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« am: 17.07.2023, 15:50:08 »
"Ehre, wem Ehre gebührt." antwortete Victor ungerührt. "Ja, das Schicksal war grausam zu diesem Wesen. Aber was er daraus gemacht hat, war allein seine Entscheidung. Tu mit der Leiche, was du willst - ich für meinen Teil werde mich an keiner Beerdigungszeremonie oder etwas ähnlichem für diesen Mistkerl beteiligen."
Victors Gedanken kreisten ohnehin um eine andere Sache; einer, die ihm mehr und mehr Schuldgefühle verursachte.
"Was von den Winzlingen noch übrig ist." flüsterte er mehr zu sich. Dann wendete er sich Häuptling der Rußschuppen zu:
"Häuptling, auch wir haben uns in den Krieg zwischen euren beiden Völkern hineinziehen lassen. Durch unsere Hand sind etliche der Winzlinge ums Leben gekommen. Ich hoffe inständig, dass es Frieden zwischen den Rußschuppen und den Winzlingen geben wird, und gerne hätte ich dabei geholfen zu vermitteln, doch ich denke, unser Anblick würde nur die Wunden wieder offenlegen, die wir bei den Winzlingen geschlagen haben.
Was euren Frieden mit den Winzlingen betrifft, so möchte ich Euch einen Rat geben: Auch wenn ich noch jung bin, habe ich doch die Erfahrung gemacht, dass ein Frieden nur hält, wenn beide Seiten zufrieden sind. Wenn es den Winzlingen auf Dauer schlechter geht als euch, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das in Zorn umwandelt. Ihr Rußschuppen habt nun unsere Freundschaft und könnt beginnen, die Silbermine auszubeuten. Ich möchte euch ans Herz legen, dass ihr versucht, die Winzlinge an eurem Wohlstand zu beteiligen; wie auch immer ein solches Abkommen mit ihnen aussehen mag.
Was die Silbermine betrifft: Ich bin mir sicher, dass wir einen für beide Seiten vorteilhaften Handelsvertrag abschließen können. Solltet ihr Hilfe benötigen, die Mine auszubeuten, wie Werkzeug, können wir sicher von Olegs Handelsposten aus etwas in die Wege leiten. Und zumindest einen Teil des Geldes könntet ihr nutzen, um die notwendigen Investitionen zu tätigen."
Zum ersten Mal seit langer Zeit war Victor optimistisch, auf der richtigen Seite zu stehen. Vielleicht mochte der Frieden trügerisch sein, und sicherlich waren hier noch etliche Brocken aus dem Wege zu räumen, bevor die Feindschaften und Kriege der Vergangenheit Geschichte sein würden. Aber zumindest war ein Anfang gemacht.
Später am Tag, nachdem er vor allem mit Clarabella zusammen eine Aufstellung der Beutestücke gemacht hatte, die in der Höhle Tartuks gelagert hatten, nutzte er einen ruhigeren Moment, um sich ohne Beisein der Kobolde mit den anderen aus der Gruppe zu unterhalten. Er zeigte ihnen die Liste, die er angefertigt hatte, und fragte offen, was sie nun damit machen sollten.
"Der Ring gehört Svetlana, soviel ist klar. Der muss mit. Dann gibt es den Beutel mit den Sachen, die von den Winzlingen erbeutet wurden: Es würde mein Gewissen zumindest ein wenig beruhigen, wenn wir ihnen wenigstens einen Teil davon zurückgeben würden.
Und von dem Gold der Kobolde werden sie einiges brauchen, um die notwendige Ausrüstung und das Werkzeug für die Mine zu kaufen. Da ist es meiner Meinung nach in unserem eigenen Interesse, es ihnen nicht komplett abzunehmen. Wir sollten aber möglichst direkt einen Handel deswegen einfädeln.
Bei den anderen Gegenständen, insbesondere den magischen, wäre ich weniger abgeneigt, sie mitzunehmen. Persönlich fände ich, dass diese Stiefel hervorragend zu meiner sonstigen Kleidung passen würden, allerdings vermute ich, zumindest Varis sieht das ähnlich für sich selbst."