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Autor Thema: Das liederliche Spiel  (Gelesen 87282 mal)

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Sūn Ai

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Das liederliche Spiel
« Antwort #120 am: 20.12.2010, 13:39:31 »
Es war nicht sonderlich schwer zu merken, wie sehr die Situation Sūn Ai bedrückte. Nur der genaue Grund blieb verschwiegen, allerdings konnte man sich denken, wenn man halbwegs schlau war, dass es eine Mischung war aus den ganzen verschiedenen Gründen. Denn wenn man ehrlich war gibt es viel öfter mehrere Gründe als nur genau einen. So hing es bestimmt zusammen mit dem Tod, der so offenbar nah stand, der Gestalt von der letzten Nacht, die solch einen eigenen Hass ausstrahlte und nicht zuletzt bestimmt auch, weil sie die letzte weibliche Denunziantin war, was sie wohl ständig an den Tod der Halb-Elbin erinnerte. Oft hörte man von Personen, die in Anbetracht ihres sicheren Todes, die Angst vor dem Tod verloren und noch einmal innig lebten ohne jegliche Furcht, um dann aufzusteigen. So sehr Sūn Ai jene Leute bewunderte, so sehr gehörte sie nicht zu ihnen. Wahrscheinlich, weil sie einfach noch nicht das Alter erreicht hatte, in dem man sich mit dem Tod befreundete und wahrscheinlich, weil ihre Situation noch Hoffnung zu ließ. Hoffnung war das, was sie in diesen dunklen Momenten noch antrieb, worauf sie vertraute, um noch etwas Glück zu sehen.

Sūn Ai verhielt sich stumm über das Frühstück, zunächst nahm sie auch nicht sonderlich, dass Gespräch der Anderen war. Ihre Gedanken waren zu umnebelt von der kurzen Nacht. Er mit dem erscheinen des ersten Gastes schärften sich ihre Sinne. Allerdings verschwand dieser Gast noch bevor er das Gemach der Gefangen betreten hatte. Sie hatte darauf getippt, dass es sich um Zázhǒng handelte und so fragte sie sich, ob nach der Antwort von Mako Jinsei der Eunuch noch einmal wieder kommen würde, oder der Wunsch erlöscht war.

Hong Gil-dong hatte Boss herbestellt und so wollte die junge Dame abwarten, was die beiden sich zusagen haben, bevor sie in das Gespräch eintritt. Es amüsierte sie leicht, wie die beiden Männer sich gegenseitig stichelten. Auch fand sie es interessant, dass der Hobogoblin sich nicht wohl fühlte in diesen Räumen, so besserte es ihre Situation doch etwas auf. Sie nutzte auch die Situation um auf Boss einzugehen. "Ihr seid wohl die erste Person, welche uns wirklich hilft, anstatt nur viel zu reden." Schmeichelte sie zunächst dem Hobogoblin, doch war dies wohl nur, um die folgenden Worte nicht so gemein klingen zu lassen, wie man sie vielleicht verstehen könnte. "Allerdings frage ich mich, ob es nicht offensichtlich ist, wieso wir alle hier sind. Der Grund ist kein anderer, als das wir alle beschuldigt werden vielleicht den König ermordet zu haben. Nichts anderes ist der Grund, oder etwa doch?"

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #121 am: 20.12.2010, 15:08:38 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Mittag

Der Hobgoblin war ungehalten und genervt von der Situation und es fiel ihm augenscheinlich immer schwerer, sich unter Kontrolle zu halten. Fühlte er sich verspottet? Er hob die Hand, nachdem Xū Dǎnshí und Sūn Ai ihre Fragen gestellt hatten und öffnete mit einem Ruck die Tür. Er brüllte nochmals die Treppe hoch, diesmal anhaltender und mit viel mehr Worten. Es ertönte nicht immer der Name Zhu, mehr Worte mussten fallen und daran, dass er die ganze Zeit in der bellend fluchenden Sprache der Goblins brüllen konnte, war entweder ein Zeichen dafür, dass seine eigenen Diener sich seine Sprache zu eigen gemacht hatten, oder das sogar mehr Hobgoblins oder gar Goblins am Hof dienten.
Wieder schmetterte er die Tür zu und es hatte sogar den Anschein, dass sein Gesicht rot angelaufen war, denn das rot in seinem Gesicht war eine Nuance dunkler als vorher.
"Ich habe den Auftrag gegeben, dass man dich für eine halbe Stunde am morgigen Tag in einen der Gärten begleitet. Dein Anliegen erscheint mir nachvollziehbar. Ich habe zwar keine Ahnung, was Leberblumen sind, und wenn ich mich daran entsinne, wie eine blutige, rohe Leber aussieht, sind sie bestimmt nicht schön. Aber was du dort anschaust, musst du wissen. Eine halbe Stunde, keine Minute mehr. Bei Sonnenaufgang, nicht bei voller, stehender Sonne. Vecor würde mich richten, einen Verbrecher willentlich rumlaufen zu lassen, wenn die Sonne im Zenit steht. Es muss reichen, wenn Vecor dich bei Lichte betrachten kann und erkennen mag, was du wirklich im Schilde führst, alter Mann." Er hatte Xū Dǎnshí kurz angeschaut und wandte jetzt demonstrativ das Gesicht ab, um zu zeigen, dass er nicht für weitere Verhandlungen über das Thema zu haben war.

