Rogar verliert sich kurz in Gedanken, während er mit einer Hand den Anhänger um seinen Hals berührt. Das Zeichen der Gunst seiner Dame fühlt sich selbst durch den Handschuh rau an, so sehr ist der Schmuckstein mit Runen überzogen. Seit nun eineinhalb Wochen kommt er immer weiter von seinem ursprünglichen Auftrag ab und wird immer tiefer in komplizierte Ereignisse verwickelt. Aber er würde alles durchstehen, wie es sich für einen Dain gehört, und nicht vor Erfolg der Mission den Rückweg antreten. Mit leeren Händen darf er nicht zurückkehren, das würde seine Gilde, seine Familie und schlussendlich auch seine Dame entehren. Er hatte seine Glück kaum fassen können, überhaupt angenommen zu werden. Als alles wieder zur Ruhe und die Zukunft gesichert gewesen war, nahm er die nächste Mission für sein Volk an, die ihn möglicherweise viel weiter wegführen würde als die anderen.
Nun sitzt er hier und kämpft an der Seite von Menschen, diesem Jungvolk, auf dem so viele Hoffnungen ruhen. Bisher hatten sie sich nicht gerade bewährt. Zugegeben, er hatte ihnen auch wenig helfen können, aber sie schienen Wunschdenken ordentlicher Recherche vorzuziehen. "Wahrscheinlich, weil sie so jung sind und nicht alt werden können.", grummelt Rogar. Die unerklärlichen Phänomene, das seltsame Verhalten der anderen, die geringen Vorräte und der schlechte Umgang miteinander treiben sie nicht nur in eine schwierige, sondern in ihren Augen verzweifelte Lage. Er tut, was möglich ist, zu helfen, im Zweifel würde er es hundertmal eher schaffen, durchzukommen, als sie. Kampf, Tod und Wahnsinn sind im vertraut, und seine anerzogene Disziplin wappnete ihn wesentlich besser.
Die Neuankömmlinge, die er beobachtet hatte, haben sich eine Weile nach undurchsichtigem Muster verhalten. Sie schienen nichts von den Vorgängen zu wissen und nach dem Kampflärm und ihrem anschließenden Auftritt kompetenter, als es vermutet hätte. Oderhat er die Fähigkeiten der Mönche überschätzt? Wahrscheinlich hatte sich nur eine kleine Gruppe ihrer angenommen, sie ebenfalls unterschätzt, überlegt Rogar. Und nun dringen sie unten in ihren Turm ein. "Was haben die ein Glück, das der Schütze gestern aus dem Weg geräumt wurde, das hätte sonst ein Blutbad gegeben.", spekuliert er, "Um die Frauen hätte es mir allerdings Leid getan." Deren großer Anteil an der Gruppe überraschte ihn. Das er gestern auch einen Mann verloren hatte, berührt ihn weniger. "Er hatte seine Wahl getroffen."
Schließlich rafft er sich auf. Es war Zeit, zu handeln, oder sich zumindest die Option offen zu halten. "Kampflos lasse ich mich nicht niederringen. Die werden sehen, wie ein echter Zwerg zu kämpfen weiß.", denkt er grimmig und wendet sich von der Beobachterposition ab. "Fräulein Astrid, wenn ihr bitte so gütig wäret, die Wache hier oben wieder zu übernehmen und uns alle Entwicklungen auf dem Hof mitzuteilen?", fragt er auf dem Weg nach unten. "Es gibt eine Gruppe Neuankömmlinge, die gerade in unseren Turm eingedrungen sind, ich möchte sie gebührend empfangen. Wenn sich der Staub gelegt hat, seht, ob euch nun ein Weg freisteht." Auch wenn es eine Menschenfrau ist, weiß er sie doch lieber an der sichersten Stelle. "Bei der kurzen Lebensspanne lernen die nicht richtig kämpfen!", denkt er bedauernd über seine Mitmenschen, "Gleiche Anzahl Zwerge, und die wären keine Herausforderung."
Unten angekommen stößt er zwei weitere Menschen an: "Herr Ingolf und Herr Orren, wenn sie bitte so freundlich wären, mir an der Barrikade zur Hand zu gehen." In Wirklichkeit duldet er keinen Widerspruch und schleppt beide bemitleidenswerten Gestalten dorthin. Angekommen spricht er den Wachehaltenden leise an: "Herr Halfdan, Fräulein Astrid hat meinen Posten übernommen. Unten sind die Neuankömmlinge eingedrungen, von denen ich vorhin Mitteilung machte. Wir werden die Barrikade daran anpassen müssen. Ich bin nicht willens, die ganze Angelegenheit dem Zufall zu überlassen und eine Chance wie diese kommt so schnell nicht wieder. Wenn ich bitte meine Waffe haben könnte?" Er bekommt sie, und während er leise Anweisungen zur Anpassung der Barrikade erteilt, spannt er sie zu Ende und legt den nächsten Bolzen ein: "Der Erste in Reichweite wird eine tödliche Überraschung erleben. Mal sehen, wer es ist."
Als alles bereit ist schickt er Ingolf und Orren, Astrids Vater zu holen. Nachdem sie weg sind, flüstert Rogar zu Halfdan: "Wenn wir sie hören, warten wir drei Atemzüge, dann überraschen wir sie. Ich übernehme wieder den Sturm, ihr konzentriert euch darauf, die anderen zu koordinieren. Nutzt im Zweifel die Gelegenheit, raus zu kommen, das sie euch nicht kriegen." Rogar greift mit der freien Hand nach seinem Fläschchen, wobei er seinen Anhänger berührt. Er konnte seine Chancen gut einschätzen: "Ihr Vorväter, schenkt mir die Kraft, meine Aufgabe zu bewältigen und heißt mich Willkommen, sollte es zum Schlimmsten kommen."