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Autor Thema: Geisterstadt  (Gelesen 94250 mal)

Beschreibung: Episode 1.2

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Areo

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Geisterstadt
« Antwort #45 am: 03.04.2014, 19:05:26 »
Als Gelirion, gemeinsam mit dem Halbork den Raum verließ, blickte Areo kurz von Radjeshas Unterricht auf. Dabei realisierte er zum ersten Mal das reichhaltige Angebot an zubereitetem Essen, welches über den gesamten Tisch verteilt nur darauf wartete, gegessen zu werden.
Er muss es wohl für eine Einbildung obgleich seines schmerzenden Hungergefühls gehalten haben, welches seit Eintreffen in dieser Stadt stark anhielt, als er das Zimmer betreten hatte. Grundsätzlich aßen die Elfen des Westens selten Fleisch und wenn, dann ausschließlich vom Gehörnten selbst gesegnetes Wild. Deshalb griff er instinktiv zu mehreren Schöpfern klarer Suppe und bröckelte, nicht ohne Radjesha zuzulächeln, eine Scheibe Brot hinein. Doch gerade in dem Augenblick, als er den ersten Löffel Brühe zum Mund führen wollte, fiel ihm etwas Entscheidendes ein.
So legte er das Besteck behutsam zurück auf die Serviette und griff nach einem großen Brocken Fleisch, von welchem er eine dicke Scheibe abschnitt. Er wusste nicht eindeutig, was der Rest der Anwesenden davon halten würde.. Weshalb er die nächsten Handgriffe so unauffällig wie möglich ausführte.
Langsam nahm er das Fleisch in die Hand und ließ es über die Tischkante wandern, um es unterhalb seines Stuhles los zulassen. Bevor er seine Finger lösen konnte, spürte er bereits die wohlbekannte, feuchte Berührung einer vertrauten Nase.
Ain schnappte sich den Brocken und legte sich noch an Ort und Stelle zu Boden, um die Vorderpfoten darum zu schlagen und genüsslich zu kauen.

Zweifellos musste zumindest Radjesha gesehen haben, was passiert war. Areo hoffte auf Verständnis und lächelte ihr erneut zu, bevor er sich endlich über die Suppe stürzen konnte.

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #46 am: 03.04.2014, 19:35:55 »
Radjesha beschäftigte sich die Hälfte der Zeit mit dem Essen, die andere Hälfte damit, Areo ihr Wissen nahe zu bringen. Sie erklärte auch den anderen am Tisch, was sie tat, und erklärte, dass sie gerne auch jedem anderen die Zeichensprache beibringen wollte.

Iana und ihr Sohn Timeroth saßen schweigend am Tisch. Timeroth aß hungrig von dem guten Essen, Iana allerdings schaffte kaum mehr, als in ihrem Essen zu stochern. Man sah ihr an, dass sie vermutlich die ganze Nacht geweint hatte.

Die beiden Benrae-Schwestern, Mia und Kendra, machten einen ähnlichen Eindruck. Der Schock der Nachricht vom Tod ihrer Schwester hatte sie zutiefst erschüttert, und erst allmählich schienen die beiden zu begreifen, in was für einer Welt sie plötzlich lebten.

Von den Anderen wussten noch nicht alle, was am letzten Abend noch alles geschehen war. Esulilde etwa hatte weder von Cederons Tod noch von dem Lynettes etwas mitbekommen. Auch die beiden Kinder, Ryffa und Omrah, wussten noch nichts davon.

Timbar war die nächtliche Wache deutlich anzusehen, seine Augen waren rot geädert, und er hatte Mühe, sich wach zu halten. Gleichzeitig schien er sich größte Mühe zu geben, aufmerksam auf alle Anwesenden zu achten.[1]

Katarina, die wohl am besten gekleidete Person am Tisch, nahm sich nur eine kleine Portion von der Suppe und ein Stück Fleisch, von dem sie aber nur einmal abbiss. Sie verzog ihr Gesicht und legte es dann an den Rand ihres Tellers.

Mentaru, der alte, stadtkundige Mann aus Schnüfflers Gruppe, setzte sich gegenüber Rhamedes hin. Er lächelte ihm zu. "Ich hätte gedacht, dass bei einem solchen Ereignis vor allem die Jungen überleben. Und doch sitzen wir hier, drei alte Männer, und kauen mit klapprigen Gebissen unser Essen."
Nur kurz warf er einen Blick auf den Mann mit der Augenbinde, und sah dann wieder zu Rhamedes.

