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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 138834 mal)

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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2025 am: 09.09.2012, 23:58:59 »
Charol lächelte bei Mikas Frage. Alleine durch ihr Interesse fühlte er sich offensichtlich geschmeichelt. "Ich lasse Früchte aus den südlichsten Regionen von Thaikaris importieren, aus Dörfern, von denen in den Zentralstädten nie jemand gehört hat. Früchte mit außergewöhnlichem Geschmack. Man nennt sie Mangos, Papayas und Passionsfrucht. Außerdem noch eine geheime Zutat, die ich guten Gewissens als noch exotischer als die Früchte bezeichnen kann. Ich nenne sie nur Charols braune Sonne."

Er zwinkerte Mika zu, und fügte dabei hinzu: "Wenn ihr wollt, kann ich euch nach eurer Mission noch ein paar der Früchte geben. Allerdings nur jeweils ein oder zwei. Ich muss sehr auf meine Vorräte achten."

Auf Eretrias Frage hin stand Vigor von seiner Liege auf. "Karak ist überheblich. Er wurde seit vielen Jahren von niemandem besiegt, und hat den Ruf als gefährlichster Verbrecher von Handelsfest. Das ist unser Vorteil, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Erstens wird er nicht damit rechnen, dass es jemand wagt, sein Versteck zu stürmen. Zweitens muss er auf seinen Ruf achten - vor seinen eigenen Leuten ebenso wie vor seinen Kunden - und seinen Feinden. Er darf auf keinen Fall Schwäche zeigen. Würde er sich also hinter den Geiseln verstecken, wäre das für den Moment von Vorteil für ihn, könnte ihm aber ernsthaft sein Geschäft kaputt machen - gerade jetzt, wo er es mit einem aufstrebenden Mitbewerber zu tun hat."

Er tippte sich leicht an den Kopf, als er weitersprach. "Andererseits ist er intelligent genug, um zu begreifen, dass er es mit einer ernsthaften Bedrohung zu tun hat, wenn es jemand schafft, in seinen Unterschlupf einzudringen. Wahrscheinlich wird er versuchen, mit einer einzigen heftigen Gegenwehr die Angreifer niederzumachen. Wenn das nicht gelingt, wird sein oberstes Ziel sein, seine 'Ware' zu schützen, also die Geiseln und geraubte Gegenstände, und an zweiter Stelle seine Leute."
« Letzte Änderung: 09.09.2012, 23:59:19 von Sternenblut »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2026 am: 10.09.2012, 00:07:15 »
Vorsichtig betrat Milan den nächsten Raum, der sich als eine Art Verbindungstunnel entpuppte. Zu Milans Enttäuschung hatte er es nicht nur mit einer Tür zu tun, sondern mit sieben: Eine am anderen Ende des Tunnels, geradeaus vor ihm, und jeweils drei zu jeder Seite. Den Geräuschen nach zu urteilen, mussten die Türen, die geöffnet worden waren, weiter hinten im Gang sein.

Eine einzelne Fackel an der Wand beleuchtete den Gang, und direkt über ihr ließ ein kleines, faustgroßes Loch in der Decke den Rauch der Fackel abziehen. An der Wand darunter lehnte eine weitere, unbenutzte Fackel, offenbar der Vorrat, um die abgebrannte Fackel irgendwann direkt austauschen zu können.

An den ersten beiden Türen links und rechts soweit der zweiten Tür auf der rechten Seite waren Ketten mit Schlössern angebracht. Es würde nicht leicht sein, diese Türen zu öffnen - es sei denn, der Bewusstlose im vorigen Raum wäre im Besitz eines Schlüssels...
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Djarrissa

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2027 am: 10.09.2012, 08:24:13 »
"Er würde die Ware über seine Leute stellen und so was kann ein Anführer sein? Erschreckend! Wenn man als Stärkster oder Klügster der Führer ist, ist man für den Rest verantwortlich.", dachte Djarrissa bei sich. Sie verarbeitete den Rest der Informationen, wobei sie sich überlegte, dass die Früchte zumindest etwas für die anderen wären oder einen netten Marktwert hätten, da sie wahrscheinlich nicht ihr Fall wären. Genüsslich nahm sie einen Schluck der Milch und schleckte ihre Schnauze, bevor sie ihrem nächsten Gedanken Worte gab: "Dann ist es sinnvoll, Karraks Flucht zu verhindern oder ihn abzufangen. Welche Zugänge sind bekannt und könnten geschstopft werden?"
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:26:43 von Djarrissa »

