Ähnlich wie der Zwerg hielt es Jurij. Er wollte auf keinen Fall dem leuchtenden Wasser näher als nötig kommen. Dass das bedeutete nicht in der wärme der künstlichen Höhle beziehungsweise kein Bad zu nehmen, nahm er in Kauf. Das die Anderen es diese Magie einfach so hinnahmen … Kopfschüttelnd nahm er dies hin. Es war ihre Sache, hier alle Vorsicht fallen zu lassen und solange ihn keiner zwang hinunter zu steigen, war es auch nicht sein Recht ihnen noch weiter vor den Kopf zu stoßen.
Nach den Geschichten hatte er auch nicht wirklich Lust dazu. Lieber lenkte er sich von den Offensichtlichkeiten ab. So auch mit der Wachfrage, die er vorerst ignoriert hatte. Thokk und Lorim konnten schlecht gemeinsam Wache halten. Beide hatten die Fähigkeit in der Nacht weitaus besser zu sehen als Menschen und so war dann die Wachaufteilung wie die Nächte zuvor. Das hieß, dass Thokk mit dem Sir, Lorim mit Mival und er selbst mit der Elfe wache hielt. Bevor er sich zur Ruhe legte, beschloss er für sich, die Wachordnung für die nächsten vier nachfolgenden nächte zu ändern. Schließlich sollten nicht immer die Selben die Gleiche Wachschicht haben aber das konnte wollte er beim Frühstück verkünden.
Als dann Stille in seine Gedanken einkehren sollte, tauchten die Gedanken über diesen Ort auf. Angst war es nicht nur ein mulmiges, ungutes Gefühl. Er hatte nichts gegen Magie aber hier drehte es sich um so alte, dass es ihm den Magen umdrehte. Er hatte zu wenig wissen um zu verstehen wie aber das es wieder der Natur war, denn alles musste Enden, war ihm klar. Auch einige stille Gebete an die dunkle Göttin vermochten es nur schwer ihren kleinen Bruder anzulocken. Der Schlaf und seine Träume ließen den Söldner noch lange warten und auch als seine Lieder schwer wurden, waren seine Träume eher unruhig als alles andere. Er wälzte sich hin und her. Landete dabei mal auf seinem Schild, mal auf seinem Schwert und ein anderes Mal trat er den Helm bei Seite. So sah das innere seines Zeltes, als er seine Wacht antrat, wie ein Schlachtfeld aus.
Die Wache mit Aiwëtaurnís verlief ereignislos. Die Elfe ging ihren Angelegenheiten nach, betete wie zu jeder Morgenwache und tat noch andere Dinge. Jurij blieb diese Wache auch nicht untätig am Feuer sitzen. Auch wenn die Nacht unruhig war, er noch immer dreckig von den letzten Tagen war und er sich innerlich nach einem Bad sehnte, welches er sich verwahret, fühlte er sich etwas besser als die letzten Nächte. Das leicht mildere Klima in dieser Ruine zog schließlich auch nicht an ihm spurlos vorbei.
So stand er auf als das Morgenlicht hell genug war, um etwas zu erkennen. Er wollte die Elfe nicht stören und auch die anderen nicht vor der Zeit wecken. Also ging er kurz zu Aiwëtaurnís nickend, vom Platz, auf welchen sie ihr Lager aufgeschlagen hatten und verließ so das innere der Ruinen. An der Außenseite der alten Gemäuer wanderte entlang und suchte einen Platz, wo die magischen Rosen die Mauer noch nicht überwuchert hatten. Immer wieder blickte er dabei nach innen zum Lagerplatz und nach außen in den Wald, schließlich hatte er immer noch Wache und die anderen schliefen noch.