Stattdessen blickte er nun die einzige Frau im Gefängnis an und ging drei Schritte auf sie zu, kam so nah, dass Sūn Ai seinen fauligen Atem riechen kann, er hatte einen Blick aufgesetzt, als würde er sie gleich erwürgen wollen. "Niemand hilft euch? Ich frage mich nicht wirklich warum. Ihr alle seid meist abweisend und wenig an Zusammenarbeit interessiert. Ich kann es nur nochmal wiederholen. Es liegt daran, dass es eines der Grundgesetze der Welt ist, dass nur mächtige Drachen und Götter alleine überleben können. Als einfacher Sterblicher liegt in Einsamkeit der Tod."
Der Hobgoblin will gerade noch etwas sagen, als die Tür sich langsam, aber deutlich quietschend öffnet. Der hobgoblinische Umgang mit der Tür hatte ihr hörbar geschadet.
Ein stolz dreinblickender Mann kam zur Tür rein, mit etwas mehr als fünf Fuß nicht besonders groß, aber durch seinen Bart und seinem aquamarinfarbenen Daopao[1] wie ein zu stolzer Beamter wirkend[2].
Mit strenger, etwas pfeifender Stimme, nickt er den Denunzianten zu und blickt dann zu Boss. "Ihr habt mich rufen lassen, Guìzishǒu[3]. Was kann ein bescheidener Schriftdiener für euch tun?"
Boss drehte sich um und blickte Zhu Ru wütend an. "Es hat ganz schön lange gedauert, Wicht. Warum sind die Männer und die Frau hier, lies es vor!" Wie schon die ganze Zeit auffällig war, hielt der Boss nicht wirklich viel von Etikette und Zhu Rus Blick ließ ahnen, dass man sich am Hofe auch fragte, wie solch eine Person es soweit gebracht haben konnte. Zhu strich sich über den Oberlippenbart und antwortete. "Dazu brauche ich keine Schriftrolle bemühen, Guìzishǒu. Sie sind hier, weil sie alle dafür in Frage kommen, den Himmlischen getötet zu haben. Warum sollten sie sonst hier sein?" Zhu Ru sprach mit dem Hobgoblin, als wäre dieser ein dummer Junge. Dieser verlor die Geduld und zog sein Jian. "Muss ich die Antwort, die ich suche, in deinen Eingeweiden lesen, Wicht!"
Der Beamte wurde merklich bleich und schluckte einen weiteren Kommentar runter und kramte ein kleines Schriftstück raus. Jetzt war es am ihm, ein deutliches Gefühl von Unwohlsein zu zeigen, als sollte er diese Information nie weitergeben.
"Nun...", hob Zhu Ru an, nachdem er das Schriftstück gelesen hatte, und stockte wieder abrupt und blickte Boss an, welcher lediglich zwei schnelle Schritte von Sūn Ai wegmachte und das gezogene Jian an die Kehle des Beamten hielt. "Sprich laut und deutlich!", befahl der Goblinoid. Jetzt war der Beamte ganz blass und fing an die vorzutragen.
"Nun, Guìzishǒu...es ist so. Ich habe hier auch stehen, wobei sie aufgegriffen wurden. Zhào Làn wurde aufgegriffen, weil sie versuchte, den Beamten Song Meng zu vergiften. Xū Dǎnshí ist klar, denn laut der Anklageschrift besteht der Verdacht auf Hochverrat, die unbefugte Erhebung einer militärischen Streitmacht und die Veränderung der göttlichen Ordnung, aufgrund seiner politischen Aktivitäten in Cui Bao ist er also aufgegriffen wurden." Der Beamte sprach fast ein bisschen zu undeutlich, wegen seines ängslichen Stotterns und weil er wegen der Klinge am Adamsapfel kaum schlucken konnte. "Oda Zektau ist wegen Anschlägen auf Versorgungsmittel des Palastes aufgegriffen wurden, zuletzt soll er eine riesige Seidelieferung sabotiert haben. Mako Jinsei ist während eines außereheliches Aktes mit der Frau des Enkels von Kun Shi, Kun Bo, erwischt worden. Die Anklage lautet Verführung und Konspiration." Jetzt war der Mann kaum noch zu hören, weshalb der Hobgoblin das Jian sinken ließ, der Beamter sprach ja jetzt auch so. Dennoch behielt Boss die Waffe schlagbereit.
"Hong Gil-dong ist noch immer Geißel des Hofes und hat wieder gegen seine Pflichten und Rechte verstoßen. Er ist zuletzt ausgebrochen und hat sich auf das Neujahrfest gemischt, dort ist er gefangen worden und diesmal hierher gekommen. Lu Chieng  wurde für seine Amtsanmaßung, ein Beamter zu sein, festgehalten, nachdem ein anderer Beamter aus Na Gûn, den er gelinkt hatte, ihn hier auf dem Neujahrsfest identifiziert hatte. Der Beamte heißt Han Ji." Der Mann ging schonmal zwei Schritte aus der Reichweite des Hobgoblins und entnahm die letzte Information der Schriftrolle. "Und Sūn Ai ist wegen versuchten Mordes an und Einbruchs bei Han Hao aufgegriffen wurden. Eine Vielzahl von Taten von allen Denunzianten, wie ihr seht."
Der Mann war nah genug an der Tür, um sich in Sicherheit zu bringen, was er dann auch im Laufschritt tat. Es rang Boss nur ein dreckiges Lachen ab, wobei er sein Schwert wegsteckte. "Genug geholfen?", brummte der Boss genervt.
 1. Daopao
 2. 
 3. Bedeutet Henker, ist einer der Name, die Boss trägt
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Mako Jinsei

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Das liederliche Spiel
« Antwort #122 am: 20.12.2010, 16:36:10 »
Scheinbar wurde Makos Erklärung der Umstände akzeptiert, auch wenn er die Reaktion nicht abwarten konnte, da ein gewaltiger Hobgoblin in den Raum polterte.
Der Barde musste etwas schmunzeln, als Boss sich über Hong lustig machte und einen Lachanfall bekam. Sein Lächeln gefror allerdings schlagartig, als er erfuhr, dass es tatsächlich Zázhǒng war, den er unabsichtlich vergraulte. Auch wenn er innerlich grinste über die Tatsache, dass dieser so zart besaitet war, dass er gleich zu heulen anfing. Mako deutete an, seine Hand nach oben zu heben und die Frage zu beantworten, aber schon begann Hong sich mit dem Hobgoblin zu beschäftigen.

