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« am: 19.04.2015, 20:25:33 »
Esulilde spitzte die Ohren, als erneut Geräusche an ihr Ohr drangen. Dieses Mal waren es Schritte, welche die Wendeltreppe herunterkamen.
"Wir bekommen Gesellschaft aus dem Obergschoss. Doch um wen oder was es sich handelt, wird sich erst Zeigen, wenn diejenigen, die herunterkommen, ihren Abstieg vollendet haben.", wandte sie sich an ihre umstehenden Begleiter.
Dann trat sie vorsichtig einige Schritte von der Treppe weg. Sie erinnerte sich an Katharinas Worte: Hatte jemand die Einwohner niedergemacht, um zu plündern? Waren die Plünderer zurückgekehrt um ihr Treiben fortzusetzen? Saßen Esulilde und ihre Verbündeten in einer Falle, eingekeilt zwischen einem unbekannten Gläubigen und jenen brutalen Plünderern? Oder waren weitere Untote auf dem Weg?
Erneut spürte sie, wie die Angst wie eine Welle über sie hereinzubrechen schien. Aguas, wandle meine Angst in Stärke schoss es ihr durch den Kopf, während ein Zittern durch ihren Leib fuhr.
Er steht nicht über den Dingen... genausowenig wie ich.
Früher hatte ich jene, die Angst hatten ausgelacht... zum Beispiel die fliehenden Priesterinnen Elendras.
Und nach langer Zeit im Dienste meines Herrn bin ich in der Gemeinschaft aufgestiegen, was mir gewisse Vorrechte eingebracht hat. Es hatte mich in gewisser Weise auf einen Trohn gehoben, mich selbst von jenen Brüdern und Schwestern ein kleines Stück entrückt, deren Rang unter dem meinen lag. Und in der Zeit auf jenem Trohn war die Angst vielleicht gerade Mal ein Rauschen in der Ferne geworden.
Doch in jener Nacht sind fast alle Hierarchien zerbrochen. Das leise Rauschen der Angst ist zu einem tosenden Meer geworden, das mich von meinem Trohn gespült hat. Ich habe in dieser Nacht die Angst wieder am eigenen Leib gespürt. Wie soll man weiterhin über etwas stehen, das nun ständig um einen ist, aus jeder Ecke hervorkommen kann, dennoch ungreifbar ist und sich weder durch Worte verjagen noch durch Waffen oder Magie bekämpfen lässt?
Doch ich werde nicht mehr auf meinen Trohn zurückkehren - zumindest nicht ohne die Angst in mir zu tragen, die mich stärkt. Als ich Angst verspürte, war ich Aguas näher als je zuvor. Und allzu schnell soll sich das auch nicht ändern, denn nun sehe ich die Angst als Begleiter, nicht als Feind.