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2028 am: 10.09.2012, 22:00:33 »
Milan ließ die Schultern kurz sinken, aber es verbot sich, jetzt schon aufzugeben. Sein Gehör konnte ihn nicht getrogen haben und da die ersten Türen zu beiden Seiten durch die Ketten ohnehin nicht in Frage kamen, entschied er sich dazu, es mit der Tür ihm gegenüber zu probieren. Einen Moment zögerte er noch, aber er ließ die unbenutzte Fackel, wo sie war. Im Notfall war die Dunkelheit sein einziger Schutz, wenn er sich verstecken musste, was in diesem Gang wohl unmöglich war. Er musste sich jetzt beeilen.

Rasche eilte er zur gegenüberliegenden Tür und presste sein Ohr, jenes, das nicht Sils Herzschlag lauschte[1], an die Tür, um heraus zu finden, ob sich der Mann, mit dem sich jener, der gegangen war, dahinter verbarg - oder ob dies sein Weg in die Freiheit war, zumindest das erste Stück davon.
 1. Lauschen - sagenhafte 4
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2029 am: 10.09.2012, 23:17:11 »
Die Aufregung ließ Milans Herz pochen, so laut, dass er in seinen Ohren kaum mehr als seinen eigenen Pulsschlag hörte. Doch er brauchte kein allzu gutes Gehör, um zu erkennen, dass die Tür, an der er stand, wohl kaum sein Weg in die Freiheit war.

"Bist du ein Feigling?" lachte ein Mann mit rauer Stimme. "Das war nur ein Donnerbeben. Sowas kommt vor, und es bedeutet gar nichts."
Mehrere andere Männer lachten. Dann sprach eine andere Stimme: "Mal was anderes, dieser Händlerjunge - ich frag mich, was mit dem Schild ist. Ich mein, was soll das, wir sollen ihn nicht anfassen. Glauben die, wir machen den dreckig?"
Jemand anders antwortete: "Wer weiß, vielleicht ist er ja verflucht."
Die Vermutung aber wurde nur mit weiterem Gelächter beantwortet. "Hargen, du bist wirklich ein Feigling!"
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Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2030 am: 10.09.2012, 23:50:36 »
Milan erstarrte, als er die Männer reden hörte. Es war nicht die Angst vor ihnen, die ihn lähmte - er ahnte, dass sie ihn nicht töten würden, ganz gleich, ob sie ihn hier fänden, denn aus irgendeinem Grund war er immerhin hierher gebracht worden -, sondern die Erwähnung seines Schilds. Maruiko. Er konnte ihn nicht einfach... Dann wurde ihm schlagartig etwas klar. Vielleicht war er nur wegen Maruiko entführt worden. Aber warum hatten sie ihn dann nicht einfach genommen und ihn getötet? Warum ihn einsperren? Und sollte er jetzt wirklich einfach gehen? Aber was blieb ihm anderes übrig? Maruiko würden sie nicht töten können, er war nicht aus Fleisch und Blut. Aber Sil und er konnten von Schwertern durchbohrt werden.

"Aber das lasse ich nicht zu", flüsterte er Sil ins Ohr und überlegte, welche Tür er als nächstes wählen sollte. Nach seinen Überlegungen war der Mann sicher nicht durch eine der verschlossenen Türen getreten, denn soweit er gehört hatte und sich erinnern konnte, war, nachdem die Tür geschlossen worden war, kein Kettenrasseln oder ein Schließmechanismus zu hören gewesen. Es musste eine der Türen ohne Ketten sein. Aber er hatte nicht alle Zeit der Welt. Irgendwann würden sie von dem Schild ablassen und sich anderen Dingen zu wenden und vielleicht in den Gang treten. Er drehte sich um, starrte auf die Tür, hinter der er noch vor kurzem gefangen gewesen war und legte das Ohr an die Tür zu seiner Rechten[1]. Wenn alles ruhig wäre, würde er es wagen, die Klinke hinunter zu drücken und einen Blick zu riskieren.
 1. Lauschen 16
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2031 am: 11.09.2012, 07:39:47 »
Vigor sah zu Eretria. "Du hast doch einen Plan bekommen, oder?" Er machte eine Geste, um anzudeuten, sie möge ihn auf dem Boden ausbreiten. "Damit können wir mögliche Fluchtwege und unser genaues Vorgehen durchdenken."
« Letzte Änderung: 11.09.2012, 07:39:55 von Sternenblut »
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Sternenblut

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« Antwort #2032 am: 11.09.2012, 07:44:28 »
Hinter der Tür schien alles ruhig. Milan öffnete die Tür - bis sie ein leises Knarzen von sich gab. Sie war weit genug auf, um hindurchzuschlüpfen, und das tat Milan dann auch.

