Tatsächlich hatte Dana Widerworte vorzubringen und auch Ichabods beschleunigter Schritt hielt sie nicht davon ab, sie auszusprechen - obwohl Dana so nun etwas Mühe hatte, mit ihm mitzuhalten, weil er größer war als sie und somit längere Beine besaß. Ihre Stiefel mit halbhohem Absatz machten es ihm auf dem schlammigen Untergrund nicht leichter, sodass sie mehr stakste als schritt, aber Dana hatte ein hartnäckiges Naturell, wie ihr Exmann schon so oft hatte zu spüren bekommen. Der Unterton in Danas Stimme klang etwas gereizt, da es ihr nicht gefiel, Ichabod hinterherzudackeln wie das besagte kleine Hündchen seinem Herrn.
"Denkst du nicht, wir sollten nicht eher leise vorgehen, anstatt mit der Tür ins Haus zu fallen?", fragte sie rhetorisch, den vorgeschlagenen Plan betreffend, und Ichabod wusste, dass sie diese Frage so formulierte, weil diese ihrer eigenen Meinung entsprach. Gegen "unsere Marschroute" hatte sie an sich nichts einzuwenden, jedoch kannte sie ihren Exmann zu gut - und sein Enthusiasmus, der sie schmerzlich an vergangene Zeiten und ihre Liebe zu ihm erinnerte, war für sie auch eine Warnung, dass er womöglich zu übereilt handeln und sie alle um Kopf und Kragen reden könnte.
"Sicher sollte wir nicht in allen Punkten auf eigene Faust vorgehen und auch sollten wir nicht verheimlichen, dass Gefahr besteht, doch bezweifle ich ernsthaft, dass das allzu klug ist, hieraus nun ein großes Trara zu machen und Panik zu schüren. Wenn wir erst bei den Pharasmiten auflaufen und dann zum Stadtrat marschieren, wird das ganze Dorf über uns reden. Du weißt doch, wie das in solchen Ortschaften ist - da ist jeder Bauer ein Klatschweib. Ich zweifle nicht am Urteilsvermögen des Professors, gerade deswegen sollten wir die Konsequenzen für uns und Kendra immer im Auge behalten."Dana hörte, dass Viktor ihnen nachrief, und durch einen Schulterblick entdeckte, dass der junge Pharasmakleriker sich eilig näherte, griff sie nach Ichabods Ärmel, um ihn festzuhalten. Sie wollte warten, aber vor allem hatte sie es auch satt, mit dem Hinterkopf ihres Exmanns zu reden.
"Wenn wir offen vorgehen, machen wir vermutlich den Flüsternden Weg auf uns - und Kendra - aufmerksam und bringen ganz Ravengro erst recht in Gefahr", gab die selbsternannte Ärztin zu bedenken.
"Wenn sie erfahren, dass wir Nachforschungen anstellen, werden wir ihnen wie der Professor ein Dorn im Auge sein. Außerdem wissen wir nicht, ob nicht vielleicht Anhänger dieses Kults hier im Dorf sind. Der Professor schrieb nicht, dass sie sich im Gefängnis aufhalten - das wissen wir nicht -, sondern dass sie an diesem unheilvollen Gemäuer interessiert sind, wenn ich dich korrigieren darf", gab Dana, die aufmerksam gelesen hatte, zu bedenken.
"Ich halte es durchaus für möglich, dass sich die Totenbeschwörer", allein dieses Wort sprach sie aufgrund des Mobs, der ihnen gestern aufgelauert hatte, nur gedämpft aus,
"- oder zumindestens einer oder einige von ihnen - in Ravengro aufhalten. Ja, vielleicht sind sie sogar angesehene Bewohner des Ortes. Wir können es zumindest nicht ausschließen, Ichabod. Wir sollten uns zumindest zu Beginn etwas bedeckt halten und weiterhin so tun, als seien wir einfache Gäste Ravengros. Wenn wir also nun den Tempel aufsuchen, versuche, etwas diskret zu sein, und beginne nicht schon wieder Streit mit irgendjemandem", meinte sie mit einem Lächeln, dass ihn sowohl leicht tadelte, aber auch etwas Belustigung ausstrahlte. Sollten sie nun wieder auf die Alte mit dem trüben Auge treffen, könnte es durchaus sein, dass es wieder zu einer Diskussion kam. Aber Ichabod hatte sowieso eine Neigung dazu, sich durch sein Auftreten "Freunde" zu machen. Auf so manchen Gesprächspartner wirkte er mit seiner Art eingebildet.
"Wir sollten Vater Grimburrow und den Stadtrat anhalten, ebenso Stillschweigen über die Angelegenheit zu bewahren, wenn wir sie über die Lage informieren. Je unauffälliger sind, desto mehr Zeit verschaffen wir Kendra und uns - und desto größer sind unsere Erfolgschancen, Informationen zusammentragen zu können. - Was meint Ihr, Viktor?", involvierte Dana den Kleriker, der inzwischen bei ihnen angekommen war und einen guten Teil ihrer Worte mitbekommen haben dürfte.
Nebenbei sah sich die hübsche, dunkelhaarige Varisianerin nach dem ersten Ziel, dem Pharasmatempel, um. Tatsächlich hatte Dana diesen noch nicht zu Gesicht bekommen. Doch eigentlich dürfte dieser nicht schwer zu finden sein. Schließlich waren solche Ortschaften meist sehr ähnlich aufgebaut.
[1]"Ich würde sagen, wir müssen dort entlang", bestimmte Dana nach kurzer Orientierung. Sie war sich sicher, dass sie den Tempel etwas außerhalb der Ansiedlung zu finden würden, und machte Anstalten, voranzugehen.