Als der Schreiberling die Taten seiner Mitgefangenen verlas, war er zunächst interressiert die offiziellen Anklagen zu hören, als es jedoch zu seinem Fall kam, schaute Mako nervös zu den anderen, um die Reaktionen zu sehen.
"Da ist sehr viel hineininterpretiert in diese Anklage", begann er sich zu verteidigen. "Es ist eher so, dass ich verführt wurde, was aber lediglich zu einer bereits erwähnten Privatvorstellung führte. Der ehrenwerte Kunsan hat die Situation gänzlich falsch verstanden."
« Letzte Änderung: 20.12.2010, 16:37:10 von Mako Jinsei »
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #123 am: 20.12.2010, 17:10:51 »
Während Zhào Làn, Sūn Ai und Xū Dǎnshí tatsächlich sich einige Probleme aufgeladen haben, erscheint es bei den anderen eher bizarr oder lächerlich zu sein. Wie konnte man nur darauf kommen dass jemand der eine Seidenladung sabotierte, aus welchen Gründen auch immer, sich direkt gegen den Kaiser richtet. Mako Jinsei scheint tatsächlich nichts getan zu haben wie er beteuert. Er hatte genau so wie Lu Chieng einfach das Pech bei kleineren Grenzüberschreitungen des Protokolls gefasst zu werden. Aber ein Kaiser? Nein.
Hong war zufrieden mit sich. Es schien, dass sich seine Theorie bestätigte, dass einfach jeder eingesperrt wurde[1], der irgend etwas gemacht hatte. "Es ist immer wieder eine Freude dich zu sehen Boss. Nun, vielleicht in neun Tagen würde ich über das Erscheinen von Guìzishǒu nicht ganz so erfreut sein. Aber dies wird ja nicht nötig sein." Eigentlich sollte auch Boss einsehen, dass kaum jemand den Kaiser tötete. Wenn es einen anderen Grund gab, aufgrund dessen Boss auch so nervös war, dann würde er ihn vielleicht ausspeien. "Wir wissen ganz klar, dass ich und der gute Lu Chieng nicht im Palast waren, wo der Kaiser von uns gegangen ist. Da niemand an dir vorbei herein kommt, können wir es also nicht gewesen sein. Wir hätten auch nicht die Mittel irgend etwas zu machen." Vielleicht liess sich auch noch bestätigen, dass es viele andere Gefangenen gab "Da ihr ja offenbar jeden eingesperrt habt, der wegen irgend etwas aufgegriffen wurde, werden genügend Zellen überfüllt sein, so dass wir nur eine unnötige Last bedeuten. So spricht ja nichts dagegen, dass ich jetzt mit dir herauskomme und vielleicht morgen noch Xū in den Gärten besuche."
 1. hier
Bitterer Tee, mit Wohlwollen dargeboten, schmeckt süßer als Tee, den man mit saurer Miene reicht.

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #124 am: 20.12.2010, 22:09:11 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Mittag

Der bullige Hobgoblin zog aufgrund von Hongs Worten die Augenbrauen hoch und schaute einen Moment ungläubig. Er ignorierte die Selbstverteidigung Makos komplett und bevor weitere solche Worte, wie die von Hong, kamen, beschloss er scheinbar alle Beteiligten zurück auf den Boden der Tatsachen zu holen. "Hast du den Verstand verloren, Elbenfreund!", brüllt der Boss Hong an und zog sein Jian, welches er nur Moment vorher wieder weggesteckt hatte. "Es ist genug mit deiner Dreisheit, Lao Hong!" Er hielt diesem nun das Schwert vor das Gesicht, wie er eben den Beamten Zhu Ru bedroht hatte. "Sollte ich noch eine solche Aussage von dir wahrnehmen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass deine Hinrichtung um einen Tag nach vorne gezogen wird![1]"
Guìzishǒu fand die Worte Hongs gar nicht witzig, senkte das Schwert wieder und knallte abermals die Tür mit voller Kraft zu. Noch ein, zwei solcher Wutausbrüche, und die Tür würde aus den Angeln fallen.
"Merkt euch eins!", herrschte er nun alle Denunzianten an. "Ich bin des Kaisers loyalster Diener. Aber meine Loyalität sollte man nicht mit Dummheit gleichsetzen. Ich bin ein Mann, den man mit einem zweimaligen Kotau begrüßen sollte, so bedeutend bin ich!" Es folgten ein paar Flüche in der Sprache seines Volkes. "Ich werde mir derlei Spitzfindigkeit und Dreisheiten gegenüber meiner Person nicht mehr antun. Wenn ihr noch vernünftige Fragen oder Bitten habt, gebe ich euch jetzt noch eine Chance. Sollte sich eine solche Frage oder Bitte oder auch nur irgendein Wort als Spott oder Beleidigung gegen meine Pflichten, gegen meinen Intellekt oder gegen meine Person rausstellen, reiß ich eurem Freund Hong einen Arm raus!"
Zwischen seinen Flüchen und seiner Wut fiel seine enorme Selbstbeweihräucherung auf. Mit zusammengekniffenen Augen funkelte er die Denunzianten an, zu den wichtigen Punkten, die Hong angesprochen hatte, äußerte sich der Hobgoblin gar nicht. Der genaue Beobachter erkannte immer noch seine tiefe Unruhe. Sein Machtgebaren war sicherlich ein Versuch, über seine Schwäche hinwegzutäuschen, wenn auch ein beeindruckender Versuch.
 1. Einen Willenswurf gegen Einschüchtern (Willenswurf + Stufe natürlich) von Hong bitte
« Letzte Änderung: 20.12.2010, 22:12:12 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #125 am: 21.12.2010, 16:00:13 »
"Nun die Frage die sich mir stellt ist: Wer von denen die an dir vorbeikommen würden etwas mit dem Tod des Kaisers gewinnen.?" fragte Lu Chieng während er den erregten Boss fixiert.

"Da ja nun niemand ungesehen an dir vorbeigekommen ist gibt es nicht viele Möglichkeiten den Kaiser zu töten oder? Gift im Essen, wobei ich annehme, dass es einen Vorkoster gab. Oder jemand muss an dir vorbeigekommen sein, entweder mit oder ohne dein Wissen? Wann und vor allem wo ist der Kaiser gestorben? Dies wäre sehr wichtig zu wissen."

