Mit Mühe überreden Lîf und Freydis die drei Novizen also dazu, sich noch einmal
"Es dauert auch bestimmt nicht lange, dann gehen wir alle zusammen ins Dorf!" zu verstecken, was mit Tristans abermaliger Hilfe schnell in die Tat umgesetzt wird, worauf Abdo und Rogar das Turmzimmer wieder in den Zustand versetzen, in dem man es vorgefunden hat. Dann machen sich die Gefährten wieder auf den Weg. Dabei ist Abdo sicherlich nicht der einzige, dem die zusätzliche Verantwortung für zwei Kinder und einen jungen Burschen schwer auf dem Gemüt lastet.
Auf dem Rückweg zur westlichen Treppe achtet Rogar noch einmal sehr genau auf die Fenster und deren Lage im Verhältnis zum Pilgerturm jenseits des Hofes. Ja, der Schütze muss wohl einen Stock über ihnen gewesen sein, schlussfolgert der Zwerg. Er überredet darauf die anderen, dass man den zweiten Stock auch noch schnell durchforsten müsse, damit ihnen niemand in den Rücken fallen könne—wenn das Argument nichts nutzt, wäre er gar bereit, den vermissten Schwiegervater zu erwähnen, nach dessen Überresten er so bange Ausschau hält. Jedenfalls erhält er die Zustimmung und man späht auch kurz durch den zweiten Stock, der vom Grundriss dem ersten vollkommen gleicht, jedoch nur Gerümpel und leere Räume enthält. Ein Blick weiter die Treppe hinauf in den Hauptturm hinauf bietet denselben Anblick. Offenbar lebten zurzeit nur knapp halb so viele Mönche im Kloster wie Platz darin hätten. Abermals kein Hinweis auf Baldur oder sonst jemanden. Die Leiche des Armbrustschützen, den Rogar vor zwei Tagen erwischt hat, muss inzwischen fortgeschafft worden sein.
Und so geht es schließlich in den Keller hinab. Die Lampen, die am Vortag an der Wand brannten, als Bruder Edgar Lîf und Abdo die steilen Stufen hinabführte, sind dunkel. Lîf bleibt nichts anderes, als ein Licht zu zaubern, auch wenn man sich selbst dadurch wunderbar zum Ziel bietet. (Aber offenbar sehen diese Kreaturen ja im Dunkeln so gut wie im Hellen, also ist der Nachtteil vielleicht geringer als befürchtet.) Rogar und Aeryn wollen ein jeder die Vorhut übernehmen, da sie beide im Halbdunkel weiter und besser sehen als die Menschen; man einigt sich aber schnell auf Aeryn, da sie außerdem schleichen kann. Bei Abdo und Rogar wiederholt sich das Spiel: wer darf als zweites? (Der praktische Rogar vermerkt sich mental: sollte er länger mit dieser Gruppe unterwegs sein, sollte man eine Marschfolge festlegen, damit dies nicht jedes Mal neu ausgehandelt und entschieden werden muss.) Es folgen Freydis und Lîf, und Tristan sichert nach hinten.
Am Fuß der langen Treppe angekommen, führt Rogar sie denselben Weg wie Edgar zuvor, drei Abzweige und viele Türen ignorierend (diese allesamt aufgebrochen, die Räume dahinter verwüstet). Die Abzweige führen, so erklärt er: einer hinter den Wasserfall ("Da ist sonst nichts"), zwei in irgendwelche Krypten ("Da gibt es noch weniger zu sehen"). Der Gang wird immer abschüssiger und längst laufen sie über nackten Fels statt wie zunächst über Steinfliesen. Die Wände sind zwar noch gemauert, aber die Decke ist ebenfalls aus Fels oder Erdreich, von massiven Querstreben gestützt.
Endlich erreichen sie die Stelle, wo am Vortag Abdos und Lîfs Zweifel überwogen und Bruder Edgar darüber sein wahres Gesicht zeigen musste. Genau bis hierhin sind Rogar und Halfdan auch gekommen, als sie in jener Nacht, in der die falschen Mönche das Kloster übernahmen, erkunden wollten, was eigentlich los sei. Neben den Gefährten liegt eine offene Kammer voller Fässer: größtenteils Bierfässer, aber auch einige kleinere Fässer mit kostbarem Met, offenbar alle unversehrt. "Und dort hinter der nächsten Biegung liegt eine weitere Krypta, in der hat Bruder Wulfhart, der Infirmar, die sieben Leichen der Schüttelfrostpatienten bringen lassen. Dort haben wir sie in jener Nacht auch vorgefunden, allerdings nicht mehr so ganz in dem Zustand, in dem sie dort hingeschafft wurden..."
[1]Wird Rogar in der Kammer am Ende auch Baldurs Leiche finden? Ist überhaupt gewiss, dass der Schwiegervater hier im Kloster sein muss? Gut eine halbe Tagesreise von hier sind sie überfallen worden und Rogar, der zu dem Zeitpunkt unterwegs war, hat immer noch nicht herausgefunden, wer dahinter steckte, deshalb kann er sich bislang noch nicht erklären, wie Maduk hierher gelangt ist oder ob Baldur zwangsweise dasselbe Schicksal ereilt haben muss.
Von rechts um die Ecke ertönt außerdem ein Glucksen und Plätschern.