"Verräter?" entfuhr es Alaric.
"Ich habe noch nie jemanden verraten und der, der mich verriet, kam nicht aus Niewinter. Lord Nasher ist ein ehrenwerter Mann."Diese Worte waren in kalter Wut gesprochen—Verrat war wohl das eine Wort, das Alaric bis ins Mark treffen konnte—doch dann besann er sich. Schließlich wusste er kaum etwas über dieses Bündnis, außer wer es wann geschlossen hatte. Spätere Fürsten konnten Velkums Abmachungen mit Füßen getreten haben. Höchstwahrscheinlich hatten sie es, denn so waren Menschen nun einmal. Die Betitelung mochte also gerechtfertigt sein. Andererseits: Echsen waren auch nicht besser. Am Ende ist es immer nur eine Frage: wer kommt als erster auf die Idee, den anderen zu verraten.
"In der Geschichte gibt es viele Verräter, Sssazzar. Niewinter hat sogar eine besondere Grabstätte für die schlimmsten von ihnen, mögen sie auf alle Zeit verflucht sein. Als spiritueller Anführer sprecht Ihr für Eure Ahnen. Ich als einfacher Mönch dagegen kann mich nur für meinen jetzigen Fürst verbürgen. Mitsprache im Kriegsrat von Niewinter klingt nach einer angemessenen, sogar einer sehr guten Idee."Die lächerliche Forderung nach einem magischen Gürtel pro Echsenkrieger übergeht er kommentarlos. Sie kann nicht ernst gemeint gewesen sein. Das war reine Provokation. Während Alaric noch überlegte, ob er erwähnen sollte, dass seine Gefährten gerade verhindert hatten, dass die ganze Gegend hier für Mensch und Echsenmensch unbewohnbar würde, da mischte sich Bär schon ein. Was er sagte—außer, dass er das mit den Gürteln ernstgenommen hatte—fasste die Situation viel besser zusammen, als Alaric es gekonnt hätte. Dankbarkeit für vergangene Taten zu erwarten ließ den Hilfesuchenden meist vergeblich warten; nein, man musste demjenigen zeigen, welche Vorteile er in Gegenwart oder naher Zukunft erwarten durfte.
Alaric öffnete den Mund, um noch etwas hinzuzufügen, da passierten zwei Dinge gleichzeitig: ein grässliches Zischen und Schaben wie von etwas sehr großem drang aus Richtung der Felsen. Erddämon, hungrig noch dazu, so erklärte der Schamane. Doch diese Worte drangen schon nur noch wie aus weiter Ferne an Alarics Ohr. Denn er war plötzlich nicht mehr dort, wo er gerade noch gestanden war.
Es war kalt. Das fiel ihm als erstes auf. Es war so kalt, dass sein Gesicht in wenigen Augenblicken taub vor Kälte war und die Zähne schmerzten.
Er war allein. Es war nebelig, viel nebeliger als im Sumpf. Seine Beine verschwanden im Nebel; die Knie konnte er gerade noch erahnen. Ob sich unter seinen Füßen überhaupt Boden befand, konnte er nicht sagen: es fühlte sich irgendwie zu weich an. Er wagte keinen Schritt. Lichter tanzten im Nebel, mal nah, mal fern. Das Wispern, das er hörte, waren sie das?
Und dann sah er Bilder im Nebel. Auch die Stimmen wurden lauter, oder war es eine einzige Stimme? Kam sie ihm gar bekannt vor?
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