Aerin mustert eine ganze Weile lang die unheimlich anmutende Sphäre. Mit einer Handbewegung mahnt er seine Gefährten zurück zu bleiben. Während er sich auf die Tür mit dem geisterhaften Kraken entschlossen zubewegt, beginnt das Gebilde bedrohlich zu surren und das Licht beginnt immer eindringlicher und intensiver zu scheinen, ohne jedoch den Gang zusätzlich zu erhellen.
"Geistwächter. Eine seltene Glyphe, erst vor einem Jahr von Cannith Nord entwickelt."
Während der Drachenmaladelige redet, inspiziert er die Wände nahe der Tür fachkundig mit seinen Händen und öffnet eine Klappe.
"Ich wüsste gern, wie der Führer dieses Schiffes an eine solche Glyphe gelangt ist. Meinen Informationen nach befinden sich Geistwächter noch im Teststadium. Nicht gerade die typische Wahl für einen Lyrandarkapitän."
Aus dem Loch, welches der Drachenmaladelige geöffnet hat, ragt ein rötlicher Drachensplitter, in dem sich ein Nebelartiger Schleier wie von fremdartiger Intelligenz beseelt, windet und dreht.
Aerin lässt eine Hand über den Drachensplitter schweifen.
"Ihn zu berühren ist tödlich. Es löst seine Kraft aus. Innerhalb von fünf Minuten kann der Geistwächter seine Macht nur zweimal entfalten. Für diese kurze Zeitspanne ist der Zugang sicher. Ich werde versuchen, ihm vorzutäuschen, dass etwas in seinen Präsenzbereich gelangt ist und er seine Macht sinnlos entfaltet."
Bevor Aerin sich daran macht, die Falle zumindest kurzzeitig außer Kraft zu setzen, wendet er sich Talen zu.
"Momentan könnt ihr nicht helfen. Es ist eine magische Falle, doch ihr seid kein Mitglied des Hauses Cannith. Sollte ich scheitern, hoffe ich dennoch, dass ihr mehr Glück habt. Eine direkte Berührung des Drachensplitters löst den Geistwächter aus. Ihr müsst nach seiner Präsenz greif..."
Die Worte Aerin´s werden abrupt unterbrochen, als abermals ein heftiges und ohrenbetäubendes Schmettern den Rumpf der Lyrian durchfährt. Offensichtlich ist die Sturmgalleone abermals über Felsen geschabt.
Die Helden können sich nur mit Mühe auf den Beinen halten.
Aerin wurde jedoch so unvorbereitet getroffen, dass er mit seiner ausgestreckten Hand den gefährlichen Drachensplitter berührt hat.
Nachdem er sich von dem Kristall losgelöst hat, muss Aerin beobachten, wie seine Fingerspitzen von einem gespenstischem und schmerzendem Glimmern überzogen werden, welches sich langsam über seinen ganzen Körper ausbreitet.
Der Drachenmalträger weiß, dass sein Schicksal besiegelt ist.
Bilder aus den Urwäldern Xendrik´s tauchen vor seinem innerem Auge auf, Bilder von Kämpfen, welche so aussichtslos schienen, dass er sich bereits in Dolurrh wähnte.
Er erinnert sich an die Vision der Klage und den Tod seiner Eltern, als würde sich das Ereignis erneut abspielen.
Dann bilden sich Bilder seiner Errungenschaften, einer neuen, verbesserten Generation von Kriegsgeschmiedeten, an deren Erforschung er maßgeblich beteiligt war - Bollwerk.
"Herr?" - Rotleuchtende Augenkristalle dominieren nun das Geschehen um Aerin. Der künstliche Krieger hat mit seiner riesigen Hand seinen Schöpfer ergriffen.
Dieser schüttelt nur mit einem entwaffnendem Lächeln den Kopf. Entschlossen blickt der Drachenmaladelige in die Augen des künstlichen Geschöpfes. Er scheint sein Schicksal akzeptiert zu haben.
"Es ist zu spät, tut mir leid."
ein sanftes Leuchten tritt in die Augen Aerin´s.
Seitdem es dich gibt, bist du mir ein guter Freund. Es ist mir eine Ehre, dich gekannt zu haben. Du bist frei, vergiss dass nie."
Ein letztes Mal blickt der sterbende Adelige in die Runde der Anwesenden.
"Jetzt liegt es an euch."
Die Erscheinung Aerin´s besteht nur noch aus pulsierendem, weißem Licht und als es seinen Kopf erreicht, bricht die Gestalt des Drachenmalträgers abrupt zusammen. Das tödliche Licht um ihn herum schwindet und er sackt in die Arme seines geschmiedeten Freundes.