Jedoch fand er auf seiner suchen keinen solchen Platz. Als er dann einmal wieder nach innen blickte, erkannte er wie Lorim gerade sein Zelt verließ. Das war für ihn das Zeichen, dass die Anderen so langsam wach wurden. Also nahm er nun den erst besten Platz, wo er die Morgensonne noch etwas genießen konnte. Seine eher dunkle Rüstung heißte sich bei gutem Sonnenlicht leicht auf. Das war jetzt durchaus vorteilhaft, wobei die Herbstsonne nicht wirklich ausreichte um selbst eine schwarze Rüstung warm zu machen.
Während er die morgendliche Sonne genoss, betete er zur dunklen Göttin. In dem Gebet ging es um den ewigen Tages- und Nachtzyklus und wie dieser doch ein grandioser Beweis für das Wirken von Hel sei. Ein Beweis, dass jedes Ende ein neuer Anfang ist. Denn Schließlich starb die Sonne jeden Abend, durchwanderte das Reich von Hel und wurde am nächsten Morgen wiedergeboren. Das Gleiche galt für die Nacht, denn sie starb mit dem Aufgehen der goldenen Sonne und wanderte durch das Reich von Hel um zur nächsten Abenddämmerung neu geboren zu werden. Das Gebet endete mit den Worten: „Ruhe wohl Myrr, Göttin der Nacht. Sei willkommen Halldor, Gott der Sonne. Auf das Ende und einen neuen Anfang.“ Tief atmete Jurij ein und verhaarte noch einen Augenblick an Ort und Stelle.
Als er wieder in das Innere der Ruinen trat, war Lorim mit seinen morgendlichen Übungen fertig. Auch Mival war schon auf den Beinen. Der junge Myrrpriester sah deutlich ausgeruhter als sonst aus. Dem Stadtkind schien es hier richtig gut zu gehen und nicht nur das. Für ihn war das Ganze nichts anderes als ein großes neu entdecktes Geheimnis. Er schien es zu lieben. So saß er wohl schon seitdem er aus dem Baderaum hochgeklettert war an der Statur der beiden Liebenden und kritzelte etwas in ein Buch. Wohl waren es genaue Beschreibungen der Statur und seine Gedanken über diesen Ort.
Jurij interessierte sich dafür recht wenig. Er machte sich lieber daran, das Frühstück vorzubereiten. Dabei machte er sich einen Überblick über die Vorräte. Es sah noch gut aus, das Pferdefleisch war durchaus eine gute Erweiterung gewesen doch befürchtete er, nicht in nächster Zeit die Vorräte in einem Dorf auffrischen zu können. Nach der Pleite mit dem Wasser, stand es auch nicht gerade gut um ihre Trinkwasservorräte und diese waren am Ende lebenswichtiger.
Beim Frühstück berichtete er den Anderen seine Gedanken für die nächsten Wachschichten. Die Paarungen sollten so bleiben nur alle fünf Tage sollte die Reihenfolge geändert werden. Dies bedeutet für die nächsten fünf Nächte, dass Mival und Lorim die erste Wache bekommen, Aiwëtaurnís und er die mittlere Schicht übernehmen würden und Thokk mit dem Sir die letzte Schicht hatten. So könnten Mival und Lorim nun auch einige nächte durchschlafen.
Nachdem die Wachordnung für die nächsten Nächte stand, so keiner einen triftigen Einwand hatte, wies er auf die Situation der Wasserschläuche und der Essenssäcke hin. Er bat Aiwëtaurnís und Thokk heute zu versuchen eine Wasserquelle anzusteuern und fragte sie nach ihrer Meinung, wie sie ihre Nahrungsvorräte aufstocken könnten. Er selber schlug zur Not vor, dass die beiden vor der nächsten Nacht auf Jagd gehen sollten. Frisches Fleisch oder auch essbare Wurzeln würden ihnen allen sicher gut tun.
Nachdem alles geklärt war, machte er sich an das Lager mit abzubrechen und sattelte auf. Ihm war es nur allzu recht so bald wie möglich weiter zu kommen. Auch wenn er nicht so kampflustig war wie der Zwerg. „Oder die Adligen einfach retten und so schnell wie möglich wieder verschwinden.“ meinte er nach dem Spruch von Lorim munter.