Laetitia 87 war bereits dabei, den Pilzbewuchs von einem morschen Holzscheit abzupflücken und zu naschen. Pilze hatten meist die klügsten Ratschläge parat. Burtons Auftritt ließ sie mitten in der Bewegung - eine Hand in der Luft - innehalten. Der Versuch, die Waagschalen ins Gleichgewicht zu bringen, passte durchaus zum muskelbepackten Eigenbrötler, fand sie. Nicht, dass sie sein Einschreiten erwartet hätte - aber genau jene, die nicht taten, was man von ihnen erwartete, waren die Interessantesten.
Die Luchsin riss sich erst davon los, dem Hünen beim Wogenglätten zuzuschauen, als sie ein Ziehen im Hinterkopf verspürte. Die Pilze begannen, eindringlich zu quäken. Die Seherin hatte keine andere Wahl, als dem Drang zu folgen, herumzuwirbeln, auch wenn ihr davon speiübel wurde. Ihr angestrengtes Keuchen klang, als müsste sie einen Haarball auswürgen. Dafür hatte sie jedoch keine Zeit: Die fragilen Sonnenstrahlen des Frühlingsabends brachen sich zur großen Aufregung der Pilze an etwas Metallenem - der schreiend unnatürlichen Haut eines Wärters! Vielleicht war es auch mehr als nur einer, gekommen, den Widerstand im Keim zu ersticken. Wieder war es jedoch an Burton 05 zu tun, was von ihm nicht erwartet wurde, diesmal von den Gefängnishütern: nämlich ihnen in höchst effektiver Art und Weise die Stirn zu bieten und sie zu Haufen scharfkantiger wie schweigsamer Einzelteile zu zerlegen. Gerade gut genug, damit Walter 08, oder Weißherbst, wie er sich nannte, hinterherhoppeln und die interessantesten Teile aufsammeln konnte.
Laetitias Sicht begann rasch zu verschwimmen - ein Hinweis, dass das was sie gesehen hatte, womöglich nicht die
Gegenwart war. Trotz jahrelanger Übung fiel es ihr nicht immer leicht, die Fäden der plötzlichen Visionen von den tatsächlichen Ereignissen zu trennen. Mit geweiteten Pupillen und sich drehendem Kopf zog sich die Katzenfrau unauffällig in den nächsten Schatten zurück, um sich in Ruhe einen Reim aus den Stimmen der Pilze zu machen
[1].