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Autor Thema: Die Nacht des Blutes  (Gelesen 30510 mal)

Beschreibung: Episode 1.1

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Esulilde Ziberadi

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #165 am: 06.10.2013, 14:55:51 »
Esulilde nickte. Es machte keinen Sinn das unvermeidliche hinauszuzögern. Vielleicht waren sie im Klster wirklich sicherer als auf der offenen Straße. "Nun denn, lasset und gemeinsam das Kloster Elendras aufsuchen und hoffen, dass es den erwarteten Schutz vor den wandelnden Toten zu bieten vermag. Oh verzeiht, ich vergaß, mich vorzustellen: Mein Name ist Esulilde." Dann verfiel sie wieder in schweigen, dennoch bereit, aufzubrechen.

Rhamedes

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #166 am: 06.10.2013, 21:32:39 »
Die Worte Cederons schmerzten Rhamedes Inneres. Wie schnell war dieser Mensch dabei entscheiden zu wollen, wer leben dürfte und wer alleine auf sich gestellt sein sollte. Vielleicht waren wirklich Wahnsinnige im Sanatorium eingesperrt, aber war dieser Cederon, dass er wusste, wer dort wirklich eingesperrt war? Und wer war dieser Cederon, dass er glaubte, einschätzen zu können, ob nicht im Kloster ebenfalls Gefahren warteten? Der Weg war länger und sie kannten den Weg nicht. Rhamedes war jedoch kein Mann harscher Worte und wusste nicht, wie er Cederon, der sicher von seiner Furcht getrieben war, überzeugen sollte. Rhamedes fürchtete sich selbst. Er atmete jetzt kurz und heftig ein, und verlangsamte dann Stück für Stück seine Atmung, um sich etwas zu sammeln. Obwohl er nichts getrunken hatte seit seiner Flucht, verspürte er wieder diesen von der Leiste her drückenden Harndrang. Kein natürlicher Harndrang, sondern eine Reaktion des Hirnes auf Furcht und Angst. Rhamedes eilte mit über die Sprache und suchte verzweifelt nach Worten.

"Ich ersuche euch, lasst uns zuerst das Sanatorium aufsuchen. Dort sind auch Wesen, die unserer Hilfe bedürfen. Es sieht nicht überlaufen aus und wir können sie nicht sich selbst überlassen. Die Ärzte und Betreuer werden noch vor Ort sein. Wir haben mehrere Verwundete und eine unbekannte Anzahl von Untoten zwischen uns und dem Ziel. Lasst uns zuerst ins Sanatorium, und dort nach Überlebenden schauen und nach einer Möglichkeit, unsere Verwundeten zu verarzten. Und dann lasst uns auf das Dach des Sanatoriums steigen oder an einen anderen hohen Ort innerhalb des Gemäuers und uns einen Überblick verschaffen. Wir sahen eben schon einen Nekromanten. Was ist, wenn es mehr gibt, und sie uns wie Vieh zur Schlachtbank treiben? Nein, ich ersuche euch. Lasst uns ins Sanatorium, durchschnaufen, kurz zu Kräften kommen und dann weiter, wenn es sich anbietet...
Wenn der Tempel sich das Kloster der Horden erwehren kann, wird es noch Zeit haben. Vielleicht haben wir dann berechtigte Hoffnung, dass sie uns alsbald auch finden, ehe wir sie finden. Lasst uns bitte in der Stunde der Not nicht herzlos werden.[1]"


Rhamedes wirkte betrübt, ob der Gedanken, das Sanatorium einfach so hinter sich zu lassen. Dort waren sicher auch Wesen eingesperrt, die wenig für ihr Schicksal konnten und einfach behindert zur Welt gekommen war. Wer weiß, wie viele davon ihren Verstand aufgrund der vermaledeiten Magi verloren hatte? Wer waren sie, einfach so über Leben und Tod zu entscheiden? Hatten sie vorher nicht auf alle anderen Fliehenden aufgenommen? Rhamedes seufzte vor Sorge.
 1. Diplomatie 24 - Der Diplomatiewurf ist selbstverständlich nur gegen die NSCs gerichtet.

