Massoud:Yal zischt zwischen geschlossenen Kiefern hindurch, ein Beweis ihres Ärgers. Normalerweise anspruchslos und ruhig reagiert sie mit Aggression, sobald ihr die Freiheit genommen wird. Wie alle ihrer Art ist sie es gewohnt, frei durch das Hochland zu laufen. Niemals käme ein Wór auf den Gedanken sie einzupferchen. Nicht ohne Grund ist es per Gesetz verboten, sie in den Siedlungen zu halten. Früher oder später würde ein Unglück geschehen.
Massoud hat das Gefühl, dass Yal nur deswegen einigermaßen ruhig bleibt, weil Gardekat Einfluss auf sie nimmt. Zwar ist er nicht ruhiger als sonst, wirkt aber konzentriert. Er sieht sich nicht einmal um, obwohl ihm genug Aufmerksamkeit zuteil wird, um ihn geradezu leuchten zu lassen. Normalerweise würde er darin baden, vielleicht ein oder zwei Kindern ein Zirpen schenken. Stattdessen bleibt er stumm und unbeteiligt.
Maventhua sieht ungefähr so freundlich aus wie ein auf Berghirten zustürmender Oger. Sein Starren könnte einer Schlange Konkurrenz machen. Die Menschen sehen hastig weg, sobald er sie auch nur aus den Augenwinkeln ansieht. Selbst Halblinge machen ihm Platz, wenn auch erst auf wenige Fuß Abstand. Keiner möchte den Zorn von jemanden erregen, der hauptsächlich aus Muskeln und Unmut zu bestehen scheint. Auf Massouds Anregung reagiert er mit einem tiefen Brummen, das wohl Zustimmung signalisieren soll.
Den Hafen zu finden ist leicht. Sie brauchen lediglich den Trägern zu folgen, die schwer beladen aus den größten Häusern wanken und Fässer auf bereitstehende Wägen laden. In den gepflasterten Straßen wurden Rillen eingelassen, damit die Räder nicht steckenbleiben. Gezogen werden sie von Maultieren, die auf ihrem Weg große Kothaufen hinterlassen, denen nicht immer ausgewichen werden kann. Ärmere tragen ihre Waren an langen Stäben, die sie auf ihre Schultern geladen haben. Sie bewegen sich alle auf der selben Straße, in Richtung Salzgeruch.
Massoud und Begleiter folgen dem Strom, vorbei an dem von Menschen umwölkten Ziggurat hinein in das strahlende Weiß der Stadt. Es ist eng und laut, aber auch interessant. Unter anderem gibt es Becken, in die unablässig Frischwasser fließt, an dem sich die Hakumber gütlich tun oder waschen. Greise fegen mit Reisigbesen die Hauseingänge, während Matronen ihre nassen Gewändern auf langen Leinen über der Straße aufhängen. An jeder Ecke wird etwas angeboten, von wenig appetitlich aussehenden Happen bis zum Reinigen und Fetten von Schuhwerk. Ab und zu macht die Menge höheren Platz, die auf Sänften getragen werden. Über allem wachen die Gardisten mit ihren überlangen Speeren.
Auf den Dächern herrscht ähnlicher Betrieb wie in den Straßen, Gassen und Hinterhöfen. Immer wieder schüttet einer von dort Unrat herab, womit er lautstarken Protest hervorruft. Tabak- und Hanfrauch hängt wie eine Wolke über den Häuserschluchten. Beschwörende Gesänge schallen herab, wahrscheinlich zu Ehren jenes Gottes, dem auch der Ziggurat geweiht war. Umso zynischer wirkt das Betteln der Ärmsten, die in die Schatten der Gassen verdrängt wurden.
Einige mutige Seelen wagen sich an die beiden Krieger heran, um entweder nach milden Gaben zu fragen oder allerlei Tand anzubieten. Angebliche Reliquien finden sich neben Gewürzen, die laut den Anpreisungen ihres Verkäufers lediglich in den entlegensten Winkeln des Titanenpfads wachsen. Ihnen werde lebende Hühner ins Gesicht gehalten, Schleier angeboten und die Lobpreisungen des Sonnengotts rezitiert. Wer zu aufdringlich wird, prallt spätestens vor Yals ersticktem Fauchen zurück.
Zwischenzeitlich hat Massoud das Gefühl, trotzdem bestohlen worden zu sein
[1]. Obwohl die Menschen sauberer zu sein scheinen als die Wór seiner Heimat, wirken sie größtenteils hungrig und erschöpft. Ihre Gewänder sind weit genug, um die meisten Schäden zu kaschieren und trotzdem sichtbar übersät mit Flicken. Besonders den Kindern scheint es selten gut zu ergehen. Ihre Blicke haben etwas seltsam Resignierendes, als wüssten sie bereits, dass sie die Stadt verschlingen wird.
Nach etwa zwei Stunden kommen sie an einer Taverne an, die ein ganzes, mehrstöckiges Haus zu füllen scheint. Leider ist kein Unterstand für Yal sichtbar. Nicht einmal die allgegenwärtigen Kamele wurden berücksichtigt. Einige Orks haben sich an ihre Wand gelehnt, von wo sie jeden Passanten herausfordernd anstarren. Aus den oberen Stockwerken ertönt exotische Musik, der Massoud keine bestimmten Instrumente zuweisen kann. An jedem Fenster hängt ein Büschel Weihrauch, dessen durchdringender Geruch Yal schnauben lässt.
Gardekat scheint dennoch sehr interessiert, erschnüffelt er doch bereits die einzelnen Aromen, die durch die offenen Fenster auf die Straße dringen. Die sich aufplusternden Grünhäute ignoriert er einfach. Maventhua mustert den Bau regungslos. Ihm scheint es gleich zu sein, ob sie bleiben wollen oder nicht. Arbeit findet man als Söldner überall.