Der Ritt durch den Wald und die Flucht vor seinem eigenen Volk verlangt einiges von Elrynor ab. Neben der begründeten Angst, plötzlich einen Pfeil im Rücken zu spüren und der Enttäuschung, aus seiner eigenen Heimat fliehen zu müssen - und niemals zu seiner Familie widerkehren zu können - sind es vor allem die schmerzenden Äste, die den Elfen fertig machen. Dazu kommt noch, dass er kein guter Reiter ist. Er hat das Reiten zwar gelernt - genauso wie das Bogenschießen - aber macht von beidem recht wenig Gebrauch. Außerdem ist er nie wirklich groß unterwegs gewesen, sondern hat direkt im Dorf zu tun gehabt und ist damit etwas aus der Übung gekommen.
Elrynor ist zwar froh, mit seinem Leben davongekommen und endlich aus dem Griff des Fürsten entkommen zu sein aber das bedeut natürlich auch, dass er seine Familie nie wiedersehen kann. Seine Flucht wird außerdem ein schlechtes Licht auf die werfen, die ihm Nahe stehen. In seinen letzten, von der Krankheit geblendeten Stunden, würde der Fürst seinen Hass vielleicht auf all die lenken, die jemals engeren Kontakt mit ihm gehabt hatten. Elrynor kann nur hoffen, dass die Krankheit seinen Fürsten so schnell wie möglich dahinraffen wird.
Zumindest ist ihm noch ein Wesen geblieben, das ihn nicht aufgrund seiner Fähigkeiten verurteilt. Tháron ist in den dunkelsten Stunden immer bei ihm gewesen und er ist froh, dass die Luchsin ihn auch jetzt wieder begleitet. Allein ihre Anwesenheit beruhigt den Elfen - was man von dem Begleiter des Bastards nicht behaupten kann. Aber das ist nicht sein Problem und sollte der Wolf Tháron angreifen, würde er schon bemerken, dass die Luchsin kein einfacher Gegner ist. Tháron ist eine Einzelgängerin und braucht seine Hilfe nicht, um sich zu verteidigen - ist aber immer da, wenn Elrynor sie braucht. Die Luchsin hat ihren eigenen Kopf und kann schon auf sich aufpassen, dass weiß er aus Erfahrung. Er macht sich deshalb keine Sorgen um eine Auseinandersetzung zwischen ihr und dem Wolf.
Schließlich hat der Ritt ein Ende und Elrynor atmet erleichtert durch. Erstaunlicherweise haben sie es ohne große Probleme durch den Wald geschafft und die Blutumhänge anscheinend abgehängt. Auch wenn er nur ein Bastard ist, muss Elrynor zugeben, dass der Mann sie gut geführt hat. Bei der Dunkelheit und dem Tempo war das eine gute Leistung.
Jetzt sieht sich der Elf mit einer ganzen Kompanie Kargi konfrontiert, die ihn vermutlich am liebsten Tod sehen würden. Doch zu seinem Erstaunen, setzt sich der gefolterte und misshandelte Kargi für ihn ein und auch der Halbelf versucht zu helfen. Gut so und das Mindeste, was Elrynor erwarten kann. Schließlich sind die Menschen eigentlich nur dank ihm entkommen. Es ist sein Rat gewesen, der sie vor den Blutumhängen geschützt hat und zusätzlich ist er der Sündenbock, der all die Schuld auf sich geladen hat. Er ist es gewesen, der die Prinzessin und die Wachen ausgeschaltet hat. Nicht die Menschen, der Bastard oder der Wolf. Ohne ihn würden sie immer noch in der Zelle vergammeln und schließlich hingerichtet werden.
[1]Der Elf wahrt seine Haltung und versucht nicht zusammenzuzucken, als das Wort "Aster!" ertönt und all die Kargi auf ihn zielen. So ganz gelingt ihm das nicht aber trotzdem bleibt er aufrecht sitzen und entgegnet verbissen die Blicke der verhassten Grünhäute. Nachdem der Moment der Stille vorbei ist und die guten Nachrichten die Menge ablenken, entspannt sich Elrynor wieder. Die verdrängte Angst fällt über ihn herein. Seine Knie fühlen sich plötzlich weich an und einen Moment muss er sich in der Mähne seines Pferdes festkrallen, um nicht einfach abzurutschen und auf den Boden zu fallen.
Der Schwächeanfall geht allerdings schnell vorbei und Elrynor kann endlich mit etwas Würde von seinem Pferd absteigen.
"Tháron!" ruft er, als er wieder auf dem Boden steht und etwas Kraft gesammelt hat. Die Luchsin wirft ihm einen Blick zu, fletscht noch einmal die Zähne, faucht die Kargi an und verschwindet dann schließlich in einem nahen Busch.
Der Elf atmet durch und beobachtete die Szenerie, die sich ihm bietet. Die Gespräche und das freudige Wiedersehen ignoriert er und macht sich lieber Gedanken darüber, was er hier überhaupt macht. Die Prinzessin hatte ihm geraten, mit den Menschen zu fliehen und das war auch eine gute Idee gewesen. Aber die Flucht ist vorbei und er ist in relativer Sicherheit. Was soll er jetzt tun? Er ist niemandem mehr zu Dank oder Gehorsam verpflichtet. Die Prinzessin hat ihm zwar das Leben gerettet aber im gleichen Zug nicht nur verbannt, sondern mit ihrer Geschichte und dreisten Lüge auch noch seinen Familiennamen in den Dreck gezogen. Damit sind sie quitt. Hier gibt es nichts, was ihn hält und würde er jetzt mit dem Pferd davonreiten, würde ihn wirklich jemand aufhalten?
Nichts verbindet ihn mit den Personen, die ihn umgeben. Ihr Schicksal interessiert den Elfen nicht wirklich und trotzdem setzt er sich zu ihnen ans Lagerfeuer - mit möglichst viel Entfernung zu den Kargi. Das ist aber eher der Erschöpfung als irgendetwas anderem, wie zum Beispiel Zuneigung, geschuldet. Nebenbei hört er zu, was erzählt wird aber er versteht weniger als die Hälfte, da er die Hintergründe nicht kennt. Für ihn ist allerdings klar, dass die Kargi-Patroullie einen Befehl ignoriert und direkt die Folgen kennen gelernt hat. Interessant ist dieser Hintergrund allemal, vor allem weil es die Folterung des Kargi erklärte. Tatsächlich wecken diese ganzen Geschichten aber das Interesse Elrynors. So erhebt sich schließlich die leise, helle aber dennoch selbstbewusst klingende Stimme des Elfen.
"Um was für eine Aufgabe handelt es sich, die ihr angenommen habt?"