Die beiden Brüder Lyberan und Semerok setzten sich zueinander. Semerok sah sich in der Runde um, schien etwas sagen zu wollen, traute sich aber im ersten Moment nicht recht. Schließlich gab er sich einen Ruck. "Gibt... gibt es hier einen Heiler in der Runde? Jemand, der sich mal meine Wunden ansehen kann? Ich möchte nicht, dass sie sich entzünden."
 1. Wer auf Timbar achtet, kann einen Sense Motive-Wurf gegen SG 20 machen, um mehr herauszufinden.
« Letzte Änderung: 03.04.2014, 19:38:23 von Sternenblut »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Esulilde Ziberadi

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Geisterstadt
« Antwort #47 am: 04.04.2014, 09:18:06 »
Esulilde war mit den anderen Schwestern gemeinsam zum Frühstück erschienen. Stumm nahm sie die Nachricht auf, dass Lynette gestorben war. Ebenso Stumm aß sie ihr Mahl.

Eine Bewegung, welche die Geweihte nur aus den Augenwinkeln wahrnahm, ließ sie aufblicken.
Ihr Herz schien für einen kurzen Möment auszusetzen, ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Dieser Mann - sie kannte ihn zu gut. Eigentlich hatte sie erwartet, ihn nicht mehr wieder zu sehen - und schon gar nicht in menschlicher Gestalt.
Es war tatsächlich Vater Udeon, neben Esulilde einer der wenigen Überlebenden, der die Untoten auf seine Seite gezogen und sich selbst in einen von ihnen verwandelt hatte. "Lauf, kleine Priesterin" hallte es in Esulildes Kopf wieder. Esulildes Herz begann so schnell zu schlagen wie in diesem Moment dieser schicksalhaften Nacht. Würde sich Udeon in der Nacht erneut in dieses Monster verwandeln? Führte er in diesem Moment eine weitere Horde lebender Toter zum Angriff auf dieses Sanatorium, auch wenn er gerade in aller Seelenruhe speiste? Dann wären sie alle dem Tod geweiht, auch wenn Aguas die Hand über manche der Menschen hier zu halten schien.
Esulilde nahm sich vor, Udeon im Auge zu behalten, um vielleicht seine wahren Absichten zu erfahren - auch wenn es für sie bedeuten mochte, dass sie erneut seiner Untoten Gestalt gegenüberstehen musste. In diesem Fall mochte sie zwar auf diese Fähigkeit Udeons vorbereitet sein, doch war sie sich sicher, dass der alte Priester noch eine ganze Menge weiterer schrecklicher Fähigkeiten von Aguas verliehen bekommen hatte.

Schnüffler

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Geisterstadt
« Antwort #48 am: 04.04.2014, 13:36:52 »
Gelirions Reaktion löste mehrere Gedanken in Schnüffler aus. Zufrieden registrierte er, dass der Halbelf noch kampffähig war und beinahe auf ihn losgegangen wäre. Darauf würde man aufbauen können. Schnüffler wollte seinen Tatendrang und seine Wut. Als er dies gesehen hatte, hatte er einen vagen Plan mit dem Halbelfen gefasst. Aber das weitere Gespräch machte ihm auch deutlich, dass der Halbelf seine Haltung noch nicht durchhalten konnte. Daher wollte Schnüffler ihn noch mehr provozieren - und das Schicksal der Schwester gab den Weg vor.

Zweitens nahm Schnüffler mit einem gewissen Stolz auf, dass Gelirion einen Anführer in ihm erkannte. Genau das wollte er auch: Er wollte aus dem traurigen Haufen im Speisesaal eine verschworrene Gruppe machen, die diese Katastrophe in eine neue Zukunft wenden würden. Es würde noch einige Verluste kosten, aber es bot sich die Möglichkeit eine ganz neue Gesellschaft zu schaffen.

Und drittens erkannte Schnüffler die Bedeutung von dem, was Gelirion ihm über die Seuche gesagt hatte. Sofort kam ihm der Bruder in den Sinn, der eine Wunde am Arm favon getragen hatte. Schnüffler beschloss, dass er sich sofort ihm Anschluss an das Gespräch damit befassen musste. Aber zunächst ging es um den Halbelfen.

