Bei dem Schrei Pandoras hält der Leutnant erneut inne und verharrt kurz mit dem Gesicht zur Tür, dessen Griff er bereits in seiner Hand hält. Schließlich dreht er sich nach einigem Zögern um.
„Dass heute niemand sich einmal fünf Minuten gedulden kann ist wahrlich erschreckend. Aber gut, wenn Ihr Aufklärung wollt, sollt Ihr sie meinetwegen haben. Mein Name ist Kommus ir'Tain, Leutnant der Wachen Woodhelms. Und ich bezweifle, dass Ihr eine Unschuldige seid, sonst wäret Ihr nicht hier und hättet auch nicht auf meiner Liste gestanden. “ Der Halbohrork öffnet dann endlich die Tür und winkt der Gruppe an ausgesuchten Personen ihm aus dem Saal zu folgen, wobei auch einige der Soldaten die zunächst zurückgeblieben sind, dafür sorgen, dass die Gruppe sich nicht allzu weit verstreuen kann.
„Ich schätze, Hauptmann Nolte wird auch nichts dagegen haben, dass Ihr sofort den Dienst antretet. Desto früher, desto besser.“
Der kurze Gang endet vor einer hölzernen Tür, an die der Leutnant kurz klopft und auf die gedämpfte Antwort wartet, bevor er sie öffnet.
Wer in den Raum eintritt, wird sofort von der Enge und dem Chaos erschlagen, was dort herrscht. Klein und spartanisch eingerichtet und nur von einer einzeln Laterne erhellt, stehen einige hölzerne Aktenschränke sowie ein übergroßer verzierter Holztisch inmitten des Raumes. Auf dem Tisch stapeln sich ganze Berge von Pergamenten und Papieren, die teilweise sogar aus den Schränken herausquellen. Nur eine kleine Fläche auf dem Schreibtisch ist noch frei, hinter der in einer Art Sessel ein junger Mann mit grauen Haaren in den Farben der Soldaten Brelands sitzt. Seine Gesichtszüge sind übermüdet, seine Augen rot. Dennoch ist die Stimme kräftig und strahlt Autorität aus.
„Unsere Auserwählten, Kommus?“
„Ja, Herr.“ Aus der Innentasche seines Waffenrockes holt der Halb-Ork erneut seine Liste und liest die Namen vor.
„Ich darf Euch vorstellen: Eine Hure namens Pandora, die Verurteile Darella, den... Aerenal Kaerishiel und einen kleinen Dieb namens Shandro.“
„Nur vier?“
„Die anderen waren weniger... kooperationsfreudig als diese hier.“
Schließlich wendet sich der Mann hinter dem Schreibtisch an die Helden.
„Gut. Es freut mich, dass wenigstens Sie es einrichten konnten, gemeinsam hier zu erscheinen.“ Er lehnt sich in seinem alten grünen Ohrensessel zurück, der merkwürdig fehl am Platz wirkt, und ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen, ohne dass es die Augen erreicht.
„Ich bin Illias Nolte, vom Stadtrat zum Schutze dieser Stadt beauftragter Kommandant. Die meisten von Ihnen werden sicherlich mitbekommen haben, was unserer schönen Stadt in den letzten Tagen wiederfahren ist. Es werden Stimmen laut, die behaupten, das Böse will in Woodhelm einziehen und bereite seinen Angriff vor. Ich weiß nicht ob das stimmt, unsere Ermittlungen haben uns bis jetzt nicht weit gebracht, außer dass eventuell die Smaragdklaue etwas damit zu tun hat. Ich habe mich mit Ihrer aller Vergangenheit beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass Sie die einzigen sind, die unserer Stadt derzeit aus ihrer misslichen Lage befreien können. Wir brauchen ein paar neue Helden, nachdem, was mit den alten geschehen ist. Als Dank dafür winken Ihnen Amnestie, Rehabilitation und ein wohlhabenderes Leben. Eine Ablehnung würde hingegen zu einer Verschlechterung Ihrer derzeitiger Lebensumstände führen.“ Die Augen des Mannes zucken zu einem Fenster, das an einer Wandseite des Raumes eingelassen wurde. Durch den Spalt von ein paar geschmacklosen Vorhängen hindurch, sieht man die Schlaufe eines Seils an einem Holzgerüst langsam im Herbstwind hin und her pendeln. Der Ton seiner Stimme lässt allerdings nicht auf Anhieb darauf schließen, ob das mit dem Galgen ernst gemeint war.
"Die Menschen dort draußen schenken Ihnen vielleicht eine.. andere Art von Vertrauen, als jenes, das sie uns entgegenbringen. Daher ist es wahrscheinlicher, dass Ihnen auch mehr und bessere Zeugen zur Verfügung stehen, als uns.
Aber Sie werden sicherlich zuvor noch verständlicherweise einige Fragen an mich haben?"