Omrah

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #167 am: 09.10.2013, 11:19:42 »
"Nein!" entfuhr es Omrah, der sich der Aufmerksamkeit, die ihm jetzt wohl entgegengebracht wurde etwas schämte. Er konnte sich aber nicht mehr länger heraushalten. Für ihn war ganz klar, das Elendra und ihre Priester die einzigen waren, die die Gruppe beschützen konnten. Sie würden die Untoten fernhalten, so wie das Licht die Dunkelheit vertrieb. Außerdem konnten sie sich in so einer Situation nicht um die Kranken und Verrückten im Sanatorium kümmern, zuerst mussten sie sich selbst helfen und eine sichere Unterkunft finden. Zuviel Menschenliebe konnte jetzt ihr Tod sein, er hatte das alles schon miterlebt.

"Elandras Priester werden wissen, wie sie die Untoten vertreiben können und sie können sich auch um die Verletzten kümmern. Wir können auch im Kloster verschnaufen und eine Pause machen. Die Untoten werden nicht wagen, sich dem Licht entgegenzustellen!"

Die Worte des Jungen waren voller Überzeugung. Zwar waren sie jetzt in einer Gruppe und waren nicht mehr so stark gefährdet, als wenn sie alleine fliehen mussten aber das hieß auch, das sie sich einigen mussten. Omrah hatte kein gutes Gefühl bei dem Sanatorium, er wollte nicht in dieses Gebäude. Er wollte nicht zu den Verrückten. Im Kloster hatten sie all das, was auch das Sanatorium bot.
Er ging einige Schritte vorwärts und blieb stehen, um sich nach der Gruppe umzugucken.

"Ich kenne den Weg zum Kloster, es ist nicht weit."

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #168 am: 09.10.2013, 22:17:13 »
"Wohin auch immer," raunte Cederon, "erstmal weg von dieser Straße!"

Er fasste seinen Jungen an der Schulter und seine Frau an der Taille, und schob beide in Richtung der Nebenstraße, an deren Ende sich die Häuserbrücke befand. Ryffa und die anderen Mädchen folgten ihm, ohne zu zögern.

Der kräftige Mann warf einen letzten Blick zurück auf den Untoten, der raunende Geräusche von sich gab, während er langsam näher wankte.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #169 am: 10.10.2013, 15:31:18 »
Gelirion sah es so wie Cederon. Jetzt war für lange Debatten keine Zeit, wobei natürlich alle gute Standpunkte hatten. So folgte er erst einmal Cederon in die Gasse. Schließlich war es ein und der selbe Weg. Dabei achtete er darauf, dass alle mithielten ohne bedrängt zu werden.
« Letzte Änderung: 12.10.2013, 07:46:09 von Sternenblut »

Rhamedes

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #170 am: 13.10.2013, 22:49:13 »
Wenn das Kloster nicht so gut wie das Sanatorium gesichert war, konnte es gut sein, dass es schon längst überlaufen war. Im Gegenteil war es sogar wahrscheinlich, dass wenn Zauberwirker daran beteiligt waren, sie die Hochburgen ihrer Feinde unter besonderen Angriff nahmen. Rhamedes erschauderte. Woher hatte er diesen ungewöhnlichen Gedanken. Er horchte nach der inneren Stimme, die immer dann Besitz von ihm zu ergreifen schien, sobald er in höchster Gefahr war. Jetzt flüsterte sie nur aus den Verließen seiner Seele, verborgen und leise. Rhamedes hatte ein schlechtes Gefühl bei dem Kloster, doch er konnte die Angst des Jungen verstehen, den er jetzt das erste Mal eingehend musterte. Ihre Flucht war kopflos, es waren so viele Menschen gestorben. Lohnte es sich überhaupt, sich die ganzen Gesichter um sich einzuprägen? Hoffnungslosigkeit verdrängte etwas die Angst des alten Mannes. Wie sollte er das Grab seiner Eltern nun suchen? Ob man sie auch noch erweckt hatte? Irgendwas sagte ihm, dass dies nicht so unwahrscheinlich war, da das Schicksal eine Hure mit goldenen, doch quecksilbergefüllten Brüsten war. Er schüttelte den Kopf, die Hoffnungslosigkeit flüsterte ihn Gedanken ein, die er nicht haben wollte.