Die Aufmerksamkeit von Lu Chieng war starr auf Boss gerichtet, er würde auf jede Geste des Hobgoblins achten.[1]
 1. Sense Motiv: 10
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #126 am: 21.12.2010, 23:33:12 »
Danshi lächelte erfreut, als ihm der Boss den Besuch der Gärten in Aussicht stellte, und verbeugte sich aus Dankbarkeit leicht. Er freute sich nicht nur auf den Besuch, er freute sich sogar darauf, sich auszumalen, was er im Garten sehen würde. Vielleicht eine Schneebedeckte Rotkiefer, vielleicht ein Leberblümchen, das sich gerade öffnet, vielleicht auch ein Wintergoldhähnchen oder eine Krähe. Und natürlich den Mond!. Er zuckte tatsächlich etwas zusammen, als der Boss Hongsan anfuhr und für einen Moment fürchtete er, der Boss könnte nun auch ihm aus Ärger den Besuch verwehren. Doch dieser sagte nichts. Erleichterung und Zufriedenheit machte sich in dem alten Mann breit. Er lauschte, was seine Gefährten den Boss noch fragen werden.
« Letzte Änderung: 21.12.2010, 23:33:30 von Xū Dǎnshí »

Menthir

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« Antwort #127 am: 23.12.2010, 09:03:47 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Mittag

Der Mann, Hong, der den Boss inzwischen gut kannte, ließ sich jedoch nicht mehr von dem Gebaren des Hobgoblins einschüchtern. Zu gut kannten sie sich, als dass der Hobgoblin mit seinen auf Fremde beeindruckend wirkende, aber letztendlich doch plumpen Drohungen Erfolg haben könnte. Und dennoch war der Boss dafür bekannt, dass seine Drohungen nicht nur hohle Phrasen waren, sondern er jede Möglichkeit nutzte, mit blutrünstigem Wahnsinn und grausamer Effektivität Loyalität mit seinem Jian einzufordern. Seine Worte waren in den seltensten Fällen lediglich ein Gelöbnis allein, sie waren meist ein Eid. Da Hong gil-Dong sich dessen bewusst war, ließen sie den Mann nicht instinktiv zurückweichen.

Davon überzeugt, dass sein Auftritt seine Spuren hinterlassen hatte, steckte der Hobgoblin sein Langschwert weg und ging wieder einen Schritt weg und funkelte dann Lu Chieng an. "Ich betone nochmal. Ohne Erlaubnis kann keiner an mir vorbei. Das bedeutet, dass nur die offiziellen Vertreter an mir vorbeikommen." Der Gesichtsausdruck des Hobgoblins nahm einen unglücklichen Ausdruck an. "Ihr seid bei weitem nicht die einzig Geschädigten...", sagte er mit fast etwas resignierender Stimme und seine Härte verlor sich einen kleinen Augenblick. "Es entsteht der Eindruck, dass ich überlistet worden wäre. Niemand überlistet den Boss, weil ich durch alle elbischen, menschlichen und zwergischen Gedankenspiele schaue, die mich in meinem Beruf zu täuschen suchen. Nur außerhalb dessen bin ich das Opfer der Gegebenheiten, die ich gar nicht zu verhindern weiß."
Sein Ton wurde danach wieder sofort härter und auch anklagend. "Aber das bedeutet nicht, dass einer nicht findig genug war, durch die Gnade eines Hofbeamten an den Hof zu gelangen und dann offizielle Papiere zu haben." Er hob den Finger, als wäre ihm eine Idee gekommen. "Ich werde Zhu Ru anweisen, dass er die Hofpapiere durchgeht, dann können wir vielleicht mehr erfahren."
Es kristallisierte sich langsam heraus, dass es Boss vor allem um seine eigene Haut ging und er sich ebenfalls als Opfer dieses Kaisermordes sah.

Ein Moment dachte der Hobgoblin nach, bevor er versuchte, die restlichen, sicherlich gar nicht unklugen Fragen Lus zu beantworten. "Wie gesagt, selbst ungesehen kommt niemand an mir vorbei, wenn es keine Papiere und dergleichen gibt. Es gibt kein Vorbeikommen." Dann musste er doch ein wenig einräumen. "Außer es ist jemanden möglich, sich im Dasein eines Hofbeamten zu befinden oder eben einen Hofbeamten zu imitieren oder eben ein Hofbeamter zu sein, der sich offizielle Papiere besorgt hat, oder seine alten Papiere nie abgegeben hat. Dann wäre es möglich vorbeizukommen. Nicht an mir, aber ich habe ja nicht vierundzwanzig Stunden Dienst." Wieder mischte sich Verteidigung zwischen seine Worte. "Sobald man im Sanktuarium ist, so will ich die Kammern des Kaisers mal nennen, ist für einen Mord eurer Wissenshorizont und eure Kreativität die Grenze. Es kann Gift im Essen gewesen sein, vielleicht ist der Vorkoster Teil einer Verschwörung gewesen und hatte Gegengift dabei? Alles Spekulation, ich weiß es nicht. Mir wurde nicht einmal genau mitgeteilt woran und wie genau, der Kaiser gestorben sein soll, geschweige denn, wann! Oh ja! Ich bewache sogar die Tür eines Toten!"

