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« am: 29.08.2015, 12:36:32 »
Esulilde lauschte Schnüffler, während bei seiner Erzählung der sehnsüchtige Ausdruck aus ihrem Gesicht so schnell verschwand, wie er gekommen war. Er meinte, das Feuer hätte zumindest für ihn nichts verändert, es hätte nur einen schlechten Lebensstil gegen einen anderen schlechten Lebensstil getauscht. Er war nicht wie Esulilde von einem Podest auf den Boden geschleudert worden. Auch wenn wir alle so verschieden sind, brauchen wir uns dennoch, um zu überleben. Besonders, wenn die Zahl der Überlebenden noch weiter sinkt...
Sie nickte dem Halb-Ork zum Abschied zu, dann bedeutete sie Iana und Timeroth, ihr weiter zu ihrem Raum zu folgen, um die Meditation zu beginnen.
Sie schloss die Tür, breitete Aguas' Leinentuch in der Mitte des Raumes aus und entzündete zwei Kerzen. Dann bedeutete sie Iana und Timeroth, sich ihr gegenüber, an der anderen kurzen Seite des Tuchs aufzustellen und begann danach, den Segen der Aguas-Kirche zu sprechen:
"'Unser Gewand ist die Nacht, die Schatten geben uns Macht.'
Auch in der heutigen Zusammenkunft stehen diese Worte der ersten Priesterin und Nachtbotin Xaraleas am Anfang. Auch heute versammeln wir uns in Aguas' Namen, ihn - den Gott der sternenlosen Nacht, der Angst und der Monster- zu ehren.
Wir rufen dich, Aguas, an, diese Zusammenkunft zu segnen, sodass wir deinen Willen hier vollführen können.
Wir rufen dich an, uns die Macht deiner Dunkelheit zu schicken, damit wir uns mit deiner Angst und Dunkelheit vereinigen, aufdass sie uns ebenso durchflute wie dich.
Empfanget Aguas' Segen in dieser Stunde der Dunkelheit"
Esulilde breitete ihre Arme aus, die erneut von einer schwachen, schattenhaften Aura umhüllt wurden. Dann setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden, legte die noch immer in einen sanften dunklen Schleier gehüllten Hände ineinander und wies Iana und Timeroth an, es ihr gleichzutun.
"Schließt Eure Augen", sprach Esulilde sanft. "Beruhigt Euren Atem, seht die Dunkelheit vor Eurem Inneren Auge. Spürt, wie die Schatten Euch schützend umfangen. Verweilt in der Dunkelheit. Spürt Aguas' schützende Hand, spürt seine Angst. Lasst Euch wie er durchfluten." Dann schwieg die Geweihte für einige Zeit, tauchte voller Genuss in den See der Dunkelheit, ihre Verbundenheit zu Aguas ein.
"Nun ist es Zeit sich zum Gebet und zum Segen zu erheben", erhob die Evangelistin wieder ihre Stimme, während sie selbst ebenfalls wieder aufstand.
Erneut hatte sie sich in eine Trance versetzt, wozu sie die durch ihre Meditation fokussierte Energie nutzte, streckte die Hände aus, dass sie zum Boden zeigten und sprach:
"Aguas, Herr der Dunkelheit, blicke auf deine Diener und Dienerinnen, schenke uns die Kraft deiner Schatten und erlöse uns von den Mächten des Lichts. Bringe den Gläubigen deinen Schutz und deinen Feinden, welche auch unsere Feinde sind, die Verdammnis und den Tod."
Dunkle Schemen umkreisten die Predigerin. Manche von ihnen glichen Schlangen, andere waren annährend menschlich. Doch die meisten dieser Schemen glichen undefinierbaren Monstrositäten. Erneut erfüllte sie die Macht ihres Herrn, in dessen Dunkelheit sie badete. Dann traten die Schatten wie Sonnenstrahlen aus ihr heraus.
Mit vor der Brust gefalteten Händen sprach sie weiter:
"Aguas, zu deiner stärksten Stunde wollen wir dich ehren. Erneut senkt sich die Dunkelheit über uns. Schicke uns deine Schatten, in denen wir Schutz vor dem Licht finden. Gesegnet seien der Herr der Dunkelheit, seine Engel und alle die ihm folgen."
Dann streckte sie erneut ihre Hände zu beiden Seiten aus, um den Abschluss-Segen zu sprechen:
"Gehet mit dem Segen Aguas'.
Genau wie Aguas stehen wir nicht über den Dingen, sondern lassen uns von ihnen durchfluten.
Genau wie Aguas brechen uns die Schrecken nicht, sondern machen uns stärker.
Genau wie Aguas sind wir eins mit der Dunkelheit.
Unser Gewand ist die Nacht.
Die Schatten geben uns die Macht."
Sie hob ihre Hände über den Kopf, führte sie zu ihrem Herzen und legte sie übereinander. "Aguas wache über Euch", sprach sie, verbeugte sich leicht und beendete dadurch die Messe. Sie löschte die entzündeten Kerzen, ließ das Leinentuch aber noch auf dem Boden liegen... als hoffte sie, Aguas Präsenz dadurch noch eine Weile in diesem Raum zu halten.
Ihr Blick hatte vor allem auf Iana geruht. Werden ihr die Gebete die Kraft geben, die sie sich von Aguas erhoffte? Werden sie Timeroth wie erwartet beruhigen?