Rhamedes rieb sich die Augen und gab schließlich nach. Alleine würde er sowieso nicht ins Sanatorium kommen. "Dann leitet den Weg. Auf zum Kloster.", er versuchte aufmunternd Omrah zuzulächeln, und seine Sorgen zu verstecken. Er hatte kein gutes Gefühl. Seine Müdigkeit gab dem Ganzen den Rest. "Halte durch, alter Mann. Der nächste Sonnenstrahl wird dich schon wieder aufrichten."
Er schmeckte seine Galle auf der Zunge, während er Cederon folgte.

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #171 am: 14.10.2013, 21:17:14 »
Und so entschloss sich die Gruppe, es zuerst beim Kloster zu versuchen. Denn wer, wenn nicht Elendras Diener, würde sich gegen die untoten Kreaturen dieser schrecklichen Nacht verteidigen können?

Sie liefen die Nebenstraße entlang, näherten sich der großen Straße, auf der die Horde auf ihre nächsten Opfer wartete, und verschwanden in einem Seiteneingang des Hauses, zu dem die Häuserbrücke gehörte. Knapp entgingen sie dabei den Blicken der wandelnden Toten. Das Gebäude, aus gelbem Sandstein gebaut, war gleichermaßen Museum wie Bibliothek. Regale mit Büchern zierten die Wände, während in feinen Vitrinen antike Ausstellungsstücke im Raum standen. Eine Treppe führte von der Mitte des Raums nach oben auf eine Galerie. Niemand war hier zu sehen, und zur Erleichterung aller auch keine Leichen.

Schnell liefen sie nach oben, suchten den Eingang zur Häuserbrücke - eine einfache, unverschlossene Holztür und liefen dann über das hölzerne Konstrukt zur anderen Seite. Durch schmale Fenster konnten sie nach draußen sehen, und so die untote Horde auf  der Straße gefahrlos beobachten.

Die Tür auf der anderen Seite war geschlossen, und hinter ihr war ein leichtes Kratzen zu hören.
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Rhamedes

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #172 am: 15.10.2013, 11:30:12 »
Rhamedes blieb abrupt stehen. Betastete den gelben Sandstein, fühlte der feinen, quarzigen, feinsandigen Struktur nach und hielt einen Moment inne, löste sich vom Gestein mit der unbeantworteten Frage, wie lang dieser Stein wohl gebraucht hatte, um Sandstein zu werden, nur um dann von Menschenhand geformt zu werden und diesem Sturm aus Feuer und untotem Fleisch schließlich wieder vergehen zu können. Wie lange wird es dauern, bis die Bruchstücke wieder von der Natur zusammengefügt werden zu neuem Stein? Oder werden die Reste vorher von Menschenhand weiter zerlegt? Seine Augen ruhten auf den Buchrücken, an denen er nun vorbeieilte. Was hätte sein Leben können, wäre er Gelehrter geblieben. Er war aufgrund dessen, dass er glaubte, so fälschlich glaubte, nur seinem eigenen Gewissen verpflichtet zu sein, ein Taugenichts. Ein von seinem Sein überzeugter Taugenichts. Er blickte fassungslos auf die Bücher. Mit wie viel Verachtung hatte er sie sein Leben betrachtet. Und jetzt war die Zeit vorüber, sich dem Studium der Weisheit der Zivilisation hinzugeben. Diese Bücher würden vergehen, wahrscheinlich bald von dem Feuer zerfressen sein und auch Rhamedes selbst, würde eher vergehen. Und welchen Zweck hatte das Lernen noch, wo sein Geist immer häufiger aussetzte? In dem Moment, in dem er an den Ausstellungsstücken vorbeiging, hatte er ihren Eindruck schon wieder vergessen. Detaillos, als wären sie nie beschrieben wurden.