Auf der anderen Seite war ein breiter Gang, mit jeweils fünf weißen Vorhängen zu jeder Seite, die, wie es aussah, Nischen verdeckten. Mehrere Fackeln, die an den schmalen Wänden zwischen den jeweils zwei Meter breiten Nischen angebracht waren, füllten den Raum mit Licht und stickiger Wärme, trotz der Luftabzüge über ihnen.

Vorsichtig schloss Milan wieder die Tür hinter sich. Neben den Nischen gab es an der gegenüberliegenden Wand eine weitere Tür.
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Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2033 am: 11.09.2012, 22:08:30 »
Wo war er hier nur hingekommen? Wie groß war sein Gefängnis? Und war er jetzt auf dem richtigen Weg? Zumindest war er erst einmal eine Tür entfernt von den Männern, die sich nicht an Maruiko heran getraut hatten. Er zögerte jedoch, weiterzugehen. Womöglich war hinter einer der anderen Türen ein direkterer Ausgang und er begab sich immer tiefer in dieses Labyrinth hinein.
'Für Zweifel ist jetzt keine Zeit. Weiter geht's!' Er hievte sich Sil wieder über die Schulter und schluckte schwer. Er hatte gerade das Gefühl in eine Falle gelaufen zu sein. Was mochte sich hinter den Vorhängen verbergen?

Es vergingen einige Sekunden, bis Milan endlich den Mut fassen konnte, sich dem ersten Vorhang der linken Wand zu nähern und ihn in die Hand zu nehmen, ein Stück von der Öffnung wegzuheben und hinein zu sehen. Er fühlte sich in diesem Moment genauso wie an dem Tag, an dem diese ganze Reise seinen Anfang genommen hatte. Und er dachte dabei vor allem an den tückischen Schrank im Zimmer des kleinen Mädchens. Ein wenig musste er bei der Erinnerung sogar lächeln, aber das Lächeln verblasste schnell wieder, während er zögerlich in die Nische sah.
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Mika

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2034 am: 14.09.2012, 12:29:22 »
Mika war perplex, als Djarrissa auf einmal einen Rückzieher machte. Noch verwirrter war die Bardin, als sie als Anführerin bezeichnet wurde. Vor allem, weil sie nicht wusste, ob das wirklich eine Ehre war.
Ihre Verwirrung hatte ihr eine Zeit lang den Mund verschlossen und er blieb auch zu, als dann auf einmal doch alles wieder in eine andere Richtung zu rennen schien und auf einmal von einem Kampf außerhalb des Lagers gesprochen wurde - ein Plan der zum Glück schnell verworfen wurde.
"Kurze Frage. Müssen wir darüber nachdenken, ob wie viele Wege es nach Draußen gibt? Wir sollten wissen, wo sie sich befinden, damit wir die Wege für eine eigene Flucht nutzen können. Aber ich denke nicht, dass wir so viele Leute haben, dass wir uns Gedanken dazu machen könnten, wie wir alle Schlupflöcher stopfen." Sagte Mika, nachdem sie die Stimme wiedergefunden haben. "Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich weiß, was wir noch besprechen sollen. Wir können uns tausend Gedanken machen und werden nicht weiter kommen."
Dann wandte sie sich kurz an Charol: "Ich glaube über dein Angebot, sollte ich leider später nachdenken."
Mehr als du glaubst.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2035 am: 16.09.2012, 23:55:17 »
Milan atmete erleichtert auf, als sich hinter dem Vorhang keine weitere Gefahr verbarg. Jemand hatte offenbar ohne große Kunstfertigkeit einfache Steinwände aufgeschichtet, um eine Nische von der anderen zu trennen. Vermutlich würde ein kräftiger Tritt reichen, um eine Wand zum Einsturz zu bringen. In der Nische, vor der Milan stand, lagen diverse Säcke, drei Truhen, ein Fass und diverse Werkzeuge wie Hämmer, Scheren, Messer und ähnliches, wild über den Haufen anderer Gegenstände verteilt. Der erste Gedanke, der Milan durch den Kopf schoss, war: Diebesgut. Hier bewahrten die Verbrecher offenbar ihre Beute auf.

