Der Junge Barde schloss derweilen die Augen. Für einen Moment hielt sein Atem an und erst nachdem er das Gesicht leicht knurrend verzog atmete er weiter. Es war für ihn mehr als widerlich. Abraham hatte sicher Recht. Als Städter hatte er keine Ahnung über alles außerhalb der Mauern. Sicher auch nicht über vieles in den Mauern aber er sich jetzt in diesem Moment so zu streiten. Diese Helden waren schlimmer als so manche Diven im Theater.
Langsam schritt er an Lavinia. Er zeigte dabei keine Regung, sagte sogar nichts. Erst neben der mechanischen Spinne, welcher er höchst interessiert beobachtet hatte, blieb er stehen. Er schloss noch einmal die Augen. Immer noch pochte die Wunde leicht, aber dank dem Zauber von Irene war es viel erträglicher geworden. Auch fühlte er, wie sein Körper immer noch leicht zitterte, vor Kälte und Angst. Es waren eindeutig nicht die besten Begebenheiten jetzt zu Singen. Aber er spürte einfach das Verlangen danach.
[1] Mit gespitzten Lippen pfiff er die ersten Töne, welche sich zu einer schweren traurigen Melodie fügten. Als bald übernahm seine Stimme in einer der älteren menschlichen Sprachen die Melodie.
„Vårvindar friska, leka och viska, lunderna kring, likt älskande par. Beim weiter singen senkte er das Schwert und so auch das Licht gen Boden. Seine junge helle Stimme schallte durch das Grab und die Gänge, leicht geschmälert vom Versuch nicht allzu laut zu werden. Die Anderen mochten die Sprache nicht verstehen, doch dem ein oder anderen war das Lied sicher bekannt. Auch wenn diese uralte Form des Textes nur selten gesungen wurde. Am Ende des Liedes, wechselte der junge Barde in die Allgemeinsprache. Der Klang, die Melodie des Liedes änderte sich dabei nicht.
„Weiden im Wind, die Nacht ist erwacht, Jäh heult ein Wolf sein Lied in die Nacht! Asche ist auf die uralten Steine Wie weißer Staub geweht! Grausam und schrecklich, fast unerträglich, Zeigt sich die Nacht im Schwarzenbach! Ältester Glaube unserer Ahnen Längst noch nicht tot, Hier spürst du ihn noch!“ Den letzten Satz betonte er am Ende besonders stark. Ein leichter Schauer ging dabei durch seinen Körper so eingesungen hatte er sich gerade. Dann, nach einer Pause die die letzten Klänge verhallen ließen wendete er sich um.
„Wir sind nicht zuhause. Weder in einer Stadt noch außerhalb von sicheren Mauern.“ seine Stimme schwang noch immer mit Trauer in der schwere des Liedes. Dies ließ seine Worte sehr ruhig, fast andächtig klingen.
„Alles ist fremd. Jeder Schritt ist einer ins ungewisse. Wer uns führt? Mir ist es gleich. Ich will nach Hause. In einem Stück und wir haben nicht alle Zeit der Welt um hier ewig Wissen und nicht wissen zu diskutieren. Wir sind hier Wort wörtlich zusammen ins kalte Wasser geschmissen worden und müssen zusammen hier wieder raus. Nur so kann jeder von uns überleben. Dann alleine Enden wir so wie diese Armen.“ er deutete mit dem Schwert hinter sich, einige der bleichen Gebeine leuchteten dabei förmlich auf.
„Lavinia hat recht, dass wir uns für eine Gruppe eigentlich besser kennen müssten. Unsere Stärken und unsere Schwächen. Aber ich glaube kaum, dass wir im Moment bereit wären uns Fremden zu öffnen.“ Schwer ließ er den Blick über die Anderen gleiten.
„Ich sehe aber zwei starke Helden die ein jeder ihren Weg gefunden haben. Eine junge Frau mit einem Bären die durchaus weiß, was eine spitze Zunge ist und wohl so manch ein Schloss öffnen kann. Und ich sehe zu guter Letzt zwei vom kleinen Volk die gewitzt die Tat ergreifen.“ Bei der Aufzählung seiner Eindrücke ließ er natürlich die schlechteren Eigenschafften und seine nicht Sympathien heraus. Schließlich wollte er Frieden stiften und kein neues Feuer sehen.
„Leider muss dies jetzt reichen. Also lasst uns gemeinsam gehen. Schließlich kann keiner wirklich alleine überleben und hier. Hier können wir selbst zusammen uns weder verstecken, noch überleben. Allein den Weg nach Hause zu finden, das ist unsere einzige Hoffnung.“ Mit den letzten Worten blickte er jeden Einzelnen wieder an. Für geübte war ersichtlich, dass er gerade sehr viel Angst hatte, dass er sich am liebsten verkriechen oder wegrennen würde.
Wieder wendete er sich um. Er wollte hier nicht verrotten wie diese Armen toten, also musste es weiter gehen.