Boss hatte sich Stück für Stück zur Tür bewegt und hatte sie jetzt inzwischen geöffnet.
"Ich werde das Gespräch jetzt beenden." Er war bei weitem nicht mehr so nervös, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen, dass er ein paar seiner Bedenken anbringen konnte und sich dazu geäußert hatte, dass er auch nur ein Opfer des augenscheinlichen Komplotts ist. "Ich werde Zhu Ru informieren und für euch in Erfahrung bringen, wer in den letzten Tagen Wachdienst hatte und getäuscht worden könnte. Schönen Tag noch." Andererseits schien er nun etwas beunruhigt, dass er seine Gedanken mit Denunzianten getauscht hat. Dennoch schließt er diesmal die Tür behutsam.
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Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #128 am: 03.01.2011, 10:31:14 »
02.01.1042 - Tag des Gauren - Mittag bis Nacht

Zázhǒng, der ehemalige Vertraute des Kaisers, schien die Unwillkommenheit, die er gespürt hatte, wirklich zum Anlass zu nehmen, nicht zu erscheinen, andererseits ließ er nicht einmal mehr eine wirkliche Nachricht überbringen, was die genauen Gründe sein. Ein höchst ungewöhnliches und durchaus unfreundliches Gebaren und doch gleicherweise lag die Verpflichtung nicht bei Zázhǒng, wenn man davon ausging, dass er im Moment der Zivilisierte war und die Denunzianten die Barbaren. Sein Verhalten war dennoch nicht sehr ehrenhaft, soviel war sicher. Und so warteten die Verbrechern vergeblich den ganzen Nachmittag darauf, dass der Halbelb erschien. Der zweite Tag neigte sich unaufhaltsam dem Ende zu. Die Blume stand noch immer an ihrem abgestellten Platz. Irgendwann gab es noch eine zweite, karge Mahlzeit und auch Bossens Helfer meldete sich nicht mehr am Tag des Gauren. Es mochte vielleicht noch etwas gegeben haben, was sich Palaver nennt, doch Erkenntnisse tauschten die Verurteilten auch nicht mehr aus. Eine unheilvolle Stille herrschte wieder in den Zellen, welche beinahe unerträglich gewesen sein musste. Aber sagte nicht sogar ein Weiser, dass Stille nicht die Abwesenheit von Geräusch, sondern die Abwesenheit des Selbst sei[1]? Vielleicht war dies in diesem Fall so, und dann war die Stille wirklich unheilvoll. Der dritte Tag brach alsbald an, die Hinrichtung rückte näher...

03.01.1042 - Tag des Affen - Morgen

Man hatte den Gnom die Nacht über Schluchzen hören, verbittert und beinahe unaufhörlich, dann hörte man ihn im Gegensatz dazu wie wild kichern. Eine Art gnomisch-sardonisches Lachen, mehr konnte es mitnichten gewesen sein. Der Gnom verstummte irgendwann[2] und dann war die Nacht auch schon vorbei. Kein Shinobi irgendeiner Couleur, der sich Zutritt verschaffte und Furcht zu verbreiten suchte, kryptische Geschichten erzählte und wieder verschwand. Der Morgen wirkte unbequem, wer träumte, hatte eher schwere und bedrückende Träume, die Holzbänke luden nicht zur Entspannung ein.

Ein Türknallen mit eben jener Tür, welche Boss schon so sehr malträtiert hatte. "Gefangene!", bellte eine Stimme in unüberhorbaren Befehlston, der nichts weiter als Unterwürfigkeit und Aufmerksamkeit forderte. "Macht euch auf euren Zimmern fertig. Macht einen guten Eindruck. Ich muss euch nicht an die Sitten erinnern. Jede Unsittsamkeit wird mit acht Hieben mit der Peitsche bestraft." Wie zur Bestätigung knallte eine Peitsche, ihr ledernes Knarzen wirkte wie ein unheilvolles Aufatmen, wie der Moment, in dem der Wind während eines Sturmes anhebt. Dann kam der plötzliche Knall, der einen zusammenschrecken ließ.
"Es spricht mit euch Chuang Wang, der General des Südens, Bezwinger der Tigerstaaten, Verwalter des Drachenpalastes, Schlächter des Landwurms und Herr der Shao-Enge." Während die Stimme, welche den hohen Besuch ankündigte, steif und pfeifend wirkte, geradezu nach der Aufmerksamkeit heischend, die sie verlangte, wirkte die zweite Stimme eher ruhig, gefestigt und angenehm. Jeder, der in der Nähe des Hofes war, kannte diese Stimme. Es war die von Chuang Wang[3] selbst, welcher nicht nur als vorbildlicher Anführer und Kämpfer galt, sondern als herausragender Redner und hochbegabter Künstler der Shūfǎ[4] galt. Nur sein Vater soll ein besserer Kalligraph gewesen sein. Einer Legende nach soll er in der Schlacht um Uushan, weit im Gebiet seines Bruder, des Generals des Westens, gegen einfallende Horden von Barbaren in einer einzigen Schlacht sieben verschiedene Listen angewandt haben, während er selbst in vorderster Front kämpfte mit seinen Vertrauten, um so ausreichend Ablenkung für die Listen zu schaffen. Seitdem wurde er der siebenköpfige Tiger genannt.
"Xū Dǎnshí, Oda Zektau, Mako Jinsei, Hong Gil-dong, Lu Chieng, Sūn Ai, setzt euch zu mir. Wir wollen gemeinsam eine Tasse Tee trinken und gemeinsam Yàn Wō[5] speisen. Dann werden wir reden."
Es roch nach dem furchtbaren Essen des gestrigen Tages fast schon hervorragend, obwohl das Yàn Wō auch nicht für seinen besonders guten Geschmack bekannt war, sie war jedoch schon etwas besonderes. Es würde Mut erfordern, sie zu essen, wenn man es nicht gewohnt war. Man hörte, wie mehrere Diener aufräumten, die Blumenvase verrückten und massig Geschirr abstellten. Man hörte, wie eine Waffe abgelegt wurde, sie klang schwer und dumpf, das typische Geräusche einer angeschlagenen Klinge ertönte dabei. "Ich bin gespannt, wer ihr seid."
Fast wäre ein Gefühl der Gemütlichkeit aufgekommen, da ertönte das Knallen der Peitsche ein zweites Mal. "Beeilt euch.", sagte die pfeifende Stimme. Die Tür wurde sanft geschlossen, es roch nach der ungewöhnlichen Suppe.
 1. Nach einem Zitat von Anthony de Mello
 2. Wahrnehmenwurf
 3. 
 4. Chinesische Kalligraphie
 5. Schwalbennestersuppe
« Letzte Änderung: 03.01.2011, 10:33:49 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Lu Chieng

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« Antwort #129 am: 03.01.2011, 16:52:19 »
Schnell schreckte Lu Chieng hoch nachdem er die brüllenden Worte im Gemeinschaftsraum vernahm. Sein durch die unruhige Nacht müder Geist brauchte ein paar Moment um klar zu werden. Dieses mal waren zusätzlich zu den unwürdigen Bedingungen in der Zelle auch noch die Beschwerden und wilden Lacher des Gnoms gekommen und hatten ihm den Schlaf geraubt.