"Diese verdammte Hoffnungslosigkeit...", grummelte der alte Mann in seinen Bart, bemühte sich jedoch sofort wieder, einen zuversichtlichen, freundlichen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Dieser klare Moment schwand schnell und eine gewisse Leere tauchte in Rhamedes auf. Er spürte, dass das Kratzen an der Tür sich nicht ignorieren ließ, dass jenes Monstrum in den Verließen seiner Selbst deswegen langsam Überhand nahm. Rhamedes war müde und etwas hoffnungslos, er ließ es mit sich geschiehen. Alsbald würde er wieder diese merkwürdige Macht verströmen, die er nicht wirklich verstand, obwohl er einiges darüber wusste, die man Magie nannte und er als Geißel empfand. Sein Verstand wurde ergriffen, Zauberformel rasten durch seinen Kopf. Das Lächeln schwand aus seinem Gesicht. Er wartete darauf, dass Gelirion, bewaffnet und bereit wie immer, die Tür öffnete und er sich im Moment des Magiewirkens vergaß.

Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #173 am: 15.10.2013, 18:11:36 »
Gelirion, der zu Cederon an die Spitze gedrungen war, lauschte an der Tür. Mit geschlossenen Augen versuchte er sich auf das Kratzen zu konzentrieren. Dies gelang ihm nicht wirklich. Denn er konnte nicht einschätzen was dort kratzte. Das wurde ihm schnell klar. Aber seine Augen dankten ihm für den Moment der Ruhe. Nach dem ganzen Rauch hatten sie es furchtbar nötig. Auch sein Geist nutzte den Moment der Entspannung. Hinter den geschlossenen Augenliedern flackerten einige Bilder des Abends immer wieder auf. Immer wieder tauchte seine Schwester auf aber mindestens ebenso oft die Gesichter der Männer … ihre entstellten Gesichter und ihr verzehrender, hungernder Blick, welcher erst erlosch, nachdem ihre Köpfe zertrümmert wurden. Gelirion schluckte die schweren Gedanken hinunter. Er blickte zu Cederon und dann in die Gruppe. Sie mussten weiter. Die Brücke hatte es ihnen offenbart. Die große Straße konnten sie nicht einmal eben passieren. Da war das nun das kleinere Übel. „Macht euch bereit.“ sagte er und ließ seinen Blick nach hinten ins andere Ende des Gangs schweifen. Von hinten würde so schnell nichts kommen. Dieses schöne Gebäude mit seinem Wissensschatz, welchen er sich zu gerne hätte angesehen, war leer. „Frauen und alle die die nicht kämpfen können nach hinten.“ Er lächelte selbige aufmunternd an. Zuversicht musste er ausstrahlen. Sie durften auf keinen Fall verzweifeln. Doch sein lächeln verschwand, als sein Blick bei seiner Schwester hingen blieb. Die Arme stützte sich an Radjesha, welche wegen ihrer Verletzung auch nicht gerade gut aussah. Ihr bleiches Gesicht, ihre sichtbare Schlaffheit und ihr schwerer Atem gefielen Gelirion ganz und gar nicht. Mit ihren glasigen, fiebrigen Augen berührte sie seinen Blick. Ein kurzes Lächeln, eine kurze Anspannung ihres Körpers, welches ihr einen Moment der Haltung zurückgab, das war ihre Antwort. Gelirion biss sich auf die Unterlippe und wendete den Blick zu Cederon. Kurz fragte er sich, was seine Schwester wohl hatte. Egal was sie hatte, sie mussten nun weiter, denn erst im Kloster oder Sanatorium könnte ihr geholfen werden.