Schnüffler versuchte also, sich nichts von seinen Gedanken anmerken zu lassen und die Spannung zu erhalten. Er wischte gleichsam mit der Hand die Worte des Halbelfen aus der Luft. "Gelirion, Du hast noch überhaupt nichts verstanden. Ich bin überzeugt, dass die Götter auch noch in dieser Katastrophe auf uns heruntersehen. Der Schicksalfaden Deiner Schwester musste abreißen und Du solltest am Leben bleiben. So haben es die Götter entschieden. Sie haben entschieden, dass Du mit diesem Schicksal zurechtkommen wirst. Sie verlangen von Dir, dass Du Dein Schicksal in die Hand nehmen und es in eine neue Zukunft wenden musst."

Schnüffler machte noch eine Pause, weil er dem Folgenden noch mehr Gewicht geben wollte. "Es liegt in Deiner Entscheidung, wie Du mit Deinem Schicksal umgehen willst. Du kannst es annehmen und den Schmerz und die Wut in etwas wandeln, was dem Andenken Deiner Schwester dient. Oder Du kannst weiter rumheulen und somit den Göttern zeigen, dass sie sich geirrt haben. Wenn es letzteres ist, dann gib mir jetzt Deinen Säbel - denn ich habe noch etwas vor in dieser Welt."[1]
 1. Habe noch einmal auf Intimidate geworfen, um eine Einschätzung zu bekommen, wie viel Druck Schnüffler in seine Worte legen kann. Ist aber nur eine +8 geworden.
« Letzte Änderung: 04.04.2014, 14:54:00 von Schnüffler »
"Die Grausamkeit der meisten Menschen ist Phantasielosigkeit, und ihre Brutalität Ignoranz."
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Gelirion

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Geisterstadt
« Antwort #49 am: 04.04.2014, 16:48:28 »
Die Augen von Gelirion wurden größer. Wie konnte es dieser Fremde wagen. Er sollte also nichts verstanden haben, nichts vom Willen der Götter. Das seine Schwester sterben musste. Wie konnte er nur. Innerlich brodelte Gelirion. Böse funkelte er den Halbork an. Seine Schwester musste also steren, Ebenso Cederon, Sheriak und die drei Wachen. Sie mussten also alle sterben und das auch noch durch seine Hand. Am liebsten hätte der Paladin, kaum das Schnüffler fertig war, ihm mit der Faust gezeigt was sein musste. Die Muskeln seines Gesichtes zucken leicht, während er sich zügelte. Der Halbork, keiner kannte ihn. Er brauchte sich von ihnen keine Moralpredigt anhören lassen und schon gar nicht über das Schicksaal. Schließlich war seine Göttin die, welche die Fäden in der Hand hielt. Er hatte schon etliche Male Predigten über das Schicksaal gehört.

Tatsächlich schaffte er es sich zurück zu halten und nicht stumm vor dem Halbork zu stehen. „Schicksaal, noch etwas vor in dieser Welt. He.“ seine Stimme war gespielt ruhig. „Ja Ceriva ist bei denen die nicht aufgeben. Das stimmt aber rede nicht über das Schicksaal anderer die du nicht kennst. Aber gut, du hast also noch etwas vor in dieser Welt. Freud es dich, dass so viele gestorben sind, das Chaos herschst? Was willst du machen. Mit meinem Säbel vor das Tor schreiten und kämpfen? Was willst du machen wenn einer deiner Freunde der Seuche erliegt? Wirst du bereit sein dein Schicksaal zu akzeptieren. Den Säbel in die Hand nehmen und ihnen die letzte Gnade erweisen, zum Wohle aller? Oder willst du nur das Beste für dich aus der Sache schlagen? Dein Schicksaal ergreifen wo es doch jetzt so formbar ist. Zeigen das du Stark bist und alle anderen Schwach? Mh, vielleicht habe ich mich geirrt mit Anführer. Denn ein Anführer denkt an das Wohl aller. Es ist nicht alles rosig. Es gibt Entscheidungen zu fällen und auch dafür bereit zu sein, etwas zu tun was man nicht will. Aber gut, ich kann nur mutmaßen. Sag was hasst du vor in dieser Welt? Mein Ziel kennst du, es wäre nur gerecht wenn ich auch deine kenne.“ Das er dabei in die Du-Form gewechselt war, war Gelirion nicht aufgefallen. Er stand weiter gestrafft vor dem Halbork. So schien es wohl auch für diesen, als haben seine Worte kaum etwas gebracht. Er wahr wohl nicht hart genug zu ihm.

