James Brown
James Brown hatte Glück und konnte einen der wenigen Parkplätze vor dem DPD bekommen. Er stieg aus und führte den Mann in das Gebäude, wo schon jetzt wieder reger Trubel herrschte. Die Atmossphäre in diesem Großraumbüro hatte etwas von einer Bahnhofsvorhalle: viele Stimmen redeten durcheinander, Telefone klingelten, viele Menschen liefen durcheinander, darunter Punks, Prostituierte und andere Randsständige. Brown sah nach, ob einer der Vernehmungsräume frei war und fand einen. Dann nam er die Personalien und die Aussage des Schwarzen auf:
Zunächst wiederholte der Schwarze seine Aussage nur und sah Brown dann trotzig an. Doch Brown lies nicht locker und insistierte mehrmals, dass der Schwarze, dessen Name Ben Amoria war, noch mehr gesehen hatte und drängte den Mann, noch mehr ins Detail zu gehen. "Hören S'e, mehr hab ich wirklich nich' gesehen. Wie gesagt, Shehu war Benzin holen gegangen, wahrscheinlich bei der Tankstelle nahe dem Brinkman-Gelände. In der Zwischenzeit kam der Alte raus und sie haben ihn verprügelt, bis aufs Blut. Und als er dann bewusstlos auf dem Boden lag, da bekamen sie Angst, denn der Alte kannte ja unsere Gesichter. Da kam Shehu zurück und als er sah, was passiert war, da hat er geflucht und geschrien, was für Idioten wir seien und dass wir jetzt alle tief in der Scheiße sitzen würden. Ich weiß nicht mehr, wer, aber irgendjemand sagte dann, dass wir das Gebäude anzünden sollten und der Alte darin verbrennen sollte. Dann sähe es wie ein Unfall aus.", der Mann schwieg für einen Moment. "Hören Sie, das war 'ne absolute Scheißidee, okay? Es ist doch Wahnsinn, den Alten zu verbrennen, wegen Körperverletzung, insbesondere weil da sowieso Aussage gegen Aussage gestanden hätte. Aber... kein Plan... irgendwie hatten wir wohl das Gefühl, wir steckten zu weit drin und... Mann!... irgendwie hatten wir nicht mehr geradeaus denken können. 's ging zu schnell, wissen S'e? Ich...", sagte er und brach dann sofort ab. Er schaute Brown misstrauisch an, dann seine Hände. "Wissen S'e was? Ich sag jetzt gar nichts mehr.", entgegnete er nur noch. Und dabei blieb es auch.
Als das Verhör geendet hatte, versah Brown das Dokument mit seiner Unterschrift. Dann führte er den Mann wieder aus dem Großraumbüro, in das Untergeschoß,wo auch einige Zellen waren. Das kalte, sterile Licht der Leuchtstoffröhren ließen den Trakt jedesmal von Neuem so fremdartig wirken, dass er sich eher wie in einer Rechtsmedizin als im Polizeipräsidium fühlte. Der Mann hatte natürlich auch begreifen, was Brown vorhatte und protestierte heftig: "Hey, was soll das, Mann? Ich hab' Dir alles erzählt, was ich weiß! Du Arschloch willst mir einen Strick drehen! Ich habe wirklich nichts getan und weiß auch nichts mehr. Du suchst Dir nur einen Sünden-Nigger, dem Du den ganzen Scheiß anhängen willst." Er zog an seinen Fesseln, doch eine Chance hatte er nicht. Dann war er in einer dieser weiß gekachelten Zellen verschwunden. Ein ziemlich beleibter Polizist zog sich befriedigt die Hose über den Bauch und setzte sich wieder hinter den Schreibtisch, nachdem er die Zellentür verschloßen hatte.
Ab jetzt lief die Frist von 72 Stunden. Brown wußte, dass er den Mann nicht länger festhalten dürfte, außer er konnte einem Untersuchungsrichter die Dringlichkeit klar machen.