„Cederon, wir beide bleiben hier ja?“ fragte er den Mann. „Schlagt mit eurer Axt das Schloss kaputt. Dann treten wir die Tür zusammen auf und ich gehe mit dem Schild vor.“ Wenn jemand hinrter der Tür noch lebte, dann, so offte Gelirion, hatte diese Person den Plan gerade gehört. Wenn nicht würde auf jeden Fall der Untote hinter der Tür weggedrückt werden, und sie könnten den dahinter liegenden Raum säubern. Er hoffte, dass Cederon mit machte. Wenn nicht würde er es einfach machen. Eine Große Wahl hatte er ja nicht.

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #174 am: 15.10.2013, 22:57:04 »
Cederon nickte nur. Als alle in Position waren, schlug er auf das Schloss, und gleich darauf stieß Gelirion die Tür auf. Was danach geschah, passierte so schnell, dass weder die beiden Männer noch ihre Gefährten hinter ihnen es genau erfassen konnten. Etwas Schwarzes bewegte sich mit einem unmenschlichen Klageschrei von der Tür fort, so rasend schnell, dass sie seine Form kaum erfassen konnten. War es ein Dämon, ein Geist? Die Gestalt, überraschend klein, huschte durch ein kleines, geöffnetes Fenster am oberen Ende der linken Wand aus dem Raum und verschwand.

Erst eine Sekunde später begriffen Gelirion und Cederon, was das gewesen war. Der "Klageschrei" hatte verdächtig wie ein empörtes "Meeeeee-aaaaauuuuu" geklungen...

Der Raum dahinter war eine weitere Bibliothek, die Regale diesmal mit schweren Schlössern gesichert. Mehrere Tische und Stühle standen in der Mitte des Raums. Auf der gegenüberliegenden Seite war eine Tür zu sehen. Leichen oder Untote waren keine zu entdecken.
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Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #175 am: 15.10.2013, 23:56:35 »
Das Herz von Gelirion pochte nur so. Auf diese Überraschung war er nicht vorbereitet. Ungläubig blickte er zu Cederon, der wohl gerade ähnliche Gedanken hatte. Erleichtert lachte der Paladin auf nur um kurz danach den Kopf zu schütteln.
Dann betrat er langsam die zweite Bibliothek. Den Kopf immer mal wieder nach rechts und links wendend, schritt er auf die andere Tür zu. Es war eine weitere kurze Erholung für ihn und eine willkommene Ablenkung für seinen Kopf. „Bedauerlich, dass dies alles verbrennen wird.“ Murmelte er zu sich selbst.

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #176 am: 16.10.2013, 07:41:04 »
Cederon lachte ebenfalls erleichtert auf. Gelirions Kommentar beantwortete er mit einem halbherzigen Nicken - ihm schienen die Bücher nicht besonders viel zu bedeuten. Im Vorbeigehen konnte Gelirion einige der Titel lesen: Die Geschichte des Dorfes Naddar, Rezepte für die gute Hausfrau, Chroniken Aradans für Schüler und Lehrlinge - es war nicht der Inhalt, der diese Werke wertvoll genug machte, um sie wegzuschließen. Aber sie waren handwerklich wertvoll: Edle Ledereinbände, goldbeschlagene Buchrücken, ein Werk war sogar mit kleinen Edelsteinen geschmückt worden.

Auf einem der Tische lag ein aufgeschlagenes Buch, das Cederon kurz umklappte, um sich den Titel anzusehen: Die höchst edle Geschichte der Familie derer zu Ganvoros. Der kräftige Mann kommentierte den Titel nur mit einem abfälligen Schnauben, und wandte sich dann der nächsten Tür zu. Den Blick zu Gelirion gewandt, fragte er: "Wollen wir?"