Schnüffler

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Geisterstadt
« Antwort #50 am: 04.04.2014, 20:33:06 »
Das Gespräch heizte sich auf. Schnüffler hatte in Gelirion nun endlich den festen Kern gefunden, den er gesucht hatte. Gleichzeitig verlor Schnüffler aber auch an Oberwasser. Gelirions Anschuldigungen trafen den Halbork tief. Er hatte nicht vermutet, dass er in dieser Hinsicht so verletzlich war. Er konnte nicht anders als seinerseits mit dieser Ärgerlichkeit zu reagieren, die nicht fähig war zu Tricks und Lügereien, sondern nur noch zur Wahrheit. „Und ob ich über das Schicksal von denen rede, die ich nicht kenne. Denn das Schicksal von den Leuten, die hier in dem Sanatorium sind, ist auch mein Schicksal.“, sagte er laut.

Ich erzähl Dir jetzt mal was. Du redest hier herum von den schweren Entscheidungen und den Verlusten, die Du hast hinnehmen müssen. Ich frage Dich aber, was verflucht noch einmal schlimmer ist: alles verloren zu haben oder nie etwas gehabt zu haben? Ich habe kein schönes Zuhause gehabt, ich hatte keine wohlwollenden Menschen um mich herum, ich war Zeit meines Lebens entweder verstoßen, geschlagen oder eingesperrt. Ich bin beschimpft, erpresst und bespuckt worden. Ich habe wie eine Ratte gelebt und mich von den Abfällen der Gesellschaft ernährt. Und wenn Du mich verdammt noch mal fragst, was ich in dieser Welt vorhabe, dann sage ich Dir, dass ich mich nicht auf den Boden setzen und rumheulen werde, wie böse und gemein die Welt doch ist.
Was ich für diese Welt will, ist, dass sich diese gottverfluchte Geschichte nicht wiederholt. Ich will nicht noch einmal, dass sich hier ein kleines Kind durch die Slums drücken muss, um irgendwo einen Kanten Brot von einem der Verkaufstische zu stehlen, bis es in der ganzen Stadt bekannt und verhasst ist. Ich will, dass die wenigen Leute in dieser einmaligen Situation wieder den Geschmack bekommen von echter, lebendiger Gemeinschaft.
Und ich will den feisten Aristokraten ihr Maul stopfen für ihre Hartherzigkeit und ihre Ausbeutung. Aber nicht mit dem Schwert, sondern indem sich zeigt, dass es anders möglich ist. Das würde mich so tief befriedigen und meine ganze Geschichte hätte einen Sinn gehabt. Das ist es, was ich vorhabe mit der Welt.
“, endete Schnüffler vor Aufregung tief schnaubend. Er wurde nur langsam wieder ruhiger.

Wir werden uns nicht ewig hier im Sanatorium verschanzen können. Die Vorräte werden bald zu Neige gehen und das Wasser wird knapp. Schon morgen wird es nur noch die Suppe geben, ohne das Fleisch. Und dann komt der Tag, wo wir die Stadt erkunden müssen. Ich will Deinen Säbel dabei haben. Wenn da Dein Arm dran hängt, umso besser.“, endete Schnüffler.
« Letzte Änderung: 06.04.2014, 01:31:22 von Schnüffler »
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Esulilde Ziberadi

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Geisterstadt
« Antwort #51 am: 05.04.2014, 16:54:53 »
Udeon war hier... Doch zu welchem Zweck? Wollte er Bewohner des Sanatoriums auf Aguas' Seite ziehen, so wie Esulilde es mit Cederons Frau versuchte?
Vielleicht hatte sein Auftauchen auch keine weitere Bedeutung, ihr Herr hätte ihr bestimmt ihren ersten prophetischen Traum geschickt, wenn eine größere bedeutung in seinem Auftauchen gelegen hätte.
Doch ihr Herr hatte ihr auch nicht in ihren Meditationen und stummen Gebeten in der Kirche gezeigt, dass diese Mauern fallen und ihre Brüder und Schwestern den Tod finden würden.

