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Cave Idus Martias / Im Sog von Kabale und Blut
« am: 09.03.2014, 18:32:12 »Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c[1] - Mane - Hora Secunda - Tempel der Juno Lucina
Der Feiertag der Juno Lucina[2] war am ersten März begangen wurden. Die Matronalien[3] waren ein Fest, an dem den Neugeborenen, den Frauen und dem Licht gedacht wurde. Eine Fest mit wieder wachsender Popularität, welches mit festlichem Essen begangen wurde und noch vor zwei Jahren den Beginn des römischen Jahres bedeutete. Viel hatte sich in nur zwei Jahren geändert, nicht zuletzt das Jahr selbst, welches auf die Initiative Caesars[4] und unter einem Ausschuss unter Sosigenes aus Alexandria[5] verändert wurde, sodass nicht das Jahr mit dem März, sondern mit dem Januar begann. Freilich mochte es wenig am Alltag der Römer verändern, aber es hatte für die Geschichte sich einiges getan. Eine neue Zeitrechnung hatte begonnen, welche man einst den julianischen Kalender nennen würde[6]. Für manche Bürger jedoch hieß diese neue Zeitrechnung, dass sie sich ihrem Fatum[7] stellen mussten. Dass für sie eine Zeit des Aufstiegs, der Neuerung oder des Untergangs begann. Und es sind jene Gestalten, die wir in der späten Nachlese der Matronalien aufspüren, denen wir das erste Mal begegnen wollen.
Zugegebenermaßen hatten sie kaum etwas mit den Matronalien zu tun, zumindest nicht ihrer Planung und ihrer Durchführung. Sie waren allesamt fern der Organisation dieses Festes. Vielleicht hatten sie es selbst begangen, war es doch typisch, dass dieses Fest so begangen wurde, dass die Männer an diesen Tagen für die Gesundheit ihrer Frauen beteten und ihren Frauen Geschenken überreichten, während diese sich hübsch machten oder so kleideten, dass ihre Männer Lust hatten, in der Hoffnung an diesem Tage ein Kind des Lichts zu zeugen. Vielleicht beteten manche auch dafür, dass ihre Beziehungen und Ehen hielten, andere, dass eine Beziehung überhaupt es möglich wurde. Matronen ließen an diesem Tage ihre weiblichen Sklaven mit Wohltaten versorgen, Lämmer und anderes Vieh wurde zu Ehren der Juno geopfert. Es wurden Blumen der Liebe niedergelegt.
Wer ein Gespür für Symbolik hatte, mochte darüber nachdenken, warum das Fest der Liebe, wenn man es vereinfachen wollte, ausgerechnet am ersten Tag des Monats war, der dem Kriegsgott[8] gewidmet war. Krieg und Liebe war den Römern einfach sehr nahe, mochte man in vereinfachter Art mutmaßen. Doch warum Caesar es gegen einen Monat austauschen ließ, der einem Gott gehörte, dessen hauptsächliches Attribut das Doppelgesicht des Anfang und des Endes war[9], mochte sogar noch mehr Fragen über solche Symboliken aufstellen.
Was sich hier bereits in den Zeitrechnungen andeutete, war eine Frage nach neuer oder alter Ordnung und sie fand ihre Entsprechung in der Politik der Zeit. Während die einen sagten, dass man beim römischen Kalender[10] hätte bleiben sollen und das Jahr mit diesem immer als positiv empfunden Tag beginnen sollte, tauchte Caesar die Gedanken über das neue Jahr, ihrer Meinung nach, in einer Zwielicht über die Ungewissheit der Dinge, die dort dräuen mochten. Es war ein Kampf über die Gewissheit des Alten und die Ungewissheit des Neuen. In diesem Streit über den Kalender verbarg sich auch der Kampf der Republik[11] gegen die neue Diktatur auf Lebenszeit[12], die Caesar im Jahre 710 a.u.c. gewährt wurde.
