Die Raupe schluckt schwer und streicht dann mit ihrem vier Ärmchen ihre Jacke glatt. Dann räuspert sie sich, scheint sich wieder zu fangen und antwortet Xaxnus mit einem dankbaren Nicken.
"Ja, das ist es ganz sicher nicht. Aber ihr müsst verstehen, dass war mehr ein Spaß zwischen uns. Sie sagte, Liomonus, wenn mal etwas schief geht, kümmerst du dich darum. Dann habe ich mein Glas Wein auf sie erhoben und wir haben gelacht. Und nun? Nun tauche ich immer wie aus dem Nichts aus, wenn etwas passiert und muss dann zusehen, wie ich wieder zurück komme."
Die kleine Kreatur holt mit einem ihrer Ärmchen ihren Rucksack von der Schulter und holt mit einer anderen Hand eine kleine Flasche hervor, die sie mit zitternden Fingern entkorkt und dann einen tiefen Schluck nimmt; wobei ihre anderen beiden Armen immer noch wild zur Geschichte gestikulieren.
"Aber ihr wisst ja noch viel weniger und vielleicht kann ich da tatsächlich helfen. Alleine, dass ihr so viele seid, sollte eigentlich nicht sein und ihr sagt, einer von euch hätte sich aufgelöst? Das ist schlimm. Ich habe keine Ahnung, wie das geht, aber schlimm ist es ganz sicher. Was sie sich nur dabei gedacht hat.
Ich habe ihr immer gesagt, sie soll aufhören, mit mächtiger Magie herum zu spielen. Das macht man nicht. Schaut mich an. Ich war nur eine einfache Raupe und dann! Spielt sie mit Mächten herum, die sich nicht versteht, sing ein magisches Liedchen, schon kann ich sprechen, weiß was gestern und morgen ist und frage mich, ob mein Leben als Raupe erfüllt ist.
Schlimm, schlimm, schlimm.
Ich weiß nicht, wie viele Welten es gibt. Es sollte eine Art neues Zuhause sein. Weil sie alt wurde. Und Angst hatte, ihre geliebten Geschichten zu verlieren. Also hat sie sie zum Leben erweckt und jeder eine eigene Welt geschenkt. Dann noch eine für mich und eine für sie. Hat sie zumindest gesagt. Erst viel später habe ich erfahren, dass sie noch unzählige weitere erschaffen haben muss.
Anfangs haben wir uns noch oft gesehen. Sie kam mich dann in meinem Wald besuchen und wir sind zum See gegangen, haben im Gras gesessen und uns von den alten Zeiten erzählt. Irgendwann kam sie dann nicht mehr. Ich habe mir da keine Gedanken gemacht, sie war oft weg und Zeit ist eine merkwürdige Sache hier in diesen unwirklichen Welten.
Dann wurde ich eines Tages fortgerissen. War einfach plötzlich nicht mehr in meinem, sondern in einem anderen Wald. Kennt ihr die Geschichte von der Hexe und den beiden kleinen Kindern? Irgendein Krieger in einer schimmernden Rüstung ist irgendwie in diese Welt gelangt und hat sowohl die Hexe als auch die Kinder einfach umgebracht. Dann stand er inmitten der Leichen und wusste nicht weiter. Ich auch nicht. Wäre ich nicht schnell wieder verschwunden, hätte er mich wahrscheinlich auch umgebracht.
Sie hätte das nie erlaubt. Und das es trotzdem geschehen kann, heißt nur, dass irgendetwas passiert sein muss. Aber ich komme nicht mehr in ihre Welt. Und immer, wenn ich es versuche, lande ich sonstwo, was kein Spaß ist, denn viele Welten sind gefährlich. Verdammt gefährlich!"
Sie unterbricht ihren Redeschwall und schaut sich traurig um.
"Schaut euch doch nur hier um. Das war ihr Alptraum. Sie wollte ihn loswerden und hat ihn einfach hierher verbannt. Ich fürchte, damit müsst ihr nun fertig werden. Das hier ist das leere, weiße Blatt. Alles und nichts. Die Angst, nicht die ersten Worte zu fassen. Hier gibt es noch kein Schicksal und vielleicht wird es das auch nie geben. Hier muss etwas passieren, damit sich etwas ändert, aber ihr seht selbst, das es ein wenig am Rahmen mangelt."
Ihr müsst eure Geschichte fortschreiben.