Die Gedanken der Priesterin schweiften in die Ferne... wann würde Aguas ihr gewähren, Blicke in die Zukunft zu erhaschen?
Vor ihrem inneren Auge spielte sich eine erneute Szene aus der Vergangenheit ab: In dunkler Nacht lief Esulilde durch das Haus, um noch ein wenig Wasser zu trinken. Dann vernahm sie das prasseln des Kamins. Leise schlich sie sich zum Kaminzimmer und öffnete die angelehnte Tür einen Spalt breit. Das Fenster im Kaminzimmer war einen Spalt geöffnet. Vor dem flackenden Feuer erkannte sie ihre Mutter, in die Schwarze Priesterinnenrobe gehüllt, unbewegt dasitzen. War dies ihre Art zu meditieren? Gerade wollte sie wieder umkehren, dann hörte sie die Stimme ihrer Mutter - Doch gleichzeitig klang sie fremdartig, als würde eine andere Person sprechen. Esulilde stand wie gelähmt am Türspalt - sollte sie in den Raum stürmen und die Fremde Person niederschlagen? Sollte sie in die Nacht fliehen?
"Wenn die Sonne sinkt, verlängern sich die Schatten" erklang die fremdartige Stimme. Für den Bruchteil einer Sekunde war Esulilde wie zu Eis erstarrt als ihr die Stimme durch Mark und Bein fuhr. Ihre Mutter zuckte zusammen, kippte ein Stück nach vorne, fing den Fall mit ihren Händen ab. dann drehte sie sich um, erkannte Esulilde und zuckte erneut, dieses mal vor Schreck, zusammen. Doch dann erhob sie sich, ging auf Esulilde zu und legte die Arme sanft um sie. "Verzeih mir, Esulilde, ich hatte wohl die Tür nicht richtig verschlossen, sie muss sich durch einen Windhauch geöffnet haben. Du musst keine Angst vor dem haben, was du gehört und gesehen hast. Ich habe unseren Herrn gebeten, mir einen Blick auf das, was kommen wird, zu gewähren. Und er hat mir nicht nur Dinge gezeigt, sondern auch von Dingen erzählt. Dafür ist es nötig, dass ich ihm als sein Gefäß diene, damit er eine Stimme erhält." Esulildes Angst wich bei den Worten ihrer Mutter aus ihrem Gesicht. Ihre Mutter streichelte sie, während sie mit Esulilde zum Tisch in der Küche, auf dem der Wasserkrug stand, ging. "Alle Gläubigen Aguas' lernen, ihn um Visionen und Einblicke in die Zukunft zu bitten, ganz gleich ob Kleriker oder Prediger. Auch du wirst es lernen, wenn die Zeit gekommen ist.", erzählte ihre Mutter ruhig, während sie einen Tonbecher mit Wasser füllte. "Sieh, dieser Tonbecher ist das Gefäß für das Wasser, so wie ich von Zeit zu zeit das gefäß für meinen Herrn bin. Unser Herr füllte mich mit seiner Gegenwart, so wie ich diesen Becher mit Wasser fülle."Sie gab Esulilde den Becher, welche daraus trank. "Geh nun wieder zu Bett", sagte Esulildes Mutter, nachdem Esulilde den Becher geleert hatte. "Du wirst bestimmt gut schlafen, den Aguas hat mir gesagt, dass wir bald einen weiteren Schlag gegen Elendra und ihre Gefolgsleute führen werden." Bei diesen Worten huschte ein Grinsen über das Gesicht der Mutter und auch Esulildes Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln.
 
Die Szene verblasste und Esulilde starrte auf Ihr Trinkgefäß vor ihr, während sie wieder in die Wirklichkeit zurückkehrte.
« Letzte Änderung: 06.04.2014, 09:27:56 von Esulilde Ziberadi »

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #52 am: 05.04.2014, 17:07:12 »
Während alle, mit Ausnahme von Gelirion und Schnüffler, essend (oder zumindest im Essen herumstochernd) am Tisch saßen, begann Khoon zu sprechen. "Ich möchte noch ein paar Worte sagen. Um euch erst einmal zu beruhigen, unsere Vorräte werden noch lange reichen. Unser Brunnen wird von einem unterirdischen Fluß gespeist, wir werden also immer genug zu trinken haben. Und unten im Hof, inmitten der Wirtschaftsgebäude, finden sich auch kleine Gärten, und sogar einige Ziegen, die uns mit Milch versorgen. Verhungern werden wir so schnell nicht."

