Erste Regentropfen fielen auf den Boden, als der Craynarbier sich langsam zu Aether umdrehte und auf dem Pfad stehenblieb. Seine Hände krampften sich zusammen und er schien nicht genau zu wissen, was er tun sollte. Schließlich seufzte er, ließ die Schultern hängen und sackte etwas in sich zusammen, als ihm klar wurde, das er seinen Freunden in den nächsten Minuten vermutlich in den Tod gefolgt wäre. Er nickte dem Schurken zu und sammelte einen Moment Kraft, um ihm auf seine Frage zu antworten. Trauer beherrschte jetzt seine Stimme und sowohl die Schmerzen, als auch die Wut schienen vergessen.
"Nur ein paar Minuten von hier liegen die Ruinen. Wir haben unser Lager in der Nähe aufgeschlagen, damit wir die Ausrüstung und unsere Fundstücke nicht weit tragen mussten." Dann blickte der Mann wieder auf das Lager und Regentropfen vermischten sich mit den Tränen, die still sein Gesicht herunterliefen. Auf Simons Frage hin schüttelte er nur den Kopf. Langsam aber sicher wurden die Spuren der Schlacht in den Boden gewaschen und wieder einmal nahm Liongeli das Blut von Eindringlingen und Fremden in sich auf. Trotz des Regens – oder gerade deswegen – machte sich Shiver an die Arbeit die Leichen zu untersuchen, bevor auch die letzten Spuren davongewaschen wurden. Das Blut der Leichen war schon kalt aber das musste nicht heißen, das dieser Kampf schon lange vorbei war. Die restlichen Spuren deuteten darauf hin, das nur wenige Minuten seit dem Kampf vergangen waren.
Die Taschen und Rucksäcke der Verstorbenen enthielten alles, was man im Dschungel gebrauchen konnte. Neben Seilen, Haken, dem ein oder anderen Kompass, gab es auch einige Münzen
[1] und Munition
[2] aber seltsamerweise keine Waffen zu finden. Die Zelte selbst waren sehr spärlich und spartanisch eingerichtet. Die meisten enthielten nur ein oder zwei improvisierte Betten und Schlafsäcke aber in einem konnte Shiver tatsächlich etwas von Wert entdecken. Zwei
Gewehre und ein
Revolver lagen hier auf einem halben Baumstamm, der als eine Art Tisch diente. Ansonsten entdeckte er die schon bekannten Schleif- und leichten Blutspuren, die den Pfad entlangführten.
Schließlich war aber die Zeit gekommen und alle Zweifel und aufgekommenen Ängste, Hoffnungen und Wünsche mussten beiseite geschoben werden. Jetzt wurde es gefährlich, das war sich jeder bewusst. Unter nun strömendem Regen machte sich die Gruppe zusammen mit dem trauernden Craynarbier – der jetzt fast schon ausdrucks- und teilnahmslos der Gruppe folgte – auf den Weg zu den Ruinen. Sie waren ihrem Ziel jetzt ganz Nahe aber was auch immer die andere Gruppe getötet hatte, war nicht nur schnell, sondern vor allem erfolgreich gewesen. Das bedeutete, das sie jetzt noch aufmerksamer durch den Dschungel laufen mussten. Sie alle wussten schon jetzt, das sich in den nächsten Stunden alles entscheiden würde.
Vorsichtig bewegte sich die Gruppe vorwärts und folgte den Spuren auf dem Pfad, während sie der Dschungel ein weiteres mal umfing. Schon nach wenigen Minuten traten sie aus dem Dickicht des Dschungels heraus und sahen die Ruinen vor sich.
Die Gebäude und Bäume warfen tiefe Schatten in das etwa zwei bis drei Meter tiefe und einige Meter breite, fast ausgetrocknete Flussbett, das sich durch diese einstmalige Siedlung, Stadt - oder was es auch immer einmal gewesen war, bevor Liongeli sich sein Land zurückgeholt hatte - schlängelte. Schon aus der Ferne waren die großen, rundlichen Gebäude zu erkennen, die sich am Rande dieses Flusses aufreihten soweit das Auge reichte oder bis sich das ganze im tieferen Dschungel und den Überwucherungen verlor. Die Gebäude selbst schienen nicht verfallen zu sein, sondern nur von Pflanzen überwuchert. Eine dicke Schicht Erde, Gras und Steine war mit der Zeit über dem Boden dieser Gebäude entstanden. Als die Gruppe näher trat, konnten sie zwischen Rost, Pflanzen und Dreck immer wieder das matte glänzen alten Metalls erkennen. Doch noch etwas zog die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich. Selbst diejenigen, die nicht vom Irrnebel durchdrungen waren, konnten die Kraft spüren, die hier in den Knochen der Erde lag. Der Erdenfluss und die Magie an diesem Ort war sehr stark.
Die Schleifspuren führten die Gruppe ab und zu weiter an den Fluss heran, der noch immer floss aber jetzt lange nicht mehr so groß und kräftig wie einst war. Nur noch ein Rinnsal, das eher an einen Bach erinnerte, war übrig geblieben. Wie die Zivilisation und ihre Bauten, hatte der Fluss seine ehemalige Macht verloren und war zu einem Schatten seiner selbst geworden.
Krok'la wurde währenddessen wieder etwas gesprächiger, auch wenn seine Stimme ausdruckslos war.
"Wir haben fast alle Gebäude hier oben durchsucht aber nur einige uninteressante Dinge gefunden. Wir vermuten das das, was ihr hier oben seht, nur ein geringer Teil der Stadt ist. Deshalb haben wir angefangen zu graben und ich habe tatsächlich eine Tür gefunden... bevor mich das Monster angegriffen hat."Sie folgten weiter den Spuren und kamen schließlich bei einem der rundlichen Gebäude zum stehen. Es sah aus wie die anderen - mit einem entschiedenen Unterschied. Hier war ein Teil der Erde abgetragen und legte eine schräge Luke frei, die in die Tiefen des Gebäudes führte. Eine metallene Treppe führte in die Dunkelheit herab. Der Craynarbier schien überrascht.
"Hi.. hier habe ich gearbeitet. Hier hat mich das Monster angegriffen. Was zum...?"