Vielleicht war hier auch irgendwo seine Ausrüstung versteckt..?
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2036 am: 17.09.2012, 00:14:59 »
Vigor schüttelte den Kopf. "Ihr solltet über den gleichen Weg zurück, über den ihr gekommen seid. Karak selbst hat Auswege in östlicher Richtung, aber die solltet ihr meiden - sie werden noch schärfer bewacht, als die Gänge an die angrenzenden Reviere."

Dann deutete er in Richtung des Ausgangs. "Wenn wir also alles besprochen haben, treffen wir uns jetzt mit Karaks neuem Konkurrenten. Bitte haltet euch dabei zurück, er ist nicht einfach zu handhaben, aber ich bin sicher, dass ich ihn dazu bringen kann, uns durch sein Revier zu lassen. Vom Eingang aus müssen wir gute dreihundert Meter durch einen Tunnel, der zwar ein paar Biegungen macht, aber keine großen Abzweigungen hat. Dieser Tunnel ist noch, naja, öffentlich. Das heißt, hier müssen wir mit Feinden und Fallen rechnen. Wir kommen dann an eine Leiter nach unten, in Shamuals Revier. Und wenn wir da durch sind... nun ja, dann geht es richtig los."

Vigor führte die kleine Gruppe aus dem Zelt, wo sie die beiden Brüder, Charols Neffen, mitnahmen. Von dort gingen sie einige Minuten durch die Stadt, bis sie an einer Straßenecke an einem schwarzen Zelt ankamen. Vigor wechselte einige Worte mit einem Söldner, der davor stand, und führte die Gruppe dann hinein.

Im Inneren des Zeltes war nichts weiter als eine Reihe Kissen, die man um den inneren Rand des Zeltes platziert hatte, und in der Mitte ein Teppich, der den Boden bedeckte. Ein einzelner Mann in einer verzierten Lederrüstung saß in den Kissen. Er war schlank, aber drahtig, und sah die Neuankömmlinge mit blitzenden Augen an. Sein junges, aber hartes Gesicht wurde von einem dünnen Schnurrbart geschmückt, den er so weit hatte wachsen lassen, dass die Enden bis über sein Kinn hinaus ragten.

"Vigor, mein lieber Freund", begrüßte er die Neuankömmlinge mit einer Stimme, die trotz seiner Worte keinerlei Freundlichkeit enthielten. Ebenso gut hätte er ein Todesurteil über Vigor sprechen können. "Ich sehe, du bringst deine Freunde mit. Ihr seid mir willkommen."

Vigor verneigte sich kurz, und bedeutete den anderen dann, sich zurückzuhalten. "Shamual, ich danke dir, dass du uns empfängst. Aber wir müssen kurz reden."

Die beiden Männer unterhielten sich leise. Shamual reagierte wenig freundlich auf das, was Vigor ihm mitteilte. Für einen Moment wanderte seine Hand sogar zu einem Dolch an seiner Seite, doch Vigor redete auf ihn ein, bis der verbrecherische Mann schließlich nickte. Mit langsamen Schritten ging er auf die Gruppe zu. "Ich gewähre euch Zugang zu meinem Revier. Einmal hinein und einmal hinaus, aber nicht mehr. Und ich erwarte, dass ihr Karak empfindlichen Schaden zufügt. Ich habe einen Ruf zu verlieren, wenn ich Schwächlinge in mein Revier lasse."

Vigor nickte, und sprach weiter für die Anderen. "Wir werden daran denken, Shamual. Wir danken dir für deine Großherzigkeit. In wenigen Minuten dürften unsere weiteren Freunde eintreffen, dann gehen wir hinunter."
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Djarrissa

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« Antwort #2037 am: 17.09.2012, 02:07:53 »
Mikas  Beschleunigung des Gesprächs gefiel Djarrissa. Es wirkte so vertraut, in ihrem Volk wurde meist schnell entschieden. Auch die Anwesenheit der Karte beruhigte sie. Dennoch kam sie sich hilfslos vor: "Ich weiß so wenig über die Situation. Ich hätte vermutlich einen oder mehrere Späher vorgeschickt, um die Lage auszumachen und bei deren zurückkommen den Plan vor Ort gefasst. Aber sie sind die Anführer. Mal sehen, wie wir uns schlagen."
 