Dann wurde er ernster. "Trotzdem werden wir uns nicht für alle Zeiten hier verstecken können. Es wird der Tag kommen, an dem wir etwas brauchen, das wir nicht vorrätig haben. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Aber das ist nicht alles." Während er weiter sprach, wanderten seine Augen von einem zum anderen. Er schien die Reaktionen jedes Einzelnen genau zu beobachten. "Hier im Sanatorium sind noch viele weitere Seelen gefangen. Die Insassen dieses Hauses müssen von uns versorgt werden. Sie brauchen Nahrung, Wasser, aber auch Zuwendung. Früher gab es ein Dutzend Heiler und über fünfzig Wachen, die sich dieser Aufgaben angenommen haben. Davon sind nur noch Timbar und ich hier."

Er legte eine kurze Pause ein, und faltete seine Hände vor sich auf dem Tisch zusammen. "Wir werden eure Hilfe brauchen."
« Letzte Änderung: 05.04.2014, 19:25:25 von Sternenblut »
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Gelirion

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Geisterstadt
« Antwort #53 am: 06.04.2014, 21:14:45 »
Gelirion lachte kehlig. Die Ehrlichkeit von Schnüffler hatte ihn überrascht. Er hatte eher eine Lüge erwartet oder Scheinheiligkeit aber das, das war etwas anderes. Schnüffler schien das genaue Gegenteil von ihm zu sein und denn noch einen guten Kern zu haben, denn sonst würde er nicht versuchen die Welt, diese Stadt zu ändern.

„Jeder Weg ist anders. So ist es nun mal.“ begann Gelirion in einen deutlich lockeren Ton zu sprechen. „Sprich das nächste mal nicht so über meine Schwester. Sie …“ Er brach ab und atmete tief ein und aus. „Egal, es ist meine Last und du hast deine. Respektiere dies Bitte. So wie ich es respektieren werde, dass du diese Stadt verändern möchtest. Soll die Zeit den Weg zeigen. Was meinen Säbel angeht und meinen Arm, den brauchst du nicht vordern. Zum Schutz der Anderen hatte ich eh vor ihn einzusetzen.“ Wieder blickte er den Halbork von oben bis unten an. Er hatte sich innerlich auch so weit es ging wieder beruhigt. „Aber, du wirst etwas zum kämpfen brauchen. So wie auch die anderen. Ohne jetzt zu wissen ob es hier eine Waffenkammer gibt oder nicht, mit genug Eisen, einem heißen Feuer und einem guten Hammer werde ich wohl die ein oder andere Waffe herstellen können. Mal sehen. Doch eines sollte geklärt sein bevor wie den Raum verlassen, werden wir unsere Schützlinge zusammen legen und wenn ja wer von uns beiden wird das letzte Wort haben?“ Er ließ die Frage im Raum stehen und wartete auf die Antwort von Schnüffler.

Rhamedes

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Geisterstadt
« Antwort #54 am: 06.04.2014, 21:16:20 »
Der alte Mann hatte sich nur etwas Suppe genommen und genau wie Areo etwas Brot hineingebröckelt, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen. Rhamedes Gebiss ließ eine andere Form der Ernährung nur schwerlich zu. Er vermisste den Geschmack des Fleisches jedoch nicht, schließlich hatte er in seinem Leben nie Geld für viel Fleisch gehabt. In manchen Dörfer hat er als junger Mann mal alte Schafe und deren Innereien probieren dürfen oder gelernt, wie er sich an die fleischlichen Abfälle heranmachte, an die sich die wenigsten trauten. Ein Auskochen der Nieren oder weicher Euter. Da Rhamedes aber nur ein sehr schlechter Koch war, konnte er auf diese Experimente verzichten.