Doch der Paladin kam nicht dazu, zu antworten. Einer der Bücherschränke, hinten in einer Ecke des Raums, wurde mit einem kurzen, heftigen Schrammen verschoben, und dahinter kam ein junger Mann von vielleicht siebzehn oder achtzehn Jahren zum Vorschein. Mit Panik in den Augen sah er die beiden Männer an. "Lasst die Tür zu! Sie dürfen auf keinen Fall reinkommen!"
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Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #177 am: 16.10.2013, 09:26:15 »
Gelrion blickte den jungen Mann überrascht von oben bis unten an. „Mein Name ist Gelirion und wir müssen da durch.“ antwortete er ohne sich weiter auf die Tür zu zubewegen. „Die Stadt ist voller Untoten, die Häuser brennen und es gibt wohl nur wenige Orte die Sicherheit bieten können.“ So informierte er den jungen Mann kurz über die Lage. Wenn er sich hier verschanzt hatte, wusste er wohl davon nichts. „Aber sagt, was ist hinter der Tür? Wie viele dieser Monster sind es? Wir ahnten schon, dass wir uns ins Freie kämpfen müssten aber jede Information ist gut.“ Er lächelte den Jungen leicht an. „Wir lassen dich aber auch nicht alleine. Schließ dich uns an. Wir wollen zum Kloster der Elendra.“

Areo

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #178 am: 16.10.2013, 20:49:58 »
Die Frau in der Gasse. Der junge Elf mit seinen Gefährten. Die heftige, angespannte Diskussion. Die brennende Stadt. Viele Eindrücke, welche Areo auf nahm und in seinem Bewusstsein zu seinem gänzlich eigenen Gewebe an Gedanken formte. Worüber sie sich stritten war ihm nicht klar, jedoch verriet ihre Körperhaltung und ihr Auftreten grundsätzlich nichts Böses. Ihr Verhalten schien durchweg freundlich, helfend. Innerlich seufzte der Druide erleichtert auf, als sie auf die andere Gruppe stießen. Je mehr sie waren, umso höher waren ihre Chancen, ihr gewähltes Ziel zu erreichen. Ob es darum wohl ging? Wo in dieser verfluchten Nacht sie Schutz suchen sollten? Wenn dem so wäre, würde er sowieso nicht sonderlich viel beitragen können, denn er war weder Stratege noch kannte er sich in den Gassen Aradans auch nur ansatzweise aus. So unterließ er fürs erste jegliche Vorstellungsfloskeln und versuchte nicht, die neuen Fremden auf seine Behinderung aufmerksam zu machen. Inständig hoffte er eine der schönen Frauen, oder gar der gepanzerte Krieger würden das zu gegebener Zeit für ihn übernehmen. Wichtig war in erster Linie das Überleben der Gruppe und er schwor sich alles in seiner Macht stehende dafür zu unternehmen. So folgte er dem zusammengewürfelten Haufen aus Überlebenden durch die dunklen Ecken der "Schillernden Stadt", bis in jenes Haus.

Bücher überall. So viel Wissen wird verloren gehen, wenn die Flammen hier ankommen. So viele kostbare, bewegende Gedichte und Augenblicke werden verschwinden, wie Tränen im Regen. Wehmütig ließ er seinen Blick über die Regale und Buchrücken wandern, als wolle er die gesammelten Eindrücke sich sorgfältig einprägen, denn zumindest er wollte sich, sollte er überleben, einmal an diesen Ort erinnern. Auf dass er nicht umsonst erschaffen worden ist.

Er bemerkte die beiden Krieger, welche entschlossen vor der Tür in Stellung gingen. Auch wenn er, durch seine Wunden gezeichnet, im direkten Nahkampf nicht viel taugen würde, so stellte er sich dennoch mit erhobenen Stab hinter die Zwei. Ain wich ihm nicht von der Seite.