Nachdem er einige Sekunden brauchte um das gesagte zu verarbeiten schnellte er in die Höhe, nur um zu merken, dass sein Rücken durch den harten Boden unsagbar schmerzte. Mit der linken für er sich kurz über das Gesicht und entfernte die letzten Reste Schlaf aus seinen Augenwinkeln. Nachdem er die beiden Risse in seiner Kleidung, die durch seine Verhaftung zu stande gekommen waren, sorgsam unter einer Falte versteckt hatte macht er einen Schritt auf die Tür zu, atmete er nocheinmal tief durch und öffnete sie.

"Herr." sprach Lu Chieng bevor er auf die Knie fiel sobald er den Raum betrat und sich tief verbeugte, dass seine Stirn den Boden berührte. "Eure Anwesenheit ehrt uns."

Sollte der Prinz ihm es andeuten, würde sich Lu Chieng erheben und im Schneidersitz im Gegenüber Platz nehmen.
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Xū Dǎnshí

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« Antwort #130 am: 04.01.2011, 21:45:49 »
Danshi hatte auch in dieser Nacht wieder schlecht unter seinem Husten geschlafen. Immer wieder war er aufgewacht und hatte sich vor Husten geschüttelt, bis die Atemwege wieder frei waren. Seine Brust schmerzte und weil seine Bauchmuskeln ständig seine Atemwege freibliesen, zogen sie. Unterdessen litt Danshi aber nicht weiter unter seiner Beeinträchtigung, denn er unterzog der Sache keine Bewertung. So wie keine Jasmin-Blüte schöner war, wie die andere, nahm Danshi das Husten wie jede andere körperliche Regung an - und zwar im doppelten Sinn, denn er akzeptierte es und nahm es an. Er dachte an Gāo und die Zeit, die sie verbracht hatten, an seine Frau und seine beiden Töchter, schließlich an Cui Bao und die Menschen, denen er sich verpflichtet fühlte. Doch es war keine Sehnsucht, im eigentlichen Sinne. Vielmehr erinnerte er sich an sie wie an eine Blüte, die man abends, nach verrichteter Arbeit, am Wegesrand findet und die einem vor dem Einschlafen noch ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Schon dadurch, dass er jetzt und hier nicht mit ihnen sprechen konnte, hatten sie ihre unmittelbare Einzigartigkeit verloren. Würde er noch etwas Zeit haben, würden sie zu Formen werden und schließlich verblassen. Daran war nichts infames[1].

Auch hörte er den Gnom wimmern und schluchzen, sodann wirr kichern und Lachen, und schließlich ermattet erstummen, um bald wieder zu beginnen. Er hatte Mitgefühl mit dem armen und verlorenen Dasein des Gnoms, wollte schon aufstehen und ihm schweigend Gesellschaft leisten in seiner schweren Not, doch ein überwältigender Schmerz ließ ihn wieder auf seine harte Schlafstatt sinken, jedesmal, wenn er aufstehen wollte. "Ich hoffe, dass Du Dich bald erschöpfst und in den Schlaf fällst.", murmelte er leise und hörte Yu wie zur Bestätigung kurz aufquicken.

Am nächsten Morgen erwachte er von dem Besuch. Gleich darauf überfiel ihn wieder ein stakkatoartiger Hustenanfall, doch er konnte sich erheben und - langsam - sein tiefgrünes Gewand anziehen. Die Kette aus Jade legte er jedoch nicht an. So trat er dann aus seinem Zimmer und vollführte einen Kotau vor dem Kaisersohn. Jedoch keinen, wie man ihn vor dem Kaiser machte, dass die Stirn dreimal den Boden berührt. Er fühlte sich dem Kaisersohn in keiner Weise untertänig. Doch er achtete dessen Würde und Charakter und zeigte Ehrfurcht vor dem Alter[2]. Er berührte den Boden zweimal. Dann erhob er sich wieder in den Sitz.
 1. eine Haltung, die an die Heilslehre des Zen-Buddhismus angelehnt ist, so weit ich ihn verstanden habe.
 2. Orientierung, die an den Konfuzianismus angelehnt ist, so weit ich ihn verstanden habe.
« Letzte Änderung: 04.01.2011, 23:54:06 von Xū Dǎnshí »

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #131 am: 04.01.2011, 23:16:47 »
Aus halb geöffneten Schlitzen starrten zwei Augen in die Dunkelheit an die Wand. Die feinen sichtbaren Blutäderchen hatten sich zu einem dichteren Netz zusammengeschlossen und hätten bei Licht die dunklen Augen mit einem roten Schimmer umrandet. Hong hat nicht gut geschlafen. Nachdem er am Vortag noch eine positive Seite an Zhào Làn's Tod gesehen, empfand er die Verfügbarkeit ihres Bettes anstelle eines Strohhaufens nicht mehr als Wohltat sondern als weitere Belastung. Im Prinzip hatte Hong kaum geschlafen. Er brütete sitzend vor sich hin, während er dem Kichern des Gnomes lauschte und dem Husten des alten Dǎnshí. In die Dunkelheit starrend erinnerte ihn das Bett auf dem er sass an den ersten Tot in der Zelle. Würde morgen einer von beiden nicht mehr aus dem Zimmer treten. Kann Hong die vollen zehn Tage auf die Hinrichtung harren? Kaum. Aber sein eigener Tod wird nicht von der eigenen Hand kommen oder als Krankheit seinen Atem stehlen. Er würde fliehen. Er war schon öfters aus den engen Mauern des Palastes ausgebrochen und es scheint, dass auch Boss nicht verhindern kann, dass man an Orte gelangt an die man nicht sollte. Das Knallen der Tür riss Hong aus dem Strudel der immer um sich kreisenden Gedanken. Ein neuer Gast. Abermals eine Unterwerfung.
Mit hängenden Schultern schlurfte Hong im Dunkeln der Wand entlang zur Tür. Brechen werden sie mich nicht! schwor er sich selbst, straffte seine Schultern und richtete sich gerade auf. Die Tür schwingt auf und aus dem Dunkel schälte sich sein Gesicht. Das entgegenkommende Licht schmerzte Hong, doch wandte er sein Blick nicht ab. Wasser trieb in seine Augen und verlieh ihnen ein schimmern, so dass sie in ihrer roten Farbe an den Mond Raviva erinnerten. Sie ruhten eine Sekunde lang mit einem Vorwurf auf Boss. Du weisst, dass ich unschuldig bin und nicht hier sein sollte. Dann tat er es Xū, der offenbar die Nacht überstanden hatte, gleich und vollführte einen Kotau vor dem Kaisersohn. Doch Hong geizte nicht mit den Verbeugungen und liess seine Stirn drei mal den Boden zu den Füssen des siebenköpfigen Tigers küssen und verharrte in kniender Position mit gesenktem Blick auf die erlaubnis sich setzen zu dürfen.
Bitterer Tee, mit Wohlwollen dargeboten, schmeckt süßer als Tee, den man mit saurer Miene reicht.

