Als Merrit den Brief erhielt, war er gerade am Kartenspielen, er hatte, wie so oft, heute wieder die ein oder andere Silbermünze liegen lassen müssen. Seiner Verwandschaft wäre so etwas wohl nicht passiert, aber die war weit weg, und umso mehr ärgerte es ihn immer wieder aufs neue, das diese Tölpel und Bauern ihn zu schlagen vermochten.
Er hatte zwar an diesem Tag durchaus mehr verdient als verloren, aber besonders glücklich war er mit seinem Auftreten heute nicht gewesen. Seine Würfe waren gut gewesen, doch vor dem Publikum, da wirkte er ab und dann nicht so, wie er hätte wirken sollen. Er hatte noch viel zu lernen, um ein wahrer Torix zu werden.
Und dann erhielt diesem ominösen Brief...
Als er den ersten Blick darauf geworfen hatte, glaubte er seinen Augen kaum. 5000 Goldmünzen, das war eine Menge, das war nicht nur eine Menge, das war ein ganzer Reichtum, das waren mehr als zehn von den besten Schmieden des Landes gefertigte Wurfäxte... Seine Gedanken rasten, ihm fielen tausende von Sachen ein, die er unbedingt kaufen wollte, sich aber - im Moment, und mit der Arbeit eines Straßenartists- nicht erlauben konnte.
Und es würde vielleicht nicht friedlich verlaufen, 5000 Goldmünzen kamen nicht von ungefähr, das wusste er mittlerweile, er würde vielleicht wieder Blut vergießen müssen, und das wollte er doch schließlich nie wieder tuen, nie wieder das Leben eines Söldners, eines Barbaren...
Andrerseits hatte er den Auftrag noch nicht einmal gehört. Vielleicht war es gut, diese Stadt so früh wie möglich zu verlassen, er konnte immer noch Nein sagen, im Zweifelsfall.
Er dachte noch einen kurzen Moment, dann stand sein Entschluss fest: Er würde morgen zu frühster Stunde aufbrechen, auf seinem Pferd in Richtung Myth Drannor reiten.
Der Wurfwaffenartist stand auf. Wie immer spürte er die zahlreichen Blicke, die ihn musterten, seine Kleidung, und natürlich die zahlreichen Äxte. Sie machten ihm mittlerweile kaum noch etwas aus. Bevor Merrit schlafen ging, fragte er nocheinmal im Wirthaus umher, ob jemand den Namen Tel'rinan Ghanido kannte, es konnte nie schaden, vorher das ein oder andere zu wissen. Am besten wäre natürlich ein Barde, oder ein Geschichtenerzähler, die kannten sich schließlich aus mit Namen. Dann ging er nach oben.