Ich blute, sagt der Mann. Scharf beobachtet! Basilio weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll. (Alternativ zieht er noch "vor Schmerz wimmern wie ein Mädchen" in Betracht.) Aber verflucht will er sein, wenn er schon wieder derjenige ist, der sich auf den Baum (oder in den Wagen) flüchtet. Im Kampf mit den Hyänen war es eine taktische Entscheidung gewesen, die er schon getroffen hatte, bevor er überhaupt loslief, aber hier? Was wäre hier die Entschuldigung?
Bevor er sich aber entscheiden muss, ruft der Gepanzerte, der kurz zuvor noch wie ein Henker geblickt hat, laut zum Rückzug, was sofort ein allgemeines und gänzlich undiszipliniertes "Rette sich, wer kann" unter dem Feind auslöst.
Derweil ist Basilio die Armbrust aus der kraftlosen und vor Blut glitschigen Hand geglitten. Das soll ihm gerade recht sein, dann kann er sich damit halbwegs am Bock festhalten. Mit der Linken hält er noch immer den Sattelknauf gepackt. Solchermaßen gestützt späht er jetzt über den Rücken der Mulis auf das Schlachtfeld, soweit der Wagen ihm die Sicht freilässt.
Und sofort löst sich das Chaos unter seinem taktisch geschulten Blick in die schönste Ordnung auf. Jetzt, wo er selbst nicht mehr daran teilhat, wo er sich nicht überlegen muss, was er selbst als nächstes zu tun hat: jetzt erblickt er eine Situation fast wie aus dem Lehrbuch. Und da, wo sie sich nicht ans Lehrbuch hält, ist ihm nicht weniger klar, was getan werden muss.
Und da die einzige Waffe, die ihm in seiner Lage noch bleibt, eh seine Zunge ist, ruft er lauthals Befehle hinaus: an die beiden Karawanenwachen in der Nähe, die beiden Fahrer, ja, selbst den Zwerg, der hier ja wohl klar das Sagen hat. Nur hält Basilo gar nicht lange genug inne, um sich zu überlegen: ja, warum sollte einer von ihnen sich um das scheren, was das kleine Bürschlein da herumschreit! Wir kennen ihn nicht und er hat sich gleich abschießen lassen, wie ein Depp ist er mittenrein geritten!
Doch weil Basilo keine Zeit hatte, darüber nachzudenken, ist in seiner Stimme nicht der geringste Zweifel zu hören. Wie ein erfahrener Hauptmann klingt er, befehlsgewohnt, zuversichtlich, Herr der Lage. Wenn außer Basilio selbst hier jemand Alonso Alvareste, den Kommandanten der Südfront, persönlich kennen sollte, so dürfte es diesem leichtfallen zu erkennen, dass Basilio sich genauso anhört wie er! Wortwahl, Tonfall, Lieblingsfluch: alles passt. Allein die Zuversicht dieser Stimme hebt die Moral der Kämpfenden in seiner Nähe.
[1]Was er genau ruft, hätte Basilio hinterher gar nicht mehr sagen können. Vielleicht macht er einen der Fahrer (falls einer von denen eine Schusswaffe in der Hand hält) darauf aufmerksam, welcher der beiden Bogenschützen dort hinten schon fast vom Pferd fällt, oder er macht dem Söldner ganz links Mut, seinem fliehenden Gegner vielleicht doch noch einen Abschiedshieb zu versetzen, oder weist den geradeaus an, den seinen doch möglichst noch (lebend!) vom Pferd zu holen. Doch was ihm eigentlich am Herzen liegt, ist der Anführer. Verflucht, wenn der Kerl entkommt, ist womöglich alles umsonst gewesen! Wer weiß, ob einer der anderen überhaupt einen Schimmer vom eigentlichen Plan hat? Es könnten normale Banditen sein, die gar nicht wissen, dass sie von dem Kerl da zu einem besonderen Zweck eingespannt wurden!
Also ruft Basilio dem Zwerg zu—gerne hätte er es auf Zwergisch gerufen, doch statt "Anführer", "aufhalten" und "befragen" fallen ihm nur die Worte: "Haushaltsdefizit", "Steuererhöhung" und "Schutzzölle" ein
[2]—daher muss es wohl oder übel die Handelssprache tun:
"Haltet den Anführer auf, wir müssen ihn verhören!"