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« am: 18.07.2008, 03:21:39 »
Joanne verbringt noch einige Minuten in Tales Umarmung auf dem windigen Deck; dann löst sie sich vorsichtig vom jungen Mann und bedenkt die Worte des Kapitäns mit einem höflichen, aber trockenen Nicken. Von der heuchlerischen Darbietung des Halbelfen hält sie nicht viel, hält es aber auch für äußerst töricht, die Lage aufzuheizen, nachdem eine tödliche Gefahr nur knapp überstanden wurde.
Die Edelfrau ergreift eine Hand ihres Liebsten und schaut ihm in die Augen, eine stumme Bitte, mitzukommen. Als erstes geht es zum einsam an der Reling lehnenden Sarelo. "Herr Professor?," spricht die Studentin den Elfen an, "vielen Dank. Ohne Euch hätten wir es nicht geschafft, die Lyrian zu retten. Ohne Euren Rat hätten wir sicherlich früher oder später einen fatalen Fehler gemacht," dankt sie, im Gegensatz zu Deniel, völlig ehrlich. Als sie den Gelehrten genauer ansieht, bemerkt sie eine Träne in seinem Augenwinkel glänzen. "Alles in Ordnung mit Euch, Herr Professor? Ich möchte Euch nicht zu nahe treten, verzeiht. Ich bin auch lediglich eine Studentin, die frühestens nächstes Jahr mit ihrem Abschluss rechnen darf, aber... bitte fühlt Euch frei, mich zu fragen, wenn ich Euch irgendwie helfen kann. Wenn Ihr uns nun entschuldigen würdet," verabschiedet sich die Adlige und geht zusammen mit Talen herunter aufs Hauptdeck, wo die beiden bereits von der Schar der erreteten Passagiere erwartet werden.
"Dankt nicht uns, dankt der gnädigen und gestrengen Heerschar, die uns geleitet hat," möchte sie bescheiden klingen. Die Gaben, die den Helden des Tages angeboten werden, schlägt sie allerdings nicht aus, sondern nimmt sie dankend und mit manierlicher Verneigung an. Den Musikstein betrachtet die Theologin eine Weile lang nachdenklich; sie hat das Gefühl, dass dieses kleine Ding ihr zu einem teuren Erinnerungsstück werden wird. Mit einem Blick zum schönen Cyrer an ihrer Seite, malt sie sich auf einmal aus, wie die beiden einige Jahre später einander in den Armen liegen und sich an diese schicksalhafte Nacht erinnern würden.
Einander in den Armen liegen - danach sehnt sich Joanne allerdings auch in diesem Augenblick. Eine schreckliche Gefahr hat die beiden Liebenden aus der langersehnten Zweisamkeit gerissen, sie um Wohl und Leben des jeweils anderen bangen lassen. Nun, da sie die Bedrohung mit vereinten Kräften, mithilfe mutiger und aufopferungsvoller Gefährten und vor allem mit göttlicher Unterstützung beseitigt haben, verlangt es die Morgrave-Gelehrte nach Trost, Sanftheit und Nähe ihres Liebsten.
"Du hast doch nichts dagegen, wenn wir diesmal lieber meine bescheidene Kajüte aufsuchen?," fragt die junge Frau mit einem charmanten Lächeln und drückt Talens Hand etwas fester. Gemeinsam steigen die beiden unter Deck und durchschreiten den Kabinentrakt der lädierten Galeone. Die Spuren des vergangenen Schreckens sind noch allgegenwärtig, und die Miene der Götterdienerin verfinstert sich etwas, bis die Verliebten schließlich ihr Quartier erreichen.
Darinnen erwartet Talen ein sauber aufgeräumter Schreibtisch, mit ordentlich gestapelten Büchern auf der linken Seite und wegen der Erschütterungen umgekipptem, aber zum Glück verschlossenem Tintenfass auf der rechten. Das Bett sieht ebenso ordentlich aus, und der Reiserucksack der Studentin ist nicht zu sehen - den hat sie nämlich im Schrank verstaut.
Mit unbewußter Geste richtet die Aundairerin das Tintenfass und widmet sich daraufhin voll und ganz der Liebe ihres Lebens. In einem leidenschaftlichen Kuss presst sie die Lippen an die seinen und schmiegt sich fest an seinen Körper - zuckt dann aber vor Schmerz zusammen. "Verzeih. Die Verletzung, ist wohl noch nicht verheilt," begegnet sie Talens besorgtem Blick, "aber es ist nichts Gefährliches. Hilf mir bitte, die Wunden zu behandeln," klingt Joanne auf einmal geheimnisvoll und kokett.
Die Adelstochter knöpft, mit immer röter werdenden Wangen, die Sutane auf, streift sie ab und wirft sie über die Lehne des Stuhls vor dem Schreibtisch. Mithilfe ihres Geliebten entledigt sie sich auch des miederartigen Lederpanzers und des Hemdes, und als seine Hände ihr vorsichtig und liebkosend aus dem Unterhemd helfen, verspürt die junge Lady kaum noch Schmerz, dafür immer mehr wallende Lust.
Dennoch kann sie die Blutergüsse, die ihre glatte Haut verunstalten und von mehreren nur kurz zurückliegenden Rippenbrüchen künden, nicht leugnen. "Bitte, sei vorsichtig," ermahnt die Theologin Talen. "Aber nicht zu vorsichtig," wirft sie sinnlich den Kopf in den Nacken und lässt sich willig in Richtung Bett lenken. Mit zärtlichen Bewegungen und Handgriffen hilft sie dem innig geliebten Mann, die Kleidung loszuwerden und zieht auch die eigenen Stiefel und Beinkleider aus.
