Jykel hatte zunächst etwas Mühe, zwischen den Körpern der Umstehenden hindurch einen genaueren Blick auf das Mädchen zu erhaschen, doch schließlich gelang es ihm doch, und er erkannte sofort, um wen es sich handelte. Es war die Tochter der Savars, einer Familie, die die Sicherheit der Siedlung gegen das gefährliche Leben draußen in der Wildnis eingetauscht hatte. Jykel selbst war ihnen das ein oder andere Mal zur Hand gegangen, als es darum ging, ihren Hof sturm- und winterfest zu machen. Sollte ihnen etwa etwas geschehen sein?
Unwahrscheinlich war dies nicht - nicht umsonst gab es nur wenige, die außerhalb der Siedlung sesshaft geworden waren.
Als Nyall dazu aufrief, einen Trupp zum Hof der Savars zusammenzustellen, war der Zwerg bereits wortlos in Richtung der Baustelle geeilt: Er hatte seine Axt zwar schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr benutzt, aber es war wohl sein Zwergenblut, das ihn dazu bewog, sie dennoch bei den meisten Gelegenheiten mitzuführen. Und so stand sie dann auch an eine Wand gelehnt und wartete nur darauf, dass ihr Meister kam und eine Verwendung für sie hatte.
Als Jykel so bewaffnet wieder zum Tor zurückkehrte, hatte sich bereits mehrere andere Freiwillige gefunden, die sich Nyall anschließen wollten: Sé war dabei, was ihn nicht verwunderte, die beiden Zwerge Brogar und Oldor, und außerdem ein Tiefling, von dem Jykel sich nicht erinnern konnte, ihn schon einmal gesehen zu haben. Es schien, als wären sie vollständig, denn von den anderen Anwesenden machte niemand mehr Anstalten, sich ihnen anzuschließen. "Drei Zwerge, ein Tiefling und eine Elfe verteidigen die Stadt der Menschen, welch Ironie." schoss es Jykel kurz durch den Kopf, doch ihm war klar, dass er den Menschen damit Umrecht tat. Er hatte die Bewohner der Siedlung kennengelernt und ins Herz geschlossen, und die meisten von ihnen würden nicht zögern, ihr Leben für die anderen einzusetzen.
Als der Zwerg nun mit der Zweihandaxt auf dem Rücken auf den Aufbruch wartete und einen weiteren Blick auf Mira erhaschte, spürte Jykel einen Anflug von Zorn tief in seinem Inneren - ein Gefühl, dass ihm Angst machte und das er nicht mehr erlebt hatte, seit er die Mine verlassen hatte. Es war kein gewöhnlicher Zorn, es war etwas ungleich mächtigeres, das das Potential hatte, ihn von innen zu zerfressen, wenn er nicht dagegen ankämpfte. Und Jykel hatte sich fest vorgenommen, es nicht noch einmal so weit kommen zu lassen wie damals, als er Grombur angegangen war und dabei beinahe den Verstand verloren hatte.
"Eins ... zwei ... drei ..." flüsterte er kaum hörbar für die anderen und atmete dabei mit tiefen, ruhigen Zügen ein und aus. Langsam zählte er so bis zehn, und spürte, wie seine Anspannung langsam von ihm abfiel. "Nicht heute." beschwor er sich selbst. "Nicht hier."
"Also los!" sagte er, als sie sich gemeinsam in Bewegung setzten, und blickte bang in die Richtung des Hofes, der noch längst nicht zu sehen war.