzung, um insbesondere die Kaufleute daran zu erinnern, wer der eigentliche Herrscher Hakums ist. Ob das so ernstgenommen wird, ist fraglich. Bis jetzt hat niemand den Weißen Diamant auf Dauer zu zügeln vermocht.