Bereits am frühen Morgen steht Lôrn al'Bakhra ibn Kara ben Nahur Ar-Rahim al Kemnebi am über Nacht errichteten Scheiterhaufen. Dem letzten Ruheort seines letzten und einzigen Freundes. Denn viele Freunde hat er bereits verloren. Und nun auch Fasir, seinen Blutsbruder.
Die Nacht war kurz und schmerzvoll. All die vielen, gemeinsamen Jahre zogen in Gedanken nocheinmal vorbei. Und jetzt... ein unerklärlicher Tod. Es muss der Wille der Götter gewesen sein. Etwas Anderes schließt Lôrn bereits aus.
Zum Morgengruß der Sonne am Horizont, beginnt Lôrn erst einen rituellen und melodischen, heiligen Gesang zur Lobpreisung Sarenraes. Zur Ehre der Sonne, des Lichtes, der heiligen Blume des Sonnenaufgangs, des heilenden Lichts. Dem Immerlicht.
Nachdem er den rituellen Gesang beendet, spricht Lôrn ein Gebet und seinen Abschied an Fasir.
"Erlöserin Sarenrae. Deine Macht ist unendlich und Deine Güte ist groß. In Deinem Namen werden Gerechtigkeit und Milde den Bedürftigen und Schwachen zuteil. Wir danken Dir für Deine Großzügigkeit und Herrlichkeit. Auf dass Dein Licht uns schütze und scheine in jeder dunklen Stunde.
Ein Diener Deiner großen Macht wurde aus dem Teppich des Lebens gerissen. Sein Lebensfaden endet hier, unter Deinem wachsamen Auge. Dein Diener, Fasir al-Ahrim, hat seinen letzten Herzschlag auf dieser Welt getan und wir bitten um Deine Gnade, ihn in Dein Reich aufzunehmen.
Seine treue Seele hat Dein Wort in entlegene Winkel dieser Wüste gebracht und Dein reinigendes Wort verbreitet. Seine Seele war rein und tritt nun vor Dich. Das reinigende Feuer mag seinen sterblichen Körper verzehren, doch seine Seele steigt hinauf zu Dir, im heiligen Rauch seiner Asche.
Ich, ibn Kara ben Nahur Ar-Rahim al Kemnebi, Kara, Sohn des Lichts, Kara der Barmherzige, Kara der Schwarze Panther, Der schwarze Sohn der Flammen, Gütiger Ritter Sarenraes, spreche für diesen Mann, den ich meinen letzten Freund nenne. Mein Wort mag nicht viel wiegen in Deinem Antlitz, doch ich flehe um die Gnade, welche Du seiner Seele zuteilwerden lassen magst.
Sein Weg ist heute beendet und er hinterlässt ein tiefes Loch in meinem Leben und der Zukunft dieses Landes. Denn er hätte große Taten vollbracht. Seine Macht mag noch nicht groß gewesen sein, aber seine Lebensblume verwelkte vor ihrer Blütezeit.
Ich bitte Dich, Herrin Sarenrae, nehme Dich seiner Seele an, wie er sich Deines Wortes zu Lebzeiten annahm."
Lôrns Stimme ist laut und deutlich. Sie wird nicht vom Knistern des mittlerweile brennenden Scheiterhaufens verschluckt. Mit einer Fackel steht er nahe beim Feuer und spürt die prasselnde Hitze in seinem Gesicht. So aufrecht, wie ein ehrlicher Mann stehen kann, nimmt er Abschied von Fasir, seinem letzten Freund und Tränen rinnen ihm durch das mittlerweile leicht rußige Gesicht. Diese hinterlassen Spuren, wie es die weiße Farbe in Fasirs Gesicht getan hatte, an ihrem letzten gemeinsamen Tag.
"Ich werde unseren Weg zuende gehen, Fasir. Das schwöre ich beim Feuer Deiner Asche, im Angesicht unserer Herrin und bei meinem Blute!"
Die letzten Worte des heiligen Kriegers sind leise, aber durchaus hörbar. Seine andere Hand greift in seine Tasche und holt einen kleinen Beutel heraus, dessen Inhalt Lôrn dem Feuer übergibt. Lange, lockige, schwarze Haare. Und nun fällt auch auf, dass sich der Wüstensohn in seiner Trauer seinen herrlichen und gepflegten Bart -ein Zeichen von Ehre und Stolz unter Keleshiten- abrasiert hat.