Leofe sah, wie im gegnerischen Lager Hektik ausbrach. Keuchend stürmte eine Halbelfe in einem teuren Nachtgewand aus dem Zelt, hinter ihr sauste mit einem Raubvogelschrei ein Kometenadler heraus und zog eine glühende Bahn in den Nachthimmel. Dann stieß er einen weiteren Schrei aus und auf Lexi herab. Im letzten Moment konnte Nebin das Kanu herumschwenken und die Feuerkugel des Vogels donnerte ins Wasser, wobei die Welle das Kanu fast kentern ließ.
Doch damit nicht genug, denn schon rasselte der massige Stoßzahngolem über die Klippe und verpasste dem Boot und seinen Insassen ein volle Breitseite aus Elfenbeinsplittern, die er aus seinem Körper schoss. Einige Splitter blieben im Holz stecken.
Der Spriggan rutschte inzwischen hustend den Abhang herunter, verharrte am Strand und schien auf etwas zu warten, wobei der die Kanufahrer grinsend anstarrte.
Nur die Vorhut der Hand, die sich in die Schatten des kleinen Abhangs presste schien niemand zu bemerken...
Leofe sah sie - Emrett, das musste sie sein! Und sie stand dort offen und ungeschützt nur wenige Schritte entfernt. Vielleicht, wenn sie all ihre Kräfte fokussieren würden, könnte die Hand Emrett niederstrecken, solange sie verwirrt war. Das würde hoffentlich ihre Lakeien demoralisieren.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf legte Leofe zwei Pfeile auf, lugte über den Rand der kleinen Klippe und ließ die Pfeile sausen. Emrett, welche sich auf das Geschehen auf dem Wasser konzentrierte, sah die Pfeile nicht kommen. Einer bohrte sich tief in den Hals der Halbelfe. Doch was war das?! Anstatt bewusstlos umzufallen, womit Leofe bei solch einem Treffer gerechnet hätte, blickte die Frau nur verärgert in Leofes Richtung. Der Pfeil schaute grotesk auf der anderen Seite des dünnen Frauenhalses heraus.
Leofe beachtete den anderen Pfeil, der dem Golem in seine elfenbeinerne Haut fuhr, vor lauter Erstaunen überhaupt nicht. Schnell legte sie einen weiteren Pfeil auf und schoss ihn so ab, dass er sich im Flug verbog und das Holz beim Aufprall dem Druck nicht mehr stand halten konnte: es zerbrach im Brustkorb der Halbelfe, wobei sich Holzsplitter tief ins umliegende Fleisch bohrten. Erneut hätte die Magierin diesem Angriff nicht widerstehen sollen! Doch stand sie weiter da, blickte Leofe verärgert an und schien sich nur etwas unter Schmerzen zu bewegen.
Diese Frau stand ganz offensichtlich mit dem Bösen im Bunde und dunkle Mächte schienen sie zu beschützen! Kein sterbliches Wesen, schon gar nicht von der zarten Gestalt dieser Halbelfe, konnte so etwas überleben!
Schnell, fast schon panisch, erklomm Leofe die kleine Klippe und eilte zum nächsten Baum - zum einen um die Gegner von den Gefährten, die wehrlos in den Booten saßen, abzulenken, zum anderen um Emrett und ihre Schergen von zwei Seiten anzugreifen.
Jared, noch immer in Deckung der Klippe verharrend, sah gar nichts: weder Freund noch Gegner. Leofe war, ohne sich auch nur mit einem Blick für seine akrobatische Hilfe zu bedanken, davongehuscht und hatte ihn allein gelassen. Ganz allein auf einer Insel voller Gegner! Einen Plan hatte er auch nicht. Niemand hatte einen Plan. Planmäßiges Vorgehen schien seinen Kameraden überhaupt völlig fremd.
Ein näherkommendes Stampfen schreckte Jared aus seiner Unentschlossenheit. Irgendetwas, das weit schwerer als ein Mensch war, kam rechts vor ihm zum Stehen. Schlimmer noch der leise, kaum hörbare Tritt, der knapp vor und über ihm verklang: so nah, dass Sand auf seinen Kopf rieselte. Lautlos nach seinem Dolch tastend, lugte Jared über den Rand der viel zu kleinen Klippe. Einen knappen Schritt entfernt ragte eine Frau im Nachtgewand vor ihm auf, der auf grotesken Weise ein Pfeil im Hals steckte, ein zweiter in der Brust, und die trotzdem nicht tot, sondern nur sehr wütend aussah. Noch hatte sie ihn nicht erblickt. Rasch, ein Treffer ins Herz. Auf diese Entfernung kann man nicht verfehlen!
Konnte man doch. Schuld war Leofes Pfeil. Oder seine Idee, aufs Herz zu zielen. Jedenfalls traf sein Dolch den Pfeil. Mehr noch: auf dem Weg zurück in seine Hand zog er den Pfeil aus Emretts Brust, und Jared stand in einem Sprühregen aus Blut gebadet.
Er bemerkte noch, dass die Zauberin wankte, dann duckte er sich wieder hinter die Klippe und floh so schnell und so leise er konnte am Strand entlang, weg von ihr und dem stacheligen Ungetüm daneben. Doch da ließ ihn eine fast hüfthohe Welle--von dem Angriff auf die Kanus ausgelöst, erkannte er später--erschrocken aufspringen. Sicherlich hatte man seinen Kopf gesehen!
Jared duckte sich tiefer, den freien Arm schütztend über dem Kopf erhoben, und wartete auf den Hieb oder Zauber, der jeden Augenblick auf ihn einschlagen würde.
Inzwischen hatte Nebin das etwas leckende Kanu mit ihm und Lexi an Bord fast bis an den Strand gerudert. Der Spriggan am Strand warf etwas in ihre Richtung. Lexi reagierte kaum, als sich eine dornige Ranke an ihr emporwandt, so sehr war sie bereits aufs Murmeln eines Zaubers konzentriert. Das stachelige Ding zuckte hin und her. Nebin fluchte, als er davon im Gesicht getroffen wurde und einige blutige Risse davontrug. Dann standen ihm plötzlich die Haare zu Berge, als sich die Luft um Lexi durch die ganze Magie, die sie kanalisierte, elektrisch auflud. Lexi erhob ihre Stimme gegen Ende der Litanei, und eine breite Front von Donner und Licht entlud sich krachend über die Gegner. Der Stoßzahngolem schlidderte sogar zurück in die tödliche Wolke, und Lexi stellte sicher, dass er ziemlich im Zentrum davon zum Stehen kam.
Ramar kam nun mit seinem Kanu ebenfalls in Reichweite. Er wollte vermeiden, dass der gebrechliche Vor zu Schaden kam, und die größte Bedrohung schien ihm der Kometenschweifvogel zu sein.
"Dann wollen wir dich mal endgültig vom Himmel holen." murmelte der Zwerg und ... welchen Effekt hat Stefan für BtS? ... traf den Vogel und versenkte ihm viele Federn - doch noch flog das magische Tier.