"In Fleisch und Blut," antwortet Yalena gut gelaunt und kommt näher. Dicht vor Einar bleibt sie schließlich stehen - mehr als einen Kopf kleiner, aber doch so viel größer - und lächelt ihn an. Dann hebt sie die Hand und legt sie dem Nordmann auf die Wange; sein Griff um den Speer wird ungewollt lockerer, doch der gesamte Rest seines Körpers scheint sich ruckartig zu verkrampfen, so als könne er sich nicht mehr rühren. Yalenas Augen funkeln wie Smaragde und er verliert sich kurz in der unendlichen Tiefe. Dann spürt er ihre Hand, warm... dann jedoch wird sie eiskalt. Ihr Zeigefinger krümmt sich und Einar spürt einen scharfen Fingernagel. Mit schiefgelegtem Kopf sieht die Frau ihn halb verträumt an, während sie langsam den Finger in sein Fleisch drückt und dabei nach unten zieht. Ein tiefer Kratzer entsteht und einige Tropfen Blut quillen aus der Wunde. Yalena löst die Berührung schließlich und die Steifheit verlässt Einars Glieder im gleichen Atemzug. Die Rothaarige führt den Finger zum Mund und lutscht das Bisschen Blut ab, das sich unter dem dreckigen Nagel gesammelt hat. Kurz fällt ihr Blick auf die schlafende Yan, dann wieder zurück auf Einar.
"Ich muss dich beglückwünschen! Das Schicksal meint es gut mit dir, mein Freund! Diese unvorhergesehene Beute wird dir nützlich sein. Und so verbohrt wie sie sein kann, ihr Zustand wird verhindern, dass sie dir entwischt oder allzu aufsässig wird. Außerdem muss ich mein Unrecht eingestehen. Es war gut, den alten Mann nicht zurückzulassen, denn schließlich spricht er die Sprache all dieser Fremden. Du hast also klug gehandelt und ich bin hier, um dich zu belohnen: Das letzte Puzzlestück und der Schlüssel zu deiner Flucht! Wenn alle Worte und Versprechungen auf Reichtümer scheitern - eines wollen diese Leute, die du suchst: Sie wollen fort! Auf einem sicheren Weg durch die hiesigen Gewässer, ohne dabei ihr kostbares Schiff aufs Spiel zu setzen! Die Riffe hier sind sehr tückisch, wie du weißt..."
Sie stolziert ein wenig umher und kommt zu der Stelle, an der Airun sein Ende fand. Einar und Kiran hatten dem Khoraner nach Yans Behandlung etwas abseits ein einfaches Grab bereitet - zum einen um ihm etwas Würde zuzugestehen, zum anderen um nicht unnötig Raubtiere anzulocken, die das Blut und verwesende Fleisch wittern könnten. "Diese beiden Flüchtlinge," fährt Yalena fort. "... die Frau ist nur ein Spielzeug und auch wenn sie mit ihrem verunstalteten Fleisch nun an Wert eingebüßt hat, wird man ihre Rückgabe als Geste des guten Willens sicher begrüßen. Der Mann dagegen... Wenn sie kommen, kommen sie wegen ihm, denn er kannte die geheimen Passagen durch die Riffe..."
Die Erinnerung durchzuckt Einar wie ein Blitz. Yan hatte Kiran etwas erzählt und dieser hatte es ihm übersetzt: Die Piraten hatten Airun gefoltert, um das Geheimnis der Riffe zu erfahren! Yalenas Worte holen ihn aus seinen Gedanken zurück. "Nun..." Sie zuckt mit den Achseln. "Jetzt ist er tot. Aber diesen bedeutsamen Trumpf hätte er dir, dem Alten oder der Frau ohnehin nicht überlassen." Sie grinst. "Ich dagegen kann sehr überzeugend sein..."