Xū Dǎnshí

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« Antwort #132 am: 05.01.2011, 11:54:10 »
Danshi betrachtete sein stilles Handeln und kam zu dem Schluss, dass er gemäß seiner Vorsätze[1] lieber eine eindeutige Aussage hätte treffen sollen. Er glaubte, dass es für das Gespräch von ganz bedeutender Entscheidung war, wenn er nun klare Verhältnisse schaffte. Als seine Mitgefangenen ihrerseits den Kaisersohn begrüßt hatten, sagte er: "Seid gegrüßt, Chuang Wang, General des Südens. Ich vollführe den zweifachen Kotau vor Euch, denn ich schätze Euch und Eure Malerei. Ich achte Eure Würde und bin Ehrfürchtig vor der Weisheit des Alters. Ich danke Euch für Euren Besuch. Doch seid Euch während des Gesprächs gewiss, dass ich mich in keiner Weise Euch untertänig fühle." Danshi sah den Kaisersohn an, eine infame Handlung, die bestraft werden konnte. Doch sein Lächeln war wohlmeinend. Dann fügte er hinzu: "Generalisiert meine Worte bitte nicht auf meine Genossen. Sie können sich selbst erklären."
 1. dazu vielleicht später mehr
« Letzte Änderung: 05.01.2011, 11:55:59 von Xū Dǎnshí »

Mako Jinsei

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« Antwort #133 am: 05.01.2011, 22:57:43 »
Nachdem der Hobgoblin gegangen war und wieder Ruhe einkehrte, begann Mako nach einiger Zeit auf seine Yueqin zu klimpern. Das Gefängnis und die Situation, in der sich der Barde befand, waren auf ihre Weise inspirierend und so war ihm eine neue Melodie in den Kopf gekommen, die er nun auf sein Instrument übetrug. Einige Noten wollten aber noch nicht so recht passen, so dass er noch ein wenig rumprobieren musste, bis er mit seinem neuen Lied zufrieden war. Einen Text würde er später verfassen oder ganz weglassen.
Die meisten meiner Leidensgenossen wissen es vermutlich gar nicht zu schätzen, dass sie eben einem hochkreativen Prozess beiwohnen durften., denkt er, während er zufrieden das fertige Lied spielt. Sollte ich hier rauskommen werden in naher Zukunft zahlreiche Leute die Melodie summen.

Früh ging er zu Bett, damit er nicht allzu verschlafen war, sollte der mysteriöse Mann von letzter Nacht wiederkommen. Aber er kam nicht.
So lag er schon eine Weile wach, als er die Tür auffliegen und den neuen Besucher Befehle brüllen hörte.
Chuang Wang war in der Tat hoher Besuch und so machte Mako sich so gut zurecht, wie er es mit den kargen Mitteln, die ihm gegeben waren - seine Hände - eben ging. Zudem freute er sich auf die angekündigte Suppe. Dass mutmaßliche Kaisermörder eine derartige Delikatesse kosten dürfen, hätte er nicht gedacht. Was für eine willkommene Abwechslung nach dem Schlangenfraß von gestern.
Gerade und würdevoll schritt er aus seiner Zelle, senkte allerdings seinen Blick. Er war nicht so tollkühn, wie Xū Dǎnshí, einen Kaisersohn direkt anzublicken. Er verbeugte sich tief vor ihm. Zweimal berührte seine Stirn deutlich den Boden, ein drittes Mal deutete er lediglich an. Auch wenn Chuang Wang Sohn des Kaisers, hoher Würdenträger und exzellenter Künstler war, so war er doch nicht der Kaiser selbst.
"Euer Besuch ehrt mich, ehrenwerter Chuang Wang.", begrüßte er ihn, während er noch mit dem Kopf über den Boden verweilte. Erst dann richtete er seinen Oberkörper auf und ließ den Kopf kaum merklich gesengt, die Augen auf die Beine des Besuchers gerichtet.
Begierig sog seine Nase den köstlichen Geruch der leckeren Suppe ein.
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

Menthir

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« Antwort #134 am: 06.01.2011, 16:02:44 »
03.01.1042 - Tag des Affen - Morgen

