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Widder wider Willen / Widder wider Willen
« am: 29.06.2020, 20:38:12 »Erdig wie sonnengewärmte Tontöpfe.
Süß wie am Vortag geschnittenes Gras.
Frisch wie ein junger Wald nach einem Sommerregen.
Würzig. Fremd. Stickig. Verheißungsvoll.
Süß wie am Vortag geschnittenes Gras.
Frisch wie ein junger Wald nach einem Sommerregen.
Würzig. Fremd. Stickig. Verheißungsvoll.
Das erste, das den Abenteurern entgegenschlug war nicht der Lärm der vielen durcheinanderrufenden Händler, Kunden und Besuchern aus allen Ecken des Misteltales. Nicht das Schnauben, Gackern oder Bellen. Auch nicht die kaum vernehmbaren Melodien des Flötenspielers, der am Rande des steinernen Brunnens saß.
Das erste, das die Abenteurer empfing - bereits vor dem Durchqueren der Stadttore - war der Geruch des belebten Marktes. Ein eigener Organismus aus Lauten und Düften und Bewegungen und Wärme. Manche der größeren Stände hatten farbige Markisen gespannt um den Kunden das Verweilen angenehmer zu machen. Die bunte Menge schob sich langsam, Körper an Körper so erschien es den Neuankömmlingen, durch die überlaufene Marktstraße vorbei an den vielfältigen Ständen und den lauten Straßenverkäufern. Immer wieder blieb jemand stehen, bog in eine Seitengasse ab oder verschwand im Gedränge. Ein befreiender Blick nach oben, über die schattenspendenden Tücher hinaus, zeigte verschiedene Schilder von alteingesessenen Läden, die sich wohl in den kleineren Gassen rechts und links der Hauptstraße befinden mussten. Schmied, Schneider, Bäcker, Taverne, Juwelier. Kaum zu glauben, dass die hölzernen Stände mit all ihren Anhängseln nur einmal im Monat hier aufgebaut waren. Die festen Geschäfte waren es, die den Handel in der Hauptstadt des Misteltales in der Regel kontrollierten.
Kite schob einen heranstolpernden Jüngling freundlich zur Seite. Dieser drehte sich nach dem Tabaxi Krieger um und entschuldigte sich verlegen, bevor er wieder davonstob. Nun der Wirt hatte nicht gelogen: Der Monatsmarkt von Ashabenford war besonders. Wesen und Waren aus allen Ecken der Dales und sogar darüber hinaus tummelten sich hier. Träume und Möglichkeit lagen in der Luft. Hier würden sie bestimmt fündig - einerlei, was sie suchten. Sie mussten die Hauptstraße durchqueren um schneller zur Taverne zu gelangen, wo sie sich umhören und eventuell für die Nacht einmieten wollten.
Während Aelar sich am ein oder anderen Stand interessiert zeigte, achtete Eliza genau auf ihr Umfeld und die Wogen an Besuchern in ihrer Nähe. Wann immer es eine engere Passage gab wurde sie besonders wachsam und bedacht keinen Taschendieb zu übersehen, mochten seine Hände auch noch so flink sein. Von außen allerdings wirkte sie entspannt und neugierig, angetan vom bunten Treiben. Als einer der zahlreichen Straßenkünstler einen türkis leuchtenden Drachen aus dem Nichts erscheinen und diesen dicht über die Köpfe der Anwesenden fliegen ließ, war es das Wechselbalg, das die Bewegung, sowie den Taschenmagier selbst noch vor dem Zauber bemerkt hatte.
Besondere Beachtung seitens der Ashabenforder Marktleute fand aber das letzte Reisemitglied. Immer wieder wurde die kleine Gruppe aufgehalten, weil sich Händler um ihre Aufmerksamkeit bewarben, sie beinahe bedrängten mit ihren Angeboten. Lady Catalina schien dies nicht sonderlich zu stören. Eine gewisse Achtung gebührte ihr und besonders feine Ware ließ sie sich auch gerne zeigen: Stoffe aus dem Oberland, Gewürze von den Inseln oder liebliche Duftwässer aus dem ganzen Land. Es war an ihrer Erscheinung abzulesen, dass sie Qualität zu schätzen und auch zu bezahlen wusste. Den geübten Marktleuten fiel sie sogleich auf. Den Künstlern und den Bettlern auch.
An einer Nische unter freiem Himmel in einigen Metern vor ihnen hatte sich eine Traube Menschen versammelt. Über ihren Köpfen tanzten Flammen in der Luft. Immer wenn sich eine Person bewegte, konnte ein kurzer Blick erhascht werden. Ein Schausteller schwang zwei brennende Ketten gekonnt um den nackten Oberkörper. Die Umstehenden starrten den schönen blonden Mann gebannt an. Eliza sah zwei kleine Kinder unter dem Publikum, die auf ganz andere Dinge achteten. Genaueres konnte sie von ihrem Standort allerdings nicht ausmachen. Zu der einsamen Flöte, die sie bereits hinter sich gelassen hatten, gesellte sich jetzt eine Laute. Eine kleine Gasse neben ihnen führte zu einem kleineren Lokal, sowie zu einem Alchemisten. Ein Stück weiter vorne, sahen sie den oberen Teil eines Wegpfeilers, mit verschiedenen Richtungsmarkern. Ein Schild weiter vorne verwies auf einen Laden der Bücher und Schriften. Würden sie sich jetzt stur einen geraden Weg zum Ende des Marktes bahnen, so kämen sie unweigerlich zur großen Taverne, die ihnen so herzlich empfohlen worden war und die direkt am Ashabenforder Hauptplatz lag.
Aelar berührte Kites Schulter und sah nach Eliza und Lady Catalina. Er nickte nach rechts und bedeutete ihnen mit ihm zu gehen. Er begab sich an den Rand der Menge. In der Mauer auf Brusthöhe war ein kleiner Schrein Tyrs eingelassen. Die kleine Figur, umgeben von verschieden hohen Kerzen, sollte die Marktleute wohl vor Dieben beschützen. Direkt davor kam der Kleriker zu stehen. Kite, Eliza und Lady Catalina formten gemeinsam mit ihm einen intimeren Kreis, der den Tumult drumherum nicht auszublenden vermochte, aber doch die vier etwas vom Getöse der Menge abzuschotten. Auch wenn die frisch zusammengekommene Gruppe das gleiche Ziel hatte, nämlich die Taverne, in der sie sich Information und gerne auch einen neuen Auftrag erhofften, so hatte doch jeder eigene Interessen. Nun galt es sich zu verständigen, wer denn vor der Einkehr im gehobenen Ashabenforder Ratskeller noch andere Besorgungen zu tun gedachte.