Glücklicherweise schien ihre Vorsicht in diesem Fall zumindest unbegründet, denn dahinter verbarg sich nichts anderes als ein weiterer, gefahrlos leerer Raum. Oder etwa doch nicht? Ein Regal bewegte sich, eine weitere Person kam zum Vorschein, griff jedoch nicht an sondern sprach etwas. Areos Blick wanderte zu seinen Gefährten. Er kniete sich neben seinen Freund und streichelte ihm den Nacken. Dieser zeigte sich durch den Neuling nicht sonderlich bedroht und war dadurch auch nicht aufgebrachter, als er sowieso schon in dieser Nacht gewesen war. So wartete der Druide ab, wie die Anderen in der Gruppe auf den Jungen reagieren würden.

Rhamedes

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #179 am: 16.10.2013, 21:16:41 »
Der alte Mann starrte den jungen Mann an. Merkwürdige Worte, von denen er selbst nicht glaubte, dass er sie überhaupt mit seinen phonetischen Fähigkeiten aussprechen konnte und deren Klang in seinem Geiste trotzdem einen Sinn machte und vertraut klang. Wie eine Erinnerung, der man sich nach langer Zeit wieder gewahr wurde und die sich zuerst fern und unecht anfühlte und dann doch bekannt und wohlvertraut, zu einem gehörend. Häufiger waren diese Erinnerungen negativer Natur, sodass sie verdrängt wurden, bis sie sich ins Bewusstsein zurückdrängten. War er schon so dement, dass er diese Worte in der Zeit nach dem Zwischenfall schon gehört und dann schon wieder vergessen hatte? Nein, er erinnerte trotz seiner sterbenden Erinnerung dieses Zwischenfall noch ganz genau. Beim Gedanken daran schmerzte seine linke Hüfte wieder. Er ging seitdem etwas stöckern. Der Schmerz war noch immer nicht vergangen. Kein Wunder, war doch ein Teil des Gewebes nekrotisch gewesen und hatte einen Wundbrand hervorgebracht, der ihn fast zu seinen Eltern geschickt hatte. Daran erinnerte er sich noch, aber die Worte? Waren sie aus seiner Kindheit? Aus seiner Jugend?

Erst als er seine Fingerspitzen betrachtete, welche leicht in orangenen und blauen Tönen zu glühen begann, erschrak er und bemerkte, dass er mit den Worten im Geiste noch immer den Jungen anstarrte, eingehend musterte, sein Aussehen zu ergreifen und begreifen suchte. Er blickte den Jungen an und hatte doch gleichzeitig kein Bild von ihm vor Augen. Nur diese Jugend. Würde er wie die Bücher sterben, deren Namen er lesen konnte, doch deren Anblick er sofort wieder vergaß, so wie die Ausstellungsstücke im Raum zuvor? Was waren sie gewesen? Keine Erinnerung. Rhamedes riss die glühenden Fingerspitzen an sich vor Schreck. Der Zauber, der sich angedeutet hatte, verrauchte. Um ein Haar hatte er ein lebendes Wesen mit einem Angriffszauber bedacht. Rhamedes schwitzte, vor Schreck atmete er jetzt schwer und durch den Mund. Ein Tropfen rann ihm von der Stirn bis zum Bart.

Erschrocken über sich selbst ignorierte Rhamedes die Bücher in diesem Raum und blickte nur auf den Jungen. "Was jetzt sagen, alter Mann?" Des Alten Lippen zitterte und mühsam stackste er auf seinem Stock zu dem Jungen, dessen Gesicht er betrachtete, als würde er die Handschrift eines Arztes betrachten, und ihre Unlesbarkeit bewundern. Stockend brachte er nur ein. "Bist du verletzt, Junge?" hervor und versuchte sein Zittern zu verbergen, in dem er seine Hände so krampfhaft um den Wanderstab krampfte, dass die Knöchel weiß hervorstanden. Er fühlte wieder die Koffnungslosigkeit über sich kommen, da er sich nicht einmal mehr Gesichter merken konnte. Dabei war das immer alles, was er getan hatte. Gesichter betrachtet und versucht eine Geschichte in ihnen zu lesen, vor allem in ihren Augen. Doch er sah nur Schwärze in den Augen des Jungen.

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