Der Barde dreht sich zu der Frau um, schaut regungslos zu ihr und setzt sich wieder hin. Allerdings ein Stück weiter von euch entfernt, denn er war schon im Gehen begriffen. Farod wirft Sahra ein Lächeln zu, er hat wohl darauf vertraut, dass einer von euch schon einschreiten würde, sonst hätte er es vermutlich getan.
"Vertrauen, junge Waldläuferin, ist nichts, was man sich durch Worte erkaufen sollte. Vertrauen wird durch Taten gezeigt.", meint Gordan anfänglich, dann schweigt er kurz.
"Doch gerne will ich Euch meine Geschichte erzählen."
Er blickt hinauf zum Sternenhimmel, dann zu Farod, der ihm zunickt und beginnt:
"Es trug sich vor etwa...ja, es müssen jetzt etwa 34 Jahre sein...da trug es sich zu, dass ein junger, gut aussehender Barde, namens Gordan, Arabel heimsuchte. Heimsuchte deshalb, weil sich hinter dem Barden ein gewitzter Dieb verbarg. Eines Nacht brach er in das Haus des adligen Gelehrten Nordmann ein. Dieser hatte eine Tochter. Kaum so alt wie ihr, Waldläuferin. Sie war gerade erst 15 Jahre alt geworden. Sie ertappte ihn dabei, wie er die Wertsachen in seinem Rucksack verstaute. Er, völlig überrascht, verliebte sich noch im ersten Augenblick in die zugegebenermaßen nicht besonders hübsche Gelehrtentochter, die jedoch gescheit und den schönen Künsten zugewandt war. Sie, gebannt von seinem Äußeren, war nicht fähig, um Hilfe zu rufen und so konnte er fliehen. Sie verriet ihn nicht,was ihn verwunderte und ihn in seinen Gefühlen bestätigte. Wenige Tage darauf wollte er sie wieder sehen. Er hielt die Sehnsucht, das Verlangen nicht mehr aus und brach erneut in das Haus ein. Sie, ihn sehnsüchtig schon erwartend, gewährte ihm, was ihrer beider Wille war. Doch kaum hatte sich Gordan ihrer Jungfräulichkeit bemächtigt, schien alle seine Sehnsucht vergangen. Er verschwand in derselben Nacht und ließ sie, schwanger, zurück. Sie wurde von ihrem Vater verstoßen und in ein Kloster gebracht. Ein kleines Kloster Deneirs in der Nähe von Arabel, wo sie ihren Sohn gebar. Sie nannte ihn nach seinem Vater, von dem sie, töricht, wie sie war, noch immer glaubte, er hätte fliehen müssen, weil er doch ein Dieb war. Dann wurde sie zurück nach Arabel geschafft, das Kind blieb im Kloster, bis es das Jünglingsalter erreicht hatte. Danach konnte er nicht länger im Kloster bleiben, weil dort nur Frauen der Zugang gestattet war und man sandte ihn an einen bekannten Kleriker nach Arabel. Dort übergab man ihn den rauhen, aber fähigen Händen eines Hauptmannes. Von ihm erlernte er den Fernkampf, denn es stellte sich heraus, dass er zum Nahkampf fast gar nicht geeignet war. Der Junge, in dem Kriegertum seine Erfüllung nicht findend, beschloss, seinen Kummer anders los zu werden und ging in die Kneipe, wohin es auch die anderen traurigen Seelen stets verschlägt. Dort glaubte er seinen Kummer ertränken zu können. Aber weit gefehlt. An diesem Abend war ein reifer, aber noch immer recht tadellos aussehender Barde anwesend. Von großer Statur, gut gebaut und begehrt von den Frauen. Etwas, was dem Jungen, der mehr nach seiner Mutter ging, nicht eigen war. Er lauschte den Geschichten und den Gesängen des Barden und fand, dass es genau das sei, wonach er sich gesehnt hatte. Nach der weiten Welt und ihren Sagen und Mythen. Am nächsten Tag floh er aus Arabel und verfolgte eine Zeitlang unauffällig den Barden, der sich selbst Windstill nannte. Dieser aber hatte ihn längst entdeckt und eines Tages überwältigte er den Jungen und wollte ihn zuerst töten, doch dann gewann der Junge sein Vertrauen, indem er seine Eitelkeit anstachelte und ihn in den höchsten Tönen lobte. Er nahm den Jungen mit sich auf eine weite Reise, bis ins weit entfernte Niewinter, wo der Junge einige Zeit verbrachte, bis er heraus finden musste, dass dieser Mann, den er doch so verehrte, derjenige war, der ihm dies traurige Dasein eingebracht hatte. Angewidert verließ der Junge Windstill und ging nach Süden, in die entferntesten Winkel Torils, um sich dort in seinem Kummer zu vergraben. Doch er stieß auf Elfen. Auf Elfen, die ihn zunächst gefangen nehmen wollten, aber doch dann das in ihm erkannten, was er war. Eine einsame Seele. Sie zeigten ihm, seine Traurigkeit zu überwinden. Aus Traurigkeit wurde Gleichgültigkeit. Sie brachten ihm das Musizieren bei, wenn auch seine Stimme nie dazu taugte, Lieder vorzutragen, so war sein Flötenspiel doch ganz nach der Manier der Elfen. Schließlich aber verlangte es ihn nach seiner Heimat. Er kehrte nach Arabel zurück. Dort beschloss er, dass nie wieder ein Kind unter solch Umständen erwachsen werden sollte und er schwor, jeden Dieb, jeden schurkenhaften Barden aufzugreifen und ihn persönlich zu hängen. Da es für einen großen Erfolg als Krieger nicht reichte, erwählte man ihn zum Fahnenträger. Und dieser Fahnenträger sitzt nun vor euch, Gordan Windstill."
Er schaut euch an, ganz gefühllos, aber wenn ihr genau hinseht, meint ihr im Schein des Feuers ein Glitzern in seinen Augen sehen zu können.