Das war der komplizierte Teil - so genau wusste sie selbst nicht worum es ging. Belanar hatte gesagt er brauchte Hilfe und ehlfen würde sie ihm; wenn auch nicht ausschließlich aus selbstlosen Motiven.
"In den Tiefen ist der Stadt ist es in letzter Zeit immer wieder zu Zwischenfällen gekommen; Zwischenfällen, die zu einer Störung der Abläufe insgesamt führen könnten." Etwas besseres konnte sie kaum bieten, und das war schon mit Vermutungen aufgefüllt.
Für Kedok hatte sie eine kleine Ansprache, also wandte sie sich ihr zu, in der Hoffnung, dass diese überhaupt die Sprache verstand: "Es mag so sein, dass die Reichen sich nicht groß um das Schicksal der kleinen Leute kümmern, doch die Stadt ist ein großes, komplexes System. Einzelne Störungen können mühelos kompensiert werden und auch wenn ein ganzer Turm einbricht funktioniert die Stadt weiter. Aber wenn auf den unteren Ebenen etwas grundsätzlich schief läuft betrifft das früher oder später alle. Sharn ist ein Wesen, ein lebender Organismus, wenn man so will, und es braucht Hilfe."
"Ich stelle eine Gruppe von Abenteurern zusammen, die eine weite Bandbreite unterschiedlicher Fähigkeiten, Perspektiven und eine ganz erhebliche Schlagkraft mitbringen um gegen jenes Geschwür in den Tiefen unserer Stadt vorzugehen. Ihr wurdet mir von Informanten empfohlen, die sich für eure Vertrauenswürdigkeit und Fähigkeiten verbürgen."
Sie machte ein kleine Kunstpause lächelte und tastete schon einmal hörbar nach ihrem Geldbeutel. "100 Goldstücke - 50 sowie ihr einwilligt, 50 wenn wir am Treffpunkt ankommen. Für jeden, selbstverständlich. Zuzüglich eines gleichen Anteils an der Beute, die wir möglicherweise machen und Belohnungen die wir möglicherweise einstreichen." Sie stapelte zwei mal fünfzig Goldstücke vor sich auf und reichte jedem der beiden ein Papier. "Morgen abend geht es los; wir haben einen Treffpunkt im Labyrinth. Ich selbst komme auch mit. Was sagt ihr?"
Puh. Das war nicht ihr schlechtestes Verkaufsgespräch gewesen. "Wollt ihr vielleicht etwas anderes zu trinken?" fügte sie noch an Kedok gerichtet hinzu. Sie versteckte ihre Anspannung, indem sie betont gelassen ihr Kleid zurechtzupfte und sie dann freundlich anschaute. Doch Teleron flatterte immer wieder nervös mit den Flügen.
Früher am selben Tag:
Sharea wandelte durch Shae Lias und war, wie bei den wenigen Malen, die sie zuvor hier gewesen war, von Ehrfurcht erfüllt. Alles hier war ein künstlerisches Meisterwerk, jeder Stein, jede Rille, jeder Bogen und jede Tür. Nicht alles war vulgär und erdrückend, wie es dem menschlichen Verständnis von Schönheit oft entsprach. Vieles wirkte auf den ersten Blick schlicht und war doch, wenn man es genauer betrachtet, sorgsam ausgewählt und gefügt. Und mochte es nur die Maserung einer Tür sein, die sich in einem merkwürdigen Einklang mit der Steinen auf dem Platz befand.
Khoravar waren empfindlicher als alle anderen Arten für diese Kunst der Elfen - sie kamen ihnen nahe genug um es zu sehen, aber völlig begreifen, geschweige denn nachahmen, konnten sie sie nicht.
Alles um sie herum war von einer unheimlichen Ruhe, als würde die Zeit vollkommen stillstehen. Selbst einem Lachen aus einer Gruppe "junger" Elfinnen, die wahrscheinlich gerade so alt waren, wie Sharea zu werden hoffen konnte, haftete diese Ruhe an.
Anders als die Menschen, die all das gar nicht begriffen, versuchte sie also nicht die Elfen um sie herum zu imitieren, denn sie wusste, dass sie das nicht konnte. Dafür hatte sie eine geradlinige Wildheit, Instinkt, die sie in Einklang mit der natürlichen Eleganz, die sie von ihren elfischen Vorfahren geerbt hatte, brachte. "Ich bin der Sturm." dachte sie. Ein Kunstwerk, das so wundervoll war, wie eine lebende, atmende Khoravar, vermochte auch ein Elf nicht zu schaffen. Ebensowenig das Drachenmal auf ihrem Rücken. Sie konnte auch Elfen mit ihrem Charm beeindrucken, sofern sie natürlich blieb; was allerdings aufgrund der Vielfalt der Eindrücke nicht so ganz einfach war.
Als sie einen Meditationsgarten durchschritt und einer der Passanten sie direkt anblickte erkundigte sie sich also nach der Bardin Tutari Silberklaue. Schweigend wies der Elf ihr den Weg. Es dauerte eine Weile und sie ging noch über den einen oder anderen Balkon, doch schließlich fand sie Tutari beim musizieren auf einem offenen Platz, der zur einen Seite weit ins Freie geöffnet war. Zu dieser Tageszeit war der Platz im Turm hell erleuchtet. Nein, auch die Elfen konnten ein Geschöpf wie sie selbst nicht vollständig nachahmen. Aber offensichtlich konnten sie es besser. Die Elfe war von einer solch unglaublichen Schönheit, das Shareas Ohrenspitzen vor Neid zu glühen anfingen. Dennoch ging sie unbeirrt auf sie zu - ihre Leidenschaft war schließlich ihre Stärke.
Teleron, ihr Falke, flog von ihrer Schulter und landete auf einem perfekten Aussichtspunkt auf einer Steinskulptur. Trotz der Abwesenheit von Mäusen, Ratten oder Tauben, die er jagen konnte, fühlte er sich sehr wohl hier, wie Sharea deutlich durch die empathische Verbindung spüren konnte.
Für einige Augenblicke lauschte sie Tutaris Spiel, bis sie sicher war, dass sie bemerkt worden war. Dann fragte sie auf elfisch: "Guten Tag... Tutari Silberklaue? Verzeiht die Störung, ich würde euch gerne für eine Ermittlung anwerben. Meine Name ist Sharea d'Lyrandar. Wäret ihr gewillt mich anzuhören? Es soll euer Schaden nicht sein." Wenn sie sich unter Elfen "Weiße Dame" nannte würde sie sich doch nur lächerlich machen. Aber nicht einmal ein Elf konnte sich über Drachenmale erheben.