Galian schaute Skraching ein wenig verwundert an. Auch wenn er sich nicht fest gelegt hatte, so hatte er nicht einen Moment in Betracht gezogen, dass er über seine Erlebnisse reden würde. Warum auch? Schließlich war die Sache für ihn mehr als klar. Es war eine Lüge gewesen, die er durchschaut hatte - mehr nicht.
Andererseits war es wohl mehr als recht, wenn er Skraching davon erzählte. Er schämte sich nicht für sein Leben, im Gegenteil, er war sogar ein wenig stolz darauf, dass er heute mit Gold- und Platinmünzen bezahlen konnte, wo ihm früher der Gedanke an eine einzige Silbermünze noch wie ein unerreichbarer Traum vorkam. Es waren nicht die Münzen die ihm gefiehlen - Galian gab nicht einmal besonders viel von seinem Geld aus - sondern eher die damit verbundene Tatsache, dass er nicht mehr jeden Tag auf sein Überleben hoffen musste.
Auch für seine Vision empfand er keine Scham, warum also nicht?
"Na gut." sagte er zu Skraching nach einem kurzen Moment des Schweigens "aber ich möchte dir gerne noch etwas erklären, bevor es losgeht. Ich weiß nicht was du für einen Eindruck gewonnen hast, aber ich bin kein gemeiner Mörder. Ich würde zwar lügen, wenn ich behauptete, dass das Auslöschen eines Lebens nichts in mir auslöst, aber das ist kein Grund schlächtend durch die Gegend zu ziehen. Ich töte für Geld, davon lebe ich und das hat mir das Leben überhaupt erst ermöglicht. Wer meine Dienste nutzt, der hat in der Regel genug Einfluss um seine Gegner auch ohne mich aus dem Weg zu räumen."
Die Stimme des Assassinen war eindringlich, es schien ihm wichtig, dass man ihn verstand. "Ich töte nicht weil es vielleicht eine einfachere Lösung sein könnte. Was würde geschehen, wenn ich Euch alle wirklich getötet hätte? Ich wäre vielleicht grad auf dem Weg nach irgendwo... In eine fremde Stadt und müsste mich dort komplett neu zurecht finden. Ich würde darauf warten, dass man mich irgendwann erwischt oder nicht. Aber ich hätte keine Möglichkeit alleine etwas dagegen zu unternehmen. Ich meine ich bin gut darin mir selbst zu helfen, aber das liegt vor allem daran, dass ich jemand bin, dem man nicht gerne hilft."
Er erhob sich um sich dann neben Skraching niederzulassen.
"Es ist nicht logisch Euch zu töten und - auch wenn ich es erst jetzt wirklich begreife - brauche ich Euch. Vielleicht braucht ihr im Moment die Fähigkeiten eines Gesetzlosen mehr als ich eure Fähigkeiten brauche, aber das wird sich ändern, wenn wir in höheren Gesellschaftskreisen verkehren werden. Da werde ich froh sein, dass ich Kyra habe... Galian stockte. Er hatte die junge Frau beobachtet, wie sie aus der Hütte gekommen war und sich vor die Andere gesetzt hatte. In diesem Augenblick hatte sich ihr Rucksack aus eigenem Antrieb in die Luft erhoben und drehte sich dort im Kreise. Galian war immer noch nicht wirklich an Magie in seiner Umgebung gewöhnt und sah dem fliegenden Behältnis eine kurze Weile zu, wie es sich über Kyra hin und her bewegte, als wäre es ein seltsamer Vogel.
"Wie dem auch sei. Ich wollte das klarstellen, denn es wäre nicht gut, wenn jeder hier glaubt ich würde uns bei der nächst besten Gelegenheit in den Rücken fallen, denn das ist nicht meine Art. Ich bin kein Verräter." Es klang ein wenig grimmiger, als er wollte, aber dieser eine Punkt war Galian wohl wichtiger als er selbst bis jetzt gewusst hatte.
"Was meine Vision angeht, muss ich wohl etwas weiter ausholen. Ich komme aus Aeron's Glanz, genauer gesagt aus den riesigen Teilen, die man dort "Armenviertel" nennt. Stell es dir eher vor wie eine zertrümmerte Stadt ohne Gesetze und ohne Ordnung, wo die regieren, die am brutalsten sind..."
Galian erzählte kurz, wie er zu seinem 'Beruf' gekommen war und wie es zu der Nacht kam, auf die seine Vision angespielt hatte. Er schien nicht darauf zu achten etwas zu beschönigen und so wirkte seine eigene Person in dieser Geschichte eher wie der Bösewicht als wie der Held.
Er erklärte sein Verhältnis zu Alessa als eine Mischung aus Erzfeind, größter Konkurrentin und engster Vertrauten. Er glaubte nicht, dass sie ihm jemals das Leben gerettet hätte und auch wenn sie großen Respekt füreinander empfunden hatten, hätte sie es ihm wohl eher genommen. Er beschrieb seine Verwunderung, dass seine Vision so ein unwirkliches Szenario angenommen hatte.
Es fiel Galian schwer Skraching nicht bloß die Geschehnisse aufzulisten sondern auch von seiner Unsicherheit zu berichten, dass er sich gefragt hatte, ob er sich nicht getäuscht hatte und das er es wohl zu der damaligen Zeit nie hätte merken können. Allerdings wirkte der Assassine trotzdem so, als hätte er das meiste schon verarbeitet und für sich umgesetzt.
"Keine Gute Nacht Geschichten, deshalb reden wir ja auch jetzt und nicht heute abend darüber." meinte er nachdem er geendet hatte und einen Moment lang geschwiegen hatte.