Nur kurz unterhielt sich die kleine Gruppe noch über Belanglosigkeiten, dann entschloss man sich, zur Akademie aufzubrechen. Aria, die die Stadt am besten kannte, führte die Gefährten durch die bereits erwachten Straßen der Hauptstadt.
"Seht mal!" deutete sie nach oben. Dort, am Himmel über Terendol, zeichneten sich ein halbes Dutzend ungewöhnlicher Figuren ab: Hölzerne Konstrukte, Schiffen ähnlich, aber schmaler und länger. Über der Holzkonstruktion befand sich ein gut doppelt so großes, weißes Objekt, das an eine aufgeblähte Muschel erinnerte, und das mit Seilen oder Drähten mit dem unteren Schiff verbunden war. Obwohl diese fliegenden Objekte nicht ganz den Bildern entsprachen, die Harry und Jurij kannten, war ihnen klar, womit sie es zu tun hatten: Luftschiffe.
Sie flogen so hoch, dass man auf den Schiffen zwar noch Personen erkennen konnte, aber nur noch als sich bewegende Schemen. Die beiden kleinsten der Luftschiffe mussten etwa dreißig oder vierzig Meter lang sein, drei mittlere Schiffe waren geschätzte hundertundfünfzig Meter lang. Das größte jedoch schwebte wie ein göttlicher Koloss über den anderen: Fünfhundert Meter oder mehr maß der Riese, und warf einen gewaltigen Schatten über die Stadt Terendol.
"Seltsam", setzte die junge Priesterin an. "Die Luftmarine macht zwar regelmäßig Übungen, aber doch nicht hier."
Doch so faszinierend der Anblick der von Menschenhand (nun ja, und vermutlich von Halblings- und Orkhand) geschaffenen Flugmaschinen auch war, nach wenigen Momenten rissen sich die Gefährten wieder los und setzten den Weg in die Akademie fort.
Nach einiger Zeit hatten sie das Tempeldörfle hinter sich gelassen, durchquerten das Gassendörfle (bekannt für die vielen kleinen Gassen mit Geschäften für allerlei Schönes und Kurioses, sowie die hervorragenden Konditoreien, von denen manche sich rühmten, früher den König beliefert zu haben), und kamen schließlich ins Philosophendörfle, in dem auch die Akademie lag. Dieser Stadtteil, immer noch Teil des Palastviertels wie das Tempeldörfle, zeichnete sich vor allem durch hohe Türme und große, wuchtige Bibliotheken und andere Bildungseinrichtungen aus, die sehr deutlich versuchten, sich mit Erhabenheit und Tradition zu schmücken.
Vor einem solchen Gebäude blieb Aria schließlich stehen: Ein Gebäude, das man auch für das Schloss eines Adeligen hätte halten können, vierzig Meter in der Breite, vier Stockwerke hoch. Über den Eingangstoren prangte in goldenen Lettern der Leitspruch: "Freies Wissen für ein freies Volk"
Zahlreiche Fenster ließen Licht in das Innere des Gebäudes, und neben jedem Fenster befand sich, wie Aria erklärte, die Statue eines oder einer Gelehrten, die von einem der früheren Könige ausgezeichnet worden waren. Wie Wächter über das Wissen eines ganzes Landes standen sie dort, auf den kleinen Sockeln an der Außenmauer angebracht, und hielten Bücher, Schriftrollen oder irgendwelche Instrumente, stets mit erhabenem Blick. Doch über alledem, auf dem Dach der Akademie und genau über dem Eingangstor, ragte eine ganz andere Gestalt empor: Klauenbewehrt, mit gewaltigen Flügen, die sich gerade ausbreiteten, mit wachsamem Blick über die Stadt - eine Drachenstatue, sechs Meter hoch von den Klauen bis zum erhobenen, reißzahnbewehrten Kopf.
"Das stellt Maezrithleinicon dar, einen echten silbernen Drachen, der vor achthundert Jahren König Robban dazu brachte, die Akademie ins Leben zu rufen. Das sagen zumindest die Geschichtsbücher, und auch mein Urgroßvater hat darauf bestanden, dass die Geschichte wahr sei. Er meinte immer, der alte Drache würde noch immer leben, und irgendwo aus der Ferne über Terendol wachen."
In dem Moment kam ein Junge vorbei, gute zehn Jahre alt, in einfacher brauner Lederkleidung mit einer ebenfalls braunen Mütze auf dem Kopf, und einem Stapel Papiere in der Hand. "Meine Dame, meine Herren! Habt ihr es schon gehört? Prinz Naphan von Tarzis hat die Macht ergriffen! Lest alles dazu im Blatt des Tages! Nur eine Kupfermünze für euch!"