Rhamedes ging es etwas besser als er jetzt warme Suppe aß und er wurde erst wieder lebendiger als Mentaru ihn ansprach. Rhamedes lächelte bei dem Spruch mit den klapprigen Gebissen und entblößte die wenigen Zähne, die ihm geblieben waren. "So ist das wohl. Aber manche Alte sind zäh geworden vom Leben oder sie sind zu stur zum Sterben.", sagte er mit einer gewissen Anerkennung in der Stimme und dem Lispeln der Zahnlosigkeit. Alt werden war sowieso eine Herausforderung, wenn man nicht gerade einer reichen Familie angehörte und genügend Chancen hatte, sich mit Heilkundlern zu umgeben. Rhamedes erinnerte sich an die vielen, kalten Winter, in denen er immer nahe am Tode weilte oder an Tagen der Dürre, als jeder Schluck Wasser zu teuer für einen Bettelmann wurde. Als armer Mann alt zu werden, das war wahrlich eine Herausforderung, jedoch mutmaßte der alte Augenarzt, dass in diesen Tagen das Überleben für jedes Alter gleich schwer war und blickte zu Omrah. Die Jungen würde das Privileg des Leben dennoch mehr verdienen, denn sie hatten es noch vor sich. Eigentlich wollte er noch mehr dazu sagen, doch dann begann Khoon zu sprechen.

Es waren gute Nachrichten. Sie waren nicht unter Zeitdruck, es würde ihnen etwas Zeit verschaffen. Rhamedes lehnte sich zurück und gönnte sich einen tiefen Atemzug, der sowas wie Erleichterung mitschwingen ließ. Sicher, die Sorgen blieben, er wusste nicht, wie lange er durchhalten konnte. Aber sie konnten sich erst einmal sammeln. Nachdem Khoon gesprochen hatte, mühte sich dazu, nach seinem Gehstock zu greifen und aufzustehen.
"Ich, Rhamedes M'Quarah, kann euch mit den Kranken und Gesunden gleichermaßen behilflich sein. Ich bin ein bescheidener Mann der unmagischen, der klassischen Heilkunde. Vielleicht kann euch meine Erfahrung von Nutzem sein." Dann setzte sich Rhamedes wieder. Wenn Khoon der Heiler des Sanatoriums war, konnte Rhamedes einen Teil der Verantwortung wieder abgeben. Das gefiel ihm außerordentlich gut. Er hatte sich kurz vorgestellt, jetzt wusste jeder, wer er war. Es war ein bewusster Zug. Vielleicht kannte jemand seinen Familiennamen und würde darauf reagieren. Dass er alt war, sahen sowieso alle. Mehr Vorstellung war nicht nötig. Rhamedes lächelte Mentaru nochmal an und dann widmete er sich wieder dem inzwischen aufgeweichten Brot in seiner Suppe.

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #55 am: 06.04.2014, 21:44:50 »
Es war die Frau im prachtvollen, rosaroten Kleid, die sich als nächste erhob. Ihre langen roten Locken wallten bis weit über ihren Rücken. "Mein Name ist Katarina. Ich bin keine Heilerin und auch in den gewöhnlichen Arbeiten nicht sonderlich bewandert, aber was ich anbieten kann, ist mein Wissen. Ich kam in die Stadt als Forscherin, ging alten Mythen und Legenden nach. Manche davon verweisen auf Schätze, Schätze, die nicht immer nur materieller Natur sind. Ich kenne den Aufenthaltsort oder zumindest den Weg dorthin von verschiedenen Artefakten, welche sich in einer Notlage wie der unseren sicherlich als hilfreich erweisen können."

Dann sah sie zu dem Mädchen neben sich, einer Elfin, die sie schüchtern ansah. "Mein Mündel allerdings kann bei den gröberen Arbeiten helfen, wenn es nötig ist. Ihr Name ist Enla."

Nach ihr erhob sich Mentaru. "Auch ich kann mein Wissen anbieten. Meine Gefährten auf dem Weg hierher wissen es bereits, ich habe profunde Kenntnisse über die Anlagen der Stadt. Es gibt keine Straße, keine Gasse, keinen Seitenweg, den ich nicht kenne - und das betrifft die allgemein benutzten ebenso wie die eher unbekannten unterhalb der Stadt. Auf diesen Wegen konnten wir den meisten der untoten Horden ausweichen, und auf diesen Wegen sollten auch weitere Expeditionen in die Stadt geplant werden."
« Letzte Änderung: 06.04.2014, 21:45:05 von Sternenblut »
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Schnüffler

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Geisterstadt
« Antwort #56 am: 06.04.2014, 22:41:10 »
Schnüffler hatte nicht vorgehabt, sich so zu exponieren. Und er hatte auch eine ganz andere Reaktion von dem Halbelfen erwartet. Sein Lachen verwirrte ihn, aber was er sagte hatte irgendwie etwas versöhnliches. "Ich dachte immer, man müsste sich erst auf die Fresse hauen, bevor man eine Kumpelei anfangen kann. Was soll's? Wird noch kommen...", dachte er und zeigte ein verschobenes Grinsen.

