An diesem Tag war die Stadt schon wieder in reger Betriebsamkeit und das war auch gut so, wie Odgen sagte. Zum einen könnten sie die Geschehenisse nicht verstehen und andererseits müsste es ja ohnehin irgendwie weitergehen. Da nun viele Bauern und Knechte fehlten, beriet man darüber, wie man die kommende Ernte bewältigen konnte, bevor die Frucht auf den Feldern verrottete. Man wollte versuchen, Knechte anzuwerben, doch in vielen Fällen würde es darauf hinauslaufen, dass Gehöfte zusammengelegt werden würden. Nur sehr widerwillig nahmen die Bauern dies hin, da in dieser Gegend der Hof traditionell nicht unter den Erben geteilt wurde und sich schon jetzt Streitigkeiten absehen ließen.
Außerdem liefen die Vorbereitungen zur Totennacht an. Ein heidnischer Feiertag, wie Odgeon leicht verlegen zugeben musste, an dem die Seelen der Toten wieder zurückkehrten, um zu besichtigen, was sich im Dorf getan hatte. Man reinigte die Häuser und stellte Kerzen und kleine Opfergaben bereit, die die Seelen beschwichtigen sollten. "
Seht, es mag zwar nicht ganz im Sinne Zakarums sein, doch es beschäftigt die Bauern, und ich glaube, es würde sie zusätzlich verunsichern, würde ich es ihnen verbieten.", erklärte er sich den Gefährten.
Dennoch unterhielt man sich überall und an jeder Ecke leise über das Geschehen der Tage. Mittlerweile war man übereingekommen, dass der Erzbischof Lazarus sich der Schwarzen Künste verschrieben hätte und darüber nicht nur sich, sondern auch den König verdorben hätte. Er hatte die Bauern des Suchtrupps mit einem Zauber gefügig gemacht, um diese in einem schwarzen Ritus zu opfern. Von einem Dämon erzählten sich die Wenigsten.
Am späten Morgen brach ein Suchtrupp auf, der von einigen der Soldaten aus Lachdanans Zug verstärkt wurde. Man wollte nicht unversucht lassen, vielleicht doch noch den Prinzen oder einige Bauern aus den Gewölben zu erretten, und außerdem waren die Quellen noch verdorben. So langsam gingen die Vorräte aus und es war mühsam, das Wasser von weit her zu tragen.
Man entdeckte den Prinzen schließlich auf der untersten Ebene des Labyrinths, nachdem man den Spuren de Aveuglers gefolgt war. Er war tot, vermutlich an der großen Wunde im Kopf gestorben, die aussah, als hätte man mit einem Rabenschnabel
[1] auf ihn eingeschlagen.
Auf der zweiten Ebene fand man auch die Ursache für die verseuchte Quellen, nachdem man den verschütteten Gang freigelegt hatte. Schon auf einige Entfernung schlug dem Suchtrupp der faulige Geruch entgegen und fand einen kleinen unterirdischen Tümpel, der durch Felsen, Zweigen und auch fleischigen Knochen aufgestaut worden war. In dem Damm vernahm man ein Quicken und Scharren. Einer der Soldaten trug die oberste Schicht ab und wich dann bleich zurück. In dem Damm war ein Rattenkönig
[2]! Auch die Bauern hatten große Angst, hielten sie den König für ein böses Omen. Lange stand man unschlüssig da und beriet, was man tun sollte, bis Lester, ein großer und in seiner Einfalt furchtloser Bauer, hervortrat und den König mit mehreren Hieben seines Knüppels erschlug. Schnell trug man den Damm ab und kehrte mit einem mulmigen Gefühl an die Oberfläche zurück. Den König verbrannte man abseits des Dorfes.
Das Wasser verlor daraufhin bald seine Farbe und den giftigen Geschmack. Die Bauern waren einhellig dem Glauben, dass der Rattenkönig die Ursache der verfaulten Quellen gewesen war, doch ein aufgeklärter Beobachter mochte wohl auch der Meinung sein, dass die Leichteile im Wasser die Fäule hätten verursachen können.
Odgeon zeigte sich bestürzt, als er die Nachricht vom Tod des Prinzen Albrecht erfuhr. Er sagte, jetzt gäbe es keinen Thronfolger mehr und darum würde jetzt der Adel versuchen, sich zu positionieren. Das würde weitere Unruhe mit sich bringen, stellte er mit einem Seufzen fest.
Später sagte er, er würde zuerst einen Boten zu Lord Fleance aussenden, in der Hoffnung, dieser kleine zeitliche Vorteil würde diesem nützen. Lord Fleance stand in dem Ruf gerecht und gewissenhaft sein Lehen zu verwalten und war zudem schon zu Beginn der Zakarumnisierung konvertiert. Auch der Que-Hegan
[3] würde zufrieden sein. Keinesfalls wollte man eine weitere Missionierungs-Welle provozieren wollen.