Omrah schlug die Augen auf und war sofort hellwach. Sein Körper und seine Muskeln waren angespannt und bereit, sofort das weite zu suchen, als er in die Augen seiner Mutter blickte. Er versuchte im gleichen Moment aufzustehen und von dem Monster wegzukriechen, das noch vor wenigen Tagen seine Mutter gewesen war, doch ihr fester Griff hinderte ihn daran. Dieses mal würde er ihr nicht wieder entkommen, sie hatte ihn gefunden und würde ihren Hunger endlich stillen können. Der Blick des Jungen hetzte durch den Raum, als er verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit suchte. Als sein Blick wieder auf seine Mutter fiel, erkannte er endlich, das sie nur ein Geist aus seinem Traum gewesen war. In Wirklichkeit hatte Ryffa ihn geweckt und stand nun mit einem Blick vor ihm, den er in ihrem Gesicht noch nie gesehen hatte.
Er sah sie jetzt genauer an und erkannte, das sie sich nicht wie sonst verhielt. Sie war eigentlich immer fröhlich und schien das beste aus dem Leben zu machen - wie alle Straßenkinder und er selbst auch - und wenn er sie nicht fröhlich sah, war sie besorgt. Aber Angst? Die hatte er noch nie in ihrem Gesicht gesehen. Irgendetwas schlimmes musste passiert sein. Die Tatsache, das sie dieses mal bei ihm Schutz suchte, machte ihm noch mehr Angst als ihr Verhalten - normalerweise war sie es, die ihn beschützte und da war es ihr egal ob er das wollte oder nicht. Während sie ihn zum Gehen drängte und halb mitzog, fiel sein Blick auf die Straße und da wusste er aufeinmal, wieso sie sich so seltsam verhielt.
Bei dem, was er auf der Straße sah, blieb ihm fast das Herz stehen. Während er wie gebannt und hypnotisiert auf die Straße starrte, fühlte er, wie ihn die Dunkelheit wieder einholte und für einen Sekundenbruchteil in die Nacht zurückversetzte, in der er seine Eltern verloren hatte. Er war nicht entkommen. Der Albtraum hatte ihn eingeholt. Die Untoten waren ihm gefolgt, um ihn zu holen und ihren Hunger zu stillen.
Tränen bildeten sich in den Augen des Jungen, während er weiterhin gebannt auf die Straße blickte und immer wieder "Oh nein... ohneinohneinohnein..." vor sich hin flüsterte. Sekundenlang war er in der Vergangenheit gefangen, bevor er durch Ryffa regelrecht wachgerüttelt wurde und wieder zu klarem Verstand fand. Er schüttelte die Gedanken ab, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und fing an mit fahrigen und hastigen Handgriffen seine wenigen Habseligkeiten einzupacken. Die kleine Holzkiste ließ er einen Moment in seinen Händen, bevor er auch sie sorgfältig verstaute, Ryffas Hand nahm und ihr in die Augen sah. "Wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden, keinen Blick zurückwerfen und nicht stehenbleiben oder sie werden uns kriegen. Schnell!"
Er griff Ryffa am Arm, zog sie mit sich und rannte los. Er warf keinen Blick zurück und strengte sich an, nicht von seinen Ängsten, Erinnerungen und Gefühlen übermannt zu werden. Jetzt zählte nur noch eins: Überleben.