Er spuckte in seine Handfläche und hielt sie Gelirion zum Handschlag hin. "Mein Name ist Schnüffler... und mein Schutzheiliger ist Hektor.", fügte er zögerlich hinzu. "Ich bin kein Soldat und ich bevorzuge eher einen guten Bogen als ein Schwert. Ich führe die Gruppe durch die Stadt, im offenen Kampf hast Du das Kommando. Die Rotznasen bleiben hier im Sanatorium, wo sie in Sicherheit sind. Was hast Du denn gedacht? Jetzt komm, meine Suppe wird kalt."
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Gelirion

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« Antwort #57 am: 07.04.2014, 07:35:29 »
Ohne groß zu zögern tat Gelirion es Schnüffler gleich. Er spuckte in seine Hand und schlug ein. Ein einfacher Handschlag hätte für den Halbelfen zwar auch gereicht aber ablehnen konnte er auch nicht. „So sei es.“ sagte er dabei und stellte sich auch noch einmal richtig vor „Ich bin Gelirion, ein Paladin von Ceriva. Schwert und Schild sind meine erste Wahl und die erste Reihe mein Platz. Ich kann die, die es wollen an meinem Wissen über den Kampf und andere Dinge teil haben lassen. Lass uns aber wirklich gehen. Sonst denken die anderen noch seltsame Dinge.“ Damit wendete er sich um und ging zur Tür. Das vor dem Kopf stoßen von Schnüffler hatte ihm wohl gut getan aber wenn der Halbork es wohl öfter machen würde, würde er wirklich noch zu einer Rauferei kommen.
Gelirion verließ den Waschraum und begab sich zurück auf seinen Platz neben Areo.

Schnüffler

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Geisterstadt
« Antwort #58 am: 07.04.2014, 10:17:18 »
Auch Schnüffler kehrte in den Speisesaal zurück. Er hatte den Plan, mit dem Aguas-Priester zu sprechen. Als ihm auffiel, dass hier gerade so etwas wie eine Lagebesprechung stattfand, setzte er sich aber wieder auf seinen Platz neben der Rotznase. "Kannst Du mich kurz aufklären, worum es gerade geht?", fragte er sein Gegenüber und machte sich dann über Fleisch her. Er schien nicht gewöhnt, mit einer Gabel umzugehen, und stellte sich etwas ungeschickt an.
« Letzte Änderung: 07.04.2014, 10:17:45 von Schnüffler »
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Areo

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Geisterstadt
« Antwort #59 am: 08.04.2014, 21:23:10 »
Erleichtert registrierte Areo, dass sowohl Gelirion, als auch der Halbork wohlauf zurück an den Tisch gekommen waren. Scheinbar kannten sich die beiden bereits geraume Zeit, oder hatten diesen einen, privaten Moment dazu genutzt, sich kennen zu lernen... Der Druide hielt letzteres für wahrscheinlicher. Er vermutete, dass es sich bei dem Halbork um den Kopf der zweiten Gruppe handelte. Somit lag es in der Natur eines Anführers, dem Gegenüber die Grenzen aufzuweisen, um bewusst jegliche Gefahr frühzeitig zu erkennen und reagieren zu können, bevor die eigene Autorität in den Hintergrund gedrängt würde.
Froh darüber, dass diese Konfrontation wohl gefahrlos verlaufen war, suchte er kurz den Augenkontakt mit Gelirion, um ihn mit einem freundlichen Nicken das Gefühl zu geben, dass er hinter seinen Entscheidungen stehen würde, bevor er sich erneut dem Unterricht Radjeshas zu wandte.
Als sich der Halbork, Radjesha nannte ihn 'Schnüffler', erneut über das Fleisch stürzte, unterbrach er die Frau mit den schönen Locken mit einer Handbewegung und begann damit, die ersten Lektionen in die Tat umzusetzen. Mit wenigen, ausschweifenden Gesten 'sprach' er : Ich bin Areo. Sag ihnen das, bitte.
Lächelnd schüttelte er den Kopf und nahm die Feder auf. Er benetzte sie kurz mit frischer Tinte und schrieb: 'Bitte, sag ihnen auch, dass ich helfen werde, wo Hilfe gebraucht wird. Ich werde mich anstrengen, so gut ich kann.'

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