Wer auch immer ihre Einladungen verfasst hatte, er hatte einen Sinn für Symbolik. Warum sonst hätte er sie im Monat des Mars in den Tempel der Juno Lucina geladen? Sie allen waren aus unterschiedlichen Gründen in den Tempel gekommen, wie verlangt zwei Stunden nach Sonnenaufgang[13]. Sie alle hatte eigentlich keine Chance, sich dieser Einladung zu widersetzen. Zumindest machte es Sinn, sich die Worte der einladenden Person zumindest einmal anzuhören. Sie hatte sich nicht offenbart und doch hatte sie unmissverständlich deutlich gemacht, was auf dem Spiel stand, die Karrieren, das freie Leben, oder gar das Leben der Betroffenen selbst. Wer auch immer es war, er oder sie wussten eine Menge über die Personen, die eingeladen wurden. Die Drohungen waren offen, auch wenn keine Quellen genannt wurden, keine zusätzlichen Informationen gegeben wurden. Wussten auch die anderen davon? Diese anderen Gäste, welche durch die gleiche Tür in den an diesem Morgen leeren Tempel[14] gingen?
Diese Gäste, sie waren nicht alle vom Schicksal Begünstigte, vielleicht war es gar niemand, der hier wahrlich begünstigt war. Wurden sie doch alle in seine so furchtbare Sache hineingezogen, die das Ende der römischen Republik endgültig besiegeln mochte. Aber was erzähle ich, jeder kennt die Geschichte selbst, um die es geht. Jeder kennt zumindest des Ende. Doch wer kann von sich behaupten, die Beginne zu kennen oder alle Beteiligten? Wer kann von sich behaupten, die Gründe zu kennen und die Geschehnisse miterlebt zu haben? Die Zeugen sind längst verstorben und doch wollen wir uns in die Perspektive jener begeben, die dort damals gewirkt haben dürften, um uns nahe an das Gefühl der Geschehnisse zu bringen.
Und so dreht sich diese Geschichte um Aurelia Lucia Licinia, Titus Flavius Nobilior, Lucius Varius Rufus, Lucius Licinius Guirmean, Gaius Sempronius Gracchus und nicht zuletzt um Gaius Iulius Caesar.
Sie alle - bis auf Caesar - stehen an diesem Morgen in dem ungewöhnlich kahlen Tempel der Juno Lucina auf dem Esquilin[15]. Viele der Schnittblumen sind bereits verwelkt und der Geruch trockener Blumen und geronnen Blutes lag schwer lichtdurchfluteten Tempel, mit seinem weißen, an den meisten Stellen nackten Stein, der so hell und leicht schien, um das Gefühl des Lichtes in der leeren Halle noch zu verstärken, das Licht war blendend an diesem Morgen. Die Wände wurden von einem Fries[16] geziert, welches diverse Abbildung der Geburt oder diverse Blumenniederlegungen und Blumen selbst zeigte. Symbolisierte Sonnen strahlten vom Fries herab auf den ganzen Tempel, doch ansonsten war der Großraum leer. Sie war als wären sie für diesen Moment alleine, unter sich. Ein letztes Mal, ehe sie in einen Sog von Kabale und Blut gerieten.
1. | ab urbe condita - Der aktuelle Tag wäre aufgelöst der 13. März 44 v. Chr. |
2. | Lucina |
3. | Matronalien |
4. | Gaius Iulius Caesar |
5. | Sosigenes aus Alexandria |
6. | Kalenderreform des Gaius Iulius Caesar |
7. | Schicksal |
8. | Mars |
9. | Ianus |
10. | Römischer Kalender |
11. | Römische Republik |
12. | Römischer Diktator - Caesar hält diese Position bereits zu Beginn unseres Spiels. Es ist seine vierte Ernennung zum Diktator. |
13. | Temporale Stunden bzw. Roman Timekeeping |
14. | Römische Tempel |
15. | Esquilin |
16. | Fries |