Chuang Wang schaute zufrieden drein, sein Blick wirkte gestreng, jedoch nicht unfreundlich oder gar aufdringlich. Es war vielmehr die militärische Disziplin und der Blick eines Generals, welcher sorgsam eine Musterung hielt. Er beobachtete die Ausführung der Kotaus mit zwei Fingern am Oberlippenbart, über welchen er sich strich. Ein kurzes Augenzucken verriet, dass er über die unterschiedlichen Respektbekunden sinnierte und sich einen Moment in sich zurückzog. Eine Person, welche nur mit viel Bedacht handelte. Neben ihm stand ein kleiner, fast buckelig wirkender Dickling, welcher in exotisch anmutenden Kleidern, in beiger Stoffhose und blauen Samthemd, gewandet war. Er hatte eine windschiefe Nase, war jedoch ohne Zweifel aus Chuang, die Kleider wirkten hochwertig, jedoch schon sehr abgetragen. Es war sicherlich ein Beutegut, welches er im Kampf gegen die Barbaren gewonnen hatte und zu häufig trug. Barbarische Kleidung tragen zu müssen, das war häufig eine soziale Strafe in Chuang und der dickliche, schiefnäsige Mann wollte nicht nur gern mit seiner Peitsche, welche jetzt still in dessen Händen ruhte, strafen, auch er selbst war gestraft worden.
Chuang Wang trug angemessenere Kleidung, seines Standes würdig. Er lächelte milde und deutete den Denunzianten an, bequem zu sitzen, indem er sich auch bequem hinsetzte, während eine Dienerin die Speise in Schüsseln anrichtete und Tee eingoss und sie den Denunzianten und dem General reichte, Chuang Wang bekam als Letzter seine Speise, der Dicke bekam keine Speise.
"Ich würde euch gerne die Ehre des Cháyì[1] zuteil werden lassen, meine Zeit lässt jenes jedoch nicht zu, aber ein Mahl und ein paar Worte möchte ich mit euch teilen und wechseln. Die Speise ist aus Schwalbennestern gemacht, ich hoffe, dass ihr seine Bedeutung zu schätzen wisst. Eine Bedeutung, die nichts mit meiner Person zu tun hat. Als Zeichen meiner Wertschätzung habe ich euch Dan geschickt." Er zeigte mit den Fingern auf die Dienerin, und ihre zinnoberroten Haare ließen ihren Namen passend wirken. "Sie wird in der Nähe der Tür sein und wenn ihr nach ihr ruft, werdet ihr Tee bekommen, warm und ehrlich. Ich habe euch erlesensten Huángchá[2] bringen lassen."

Er schwieg einen langen Moment und blickte zwischen den Denunzianten hin und her, aber nicht hektisch. Noch immer musterte er aufmerksam und roch mit einem Miene des Genusses am leicht dufteten Tee. Dieser roch leicht nach Pfirsich. Sein Blick blieb auf Xū Dǎnshí haften und suchte forschend nach dessen Augen, um sie zu fixieren. "Ich verlange keine Untertänigkeit, ich verlange keine Unterwerfung, welcher über ehrlichen Respekt hinausgeht.", sagte Chuang Wang sanftmütig und nahm einen Schluck Tee zu sich. "Und wenn ich solches insgeheim forderte, wäre ich ein Narr wie viele andere, da man von jenen, welche der Himmelsbestattung preisgegeben werden sollen, keine unbedingte Ergebenheit erwarten darf, solange keine Verbindung von Freundschaft, Bewunderung und Respekt in vollendeter Gegenseitigkeit besteht. Wir alle sehen uns das erste Mal. Ich habe keine Erwartungen an eure Untergebenheit, außer dass ihr den notwendigen Respekt zeigt." Die Peitsche des Dicken knarzte bei den letzten Worten, der Mann sah wütend aus. Wang nahm stattdessen einen weiteren Schluck Tee und ließ sich von der Dienerin nachgießen.
"Ränge sind etwas für das Schlachtfeld, im Moment bin ich der Sohn eines Toten, der tiefe Trauer über seinen Verlust verspürt."

Er blickte kurz, scheinbar niedergeschlagen durch die Gedanken an seinen Vater, auf seine Knie und nahm einen Schluck Tee, dann blickte er Mako Jinsei an. "Ihr sollt ein vorzüglicher Spieler der Yueqin sein? Die Wachen schwärmen von eurer Fähigkeit der außerordentlichen Harmonie und mein werter Bruder sagte, dass seine Wachen, die er euch für ein Denkspiel schickte, behauptete, dass eure melodische Sanftmütigkeit einen tollen Yaoguai zum Weinen bringe. Einer von ihnen sei so gerührt gewesen, dass er euch für eine Personifizierung Kuis[3] hielt." Der General des Südens lächelte milde und höflich. "Würdet ihr mir die Gunst erweisen, euer Instrument in meiner Anwesenheit zu spielen? Nach dem gemeinsamen Mahl natürlich."

Er nahm die Schüssel mit dem Essen zu sich und begann die gelatinöse Suppe zu essen. Wer sie ebenfalls probierte, musste feststellen, dass sie einen sehr eigenartigen Beigeschmack hatte, welcher, wer die Suppe kannte, an den Nestern lag. Sie schmeckte dennoch, nur ungewohnt war sie ohne Zweifel. Er stellte die Schale nach einem Moment ab und musterte die Denunzianten wieder eingehend, schlug die Hände zusammen und legte sie in den Schoß. "Mein Vater war ein zutiefst weißer Mann, von großem Wissen und so enormer Herzlichkeit, dass jeder, der mit ihm sprach, Groll und Probleme vergaß. Ein Mann des Wortes, kein Krieger im Herzen, das war er. Er zog sogar einmal inkognito durch das Reich für zwei Jahre, um sich die größten Krisenherde anzuschauen und vor Ort zu helfen. Er war ein großer, stolzer Mann."
Er schaute diesmal nicht zu Boden, blickte in die Augen des Denunzianten, eigener Stolz schwang durchaus mit in seinen Worten.
"Aber sagt, was verbindet euch mit dem Kaiserhof? Ich verstehe nicht, wie solch unterschiedliche Wesen an solch einen Ort kommen."
Fast beiläufig hob Chuang Wang die linke Hand und der übellaunige Wächter in der Barbarenkleidung ging zur Tür von Oda und klopfte zweimal. "Mach auf!", zeterte er pfeifend. "Oder ich komm rein." Das warnende Knallen der Peitsche durchschnitt scharf die angenehme Ruhe, die Sekunden vorher noch während des Essens und der gemessenen Sprache des Generals bestanden hatte.
 1. Chinesische Teezeremonie
 2. Gelber Tee
 3. Kui
« Letzte Änderung: 10.01.2011, 13:32:23 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

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