Haut an Haut, Mund an Mund, liegen Talen und Joanne eng beieinander, spüren sich gegenseitig. Die Wärme, die ihre Herzen rasen lässt und ihr Blut zum Kochen bringt. Die Erleichterung und den Dank, allen höheren Mächten, dafür, dass sie einander in dieser grausamen Nacht nicht verloren haben. Die Lust, die ihre Geister berauscht und vernebelt. Die Liebe, die niemals enden soll.
So geschwächt und verausgabt die Gelehrte nach den Kämpfen und Strapazen schien, umso mehr verwundert die unbändige Leidenschaft, die sie Talen entgegenbringt, die unerschöpfliche Kraft, die sie ihrerseits in das phantastische Liebesspiel legt. Trotz der Verletzungen vermag die junge Frau jede Faser ihres schlanken Körpers anzuspannen, für jedes Quäntchen Lust und Extase ihrem Liebsten mit Wendigkeit und Liebkosungen zu danken. Die Zungen der beiden Verliebten verflechten sich immer wieder im wilden, schamlosen Tanz, gleiten hie und da über ihre vor Schweiß glänzenden Leiber.
"Talen, ich liebe dich so sehr! Nur dich!," entfährt es der ein wenig heiser gewordenen Kehle Joannes, als die höchste Welle der Lust sie in Talens Armen den Syberis spüren lässt. Mit umeinander geschlungenen Armen kommen die ausgetobten Liebenden nach langen Glasen zur Ruhe und lassen ihre liebestrunkenen Seelen langsam nach Dal Quor gleiten.
Das Bullauge flutet die kleine Kajute bereits mit grellem Morgenlicht, als die Aundairerin die Augen aufschlägt. Die Erinnerungen an gestern - das unerwartete Wiedersehen mit Talen, seine flammende Leidenschaft, dann, der Angriff der grotesken Monstren, der Kampf auf dem Deck, der Wahnsinn des Elementars, Aerins und Bollwerks Opfer, Talens mutiger Einsatz am Steuerrad, die Rettung... die himmlische Nacht daraufhin - prasseln in ihren erwachenden Verstand ein und lassen sie zunächst verwirrt, dann verzückt dreinschauen.
Liebevoll streicht sie dem hübschen, tapferen Mann an ihrer Seite über die Wange, den Nacken, den Rücken und beugt sich vor, um seine Wange mit den Lippen zu berühren. Schließlich schlüpft sie vorsichtig, um Talen nicht zu wecken, aus dem Bett, zieht von unter dem Bett einen leeren Badezuber. Bevor Wasser hinein kommt, wickelt die Frau ein Handtuch um den noch immer schmerzenden Leib, kniet sich dem Licht entgegen hin, faltet die Hände und beginnt zu beten. Sie dankt der Heerschar, die furchtbare Nacht zusammen mit ihrem Geliebten überlebt zu haben, auch dafür, dass viele, wenn auch bei weitem nicht alle, der Vassalen auf dem Schiff vor einem grausamen Ende bewahrt wurden. Sie bittet die Götter, auch am neuen Tag ihre Gunst auf sie und Talen herabscheinen zu lassen, und fleht bescheiden um spirituelle Inspiration, um den Tag mit göttlicher Hilfe bestreiten zu dürfen, Wunder in ihrem Namen zu wirken.
Als dies getätigt ist, blättert Joanne in einem der Bücher, die sie auf dem Tisch liegen hat. Kurz darauf beugt sie sich über dem leeren Zuber, hält die Handflächen darüber und raunt: "Arawai, Mutter der Fruchtbarkeit, Spenderin des Regens, schenke deiner Dienerin frisches Wasser, rein wie das Herz einer Liebenden." Tropfen für Tropfen fällt wirklich ein kleiner 'Regen' von den Händen der Betenden, gewinnt an Stärke und füllt anschließend das Behältnis. Zufrieden dankt die Aundairerin der Göttin und steigt hinein, um sich mit Seife zu waschen, dann abtrocknen und anzukleiden.
Auch um die Genesung ihrer inneren Blutungen bittet sie die Heiligen Neun, und als Talen ebenfalls aufwacht, erblickt er eine glücklich und unbeschwert lächelnde Joanne. Das Ankleiden verläuft nicht ohne einige 'Zwischenfälle', die der gelehrsamen Götterdienerin wohlige Schauer über den Rücken und durch den Körper rasen lassen.
Sobald auch der junge Mann ausgehfertig ist, begibt sich das Liebespaar an Deck - die Aundairerin trägt diesmal ihren mit der Feder eines seltenen Q'Barra-Vogels geschmückten Hut, wo es bereits erwartet wird. Das glückliche Lächeln verschwindet von den Wangen der Edelfrau, als sie die klobigen, tristen Holzsärge erblickt. Den Kopf geneigt, wartet sie die aufgesetzt wirkende Ansprache des Kapitäns ab und geht dann selbst die Kistenreihen ab, leise für die Toten betend.
Die Andacht zu halten, stimmt sie ohne Bedenken zu - dem arroganten Laien von einem Lyrandar diese heilige Aufgabe zu überlassen, befindet sie für Blasphemie. "Selbstverständlich, Sir, es wäre mir eine Ehre, diese traurige und bitter notwendige Pflicht erfüllen zu dürfen. Für den Dank des Hauses Lyrandar," greiftt die junge Lady das Thema 'Belohnung' auf, "wären wir Euch unsererseits zutiefst dankbar." Dass sie sich nicht minder um eine ehrliche Reuebekundung des Kapitäns freuen würde, erwähnt die Gelehrte der Höflichkeit halber nicht.