Im Gegensatz zu all seinen Gefährten hatte Skraching überraschend gute Laune während ihrer Reise. Natürlich verstand er, dass die anderen bedrückt waren, nach dem, was sie erlebt hatten. Bis auf Galian vielleicht, aber der Assassine war vermutlich einfach unglücklich darüber, in einer Gruppe reisen zu müssen, und noch dazu selbst auf der Flucht zu sein, anstatt die Rolle des Jägers zu haben.
Natürlich plagten Skraching seine Träume - doch für ihn waren Albträume nichts ungewöhnliches. Er hatte gelernt, damit umzugehen. Er war es auch gewohnt, dass sich seine Träume wiederholten, auch wenn die Vehemenz, mit der sich dieser Traum aufdrängte, beeindruckend war. Entsprechend froh war er, dass sich das Mädchen allmählich erholte. Bald, so hoffte er, würde er mit ihr sprechen können. Er ging davon aus, dass die Träume von ihr kamen.
In den letzten Tagen hatte er immer wieder darüber nachgedacht, ob er mit jemandem aus der Gruppe über die Dinge sprechen konnte, die ihn bewegten. Galian war, das war offensichtlich, zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Joyce war, wenn er auch mit Sicherheit seine Stärken hatte, nicht gerade der weise Gesprächspartner, den er sich erhoffte. Und Kyra ging es offensichtlich selbst nicht besonders gut.
Mehrere Male hatte er sich deshalb Selamin zugewandt, war kurz davor, ihn anzusprechen. Doch im letzten Moment hatte er es sich immer wieder anders überlegt. Nicht wegen Selamin, sondern weil er eigentlich gar nicht genau wusste, was er eigentlich sagen wollte. War er bereit, über seine Vergangenheit zu reden? Seine...
Ja, seine Familie. Die Erinnerungen waren wieder da, und sie belasteten ihn, insbesondere abends, bevor er einschlief.
Und was war mit seinen Träumen? Wollte er sie offenbaren? Irgendetwas hielt ihn davon ab.
Dazu kam, dass man ihn zusammen mit Kyra in ein Zelt gesteckt hatte. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Sie war eine erwachsene Frau, und er...
Bewusst ließ er ihr jeden Abend Zeit, sich ihren Schlafplatz zurecht zu machen, und erst, wenn sie bereits lag, folgte er in das Zelt. Morgens ließ er die Augen so lange geschlossen, bis sie das Zelt verlassen hatte, selbst wenn er lange vor ihr wach war. Vermutlich hielt sie ihn für eine Schlafmütze.
Die Situation wurde umso seltsamer, weil sie seiner Schwester so ähnlich sah. Inzwischen hatte er eine ganze Reihe an Unterschieden entdeckt, kleine Details, doch noch immer sah er das Gesicht seiner Schwester in seinem Geist, wenn er Kyra anblickte.
An diesem Morgen war er schon seit guten zwei Stunden wach, bis Kyra endlich aufwachte und das Zelt verließ. Er hatte lange über sein Problem nachgedacht, und war endlich zu einem Entschluss gekommen.
Ja, etwas hielt ihn zurück, mit Selamin zu sprechen. Die Angst, eine Tür zu öffnen, die er nicht wieder schließen könnte, und die Angst, dass ihn dies so sehr belasten würde, dass er sich ihrer jetzigen Aufgabe nicht mehr gewachsen fühlen würde. Aber mit jedem Tag, der verging, spürte er, wie es ihn stärker belastete, nicht darüber zu sprechen.
Er stand auf, räkelte sich und verließ das Zelt. Sofort sah er Selamin, der zu dem Zelt ging, in dem das Mädchen schlief.
Er stockte. Sie schlief noch? Um diese Zeit war sie sonst bereits wach...
Besorgt beeilte er sich, zu Selamin aufzuschließen. "Wo ist sie? Ist alles mit ihr in Ordnung?"