Die Taktlosigkeit des Halborks quittierte Lord Nanther mit einem eiskalten Blick. Für den Rest des Gespräches tat er so, als wäre der Mann überhaupt nicht anwesend. Es war wohl Jurijs und Aiwëtaurnís schmeichelnden Worten zu verdanken, dass er nichts anderes unternahm. Sein Gesicht brachte sein Missfallen jedenfalls deutlich zum Ausdruck. „Seid gegrüßt", sagte er schließlich und ließ sich dann in einen schweren Lehnstuhl fallen, der neben der Treppe stand. "Ich möchte mich nicht lange aufhalten, denn die Lage ist ernst. Ihr habt durch Euer Verhalten meine Aufmerksamkeit erregt. Die Ritter, denen ihr den Brief abgenommen habt, waren unterwegs, um mir zu helfen. Ob ihr sie selbst getötet habt oder nur tot aufgefunden habt, ist mir egal, denn ganz offensichtlich wären sie keine große Unterstützung gewesen. Außerdem entbindet es mich von der unangehmenen Situation, dem Schwertbrüderorden einen Gefallen zu schulden. Anscheinend seid ihr eine Gruppe erfahrener...– sagen wir einfach – Abenteurer, die sicherlich ein paar Münzen gut gebrauchen können. Außerdem seid Ihr mit keinem der anderen Häuser verbunden, was nur von Vorteil sein kann." Lord Nanther ließ offen woher er diese Information hatte und stand wieder auf. Er wirkte unruhig und etwas weniger souverän als man es von einem Mann seiner Position erwartet hätte. "Ich möchte daher, dass ihr meinen Sohn Oreal findet. Er ist zwar ein erwachsener Mann und ich verfolge nicht täglich, was er treibt, aber ich habe ihn seit nunmehr fast sieben Tagen nicht mehr gesehen. Angesichts der hier herrschenden Verhältnisse ist das eindeutig zu lang. Mein Sohn weiß, dass wir mächtige Feinde haben und würde mich niemals bewusst im Unklaren über sein Verbleiben lassen. Er hat jedoch nicht einmal eine Nachricht hinterlassen. Stattdessen scheint er wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Ich habe natürlich versucht ihn zu finden, aber meine Möglichkeiten sind begrenzt. Als Außenstehende habt Ihr sicherlich bessere Chancen."
Lord Nanther seufzte und fuhr dann fort. "Als wäre das Verschwinden meines Sohnes noch nicht schlimm genug, gibt es Gerüchte, dass auch die Söhne einiger anderer Häuser vermisst werden. Es gibt bereits die wildesten Spekulationen. Ich habe sogar gehört, ich selbst hätte die anderen Sprösslinge in den Karvur werfen lassen. Zweifellos versucht irgendjemand, Kapital aus der Angelegenheit zu schlagen, um meine Autorität zu unterminieren. In Falkrest schrecken meine Feinde nicht einmal vor Mord zurück, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Das ist die Politik in dieser Stadt...Wenn ihr mir meinen Sohn zurückbringt, zahle ich jedem von Euch 250 Platinmünzen. Mir ist egal, ob er freiwillig mitkommt oder ihr ihn dazu zwingen müsst. Solltet ihr zufällig einen der anderen Vermissten finden, bringt bitte auch ihn zurück – ich kann es mir nicht leisten, dass mich die anderen Häuser der Ermordung, Entführung oder Verletzung ihrer Erben bezichtigen. Aber um eins klarzustellen – das Geld kriegt Ihr nur, wenn Oreal sicher nach Hause zurückkehrt.“