Beim Aufbruch verabschiedete sie sich bei Charol und dankte für die Getränke. Ihre Kapuze rückte sie wieder zurecht und verbarg ihr Äußeres. Unterwegs zog sie Dok'Hae unauffällig zur Seite: "Verrätst du mir, was deine seltsamen Worte im Zelt zu bedeuten hatten?" Ansonsten beobachtete sie aufmerksam und neugierig die Umgebung.

Den Bandenchef empfand sie als eher hübsch, aber uninteressant. Sie wechselte ihr Gewicht ständig von einem Bein aufs andere und wirkte rastlos. Sie verneigte sich gemeinsam mit Vigor und lauschte aufmerksam dem Gespräch. Als das Gegenüber zum Dolch griff, wanderte ihre Pfote zur Axt, aber  blieb ruhig und eher unauffällig. Anschließend entspannte sie sich dank des besseren Klimas und war froh über die  Erlaubnis.
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:26:51 von Djarrissa »

Milan

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« Antwort #2038 am: 17.09.2012, 22:04:16 »
Beim Anblick der ganzen Gegenstände dachte Milan zuerst nicht an sich selbst, sondern an all die anderen Opfer dieser Bande. Er schüttelte den Kopf und überlegte, ob er das Risiko eingehen konnte, nach seinen eigenen Sachen zu suchen. Aber im Moment war er wohl sicher und er würde es wohl hören, wenn diese Leute in den Gang, der hinter ihm lag, traten.

Er ging in die Knie, um Sil vorsichtig abzulegen. Am liebsten hätte er sie in einer der Nischen versteckt, falls ihn doch jemand überraschte, aber zum einen waren die Nischen reichlich gefüllt mit den Beweisen für die Schandtaten dieser Leute und zum anderen würde dieses Kind es niemals allein hier heraus schaffen. Sie schien ihm willen- und hilflos. Daher lehnte er ihren Oberkörper gegen die Wand und betrachtete kurz das noch runde und glatte Gesicht. Einem Kind so etwas anzutun, einem Kind, das doch noch in der Lage war, absolut unverfälschte Gefühle zu haben und sie zu äußern. Das weinte, wenn es wollte. Das lachte, egal über was. Das Menschen offen und ohne jedes Vorurteil begegnete. Er schluckte, wenn er bedachte, dass ihr all das nun genommen war und sie es vielleicht nie wieder erlangen würde.

Er warf einen Blick zurück zu der Tür, durch die er gekommen war. Wenn er nur mehr Mut hätte, wenn er nur stärker wäre... Doch stattdessen war er hier, versuchte sich und dieses kleine Mädchen irgendwie zu retten und hatte doch nichts am Leib außer seiner Sachen, die ihm wenigstens noch Schutz vor Blöße bot. "Na immerhin", murmelte er und atmete tief durch, bevor er sich erhob. Selbstmitleid war jetzt unangemessen und wenn er das alles doch nicht für sich tat, dann doch wenigstens für Sil. Entschlossener begann er, jede einzelne Nische zu untersuchen. Selbst wenn er seine eigene Ausrüstung nicht fand, so würde er doch eine Waffe finden, um sich im Notfall wehren zu können. Das ganze Training in den letzten Wochen, die Herausforderungen, die sie alle bestanden hatten, das würde nicht umsonst sein. Er würde Sil hier raus schaffen und sich selbst auch und sobald er wieder bei den anderen war, würde er mit ihnen zusammen gegen den vorgehen, der diesem Kind und vielleicht noch vielen anderen so etwas Grausames angetan hatte.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2039 am: 18.09.2012, 22:41:22 »
Die erste Nische offenbarte nichts, was Milan in seiner jetzigen Situation besonders weitergeholfen hätte. Er fand ein wenig Nahrung und frisches Wasser, mit dem er seinen noch immer nach Asche schmeckenden Mund ausspülen konnte, danach machte er sich an die zweite Nische. Hier hatte die Verbrecherbande Kleidung, Teppiche und einige kleinere verschlossene Kisten gelagert - vermutlich enthielten sie Schmuck und Geschmeide. Die dritte Nische war schon erfolgversprechender: Sie enthielt zwar eine Reihe von Kisten, diese waren jedoch nicht verschlossen. In den Kisten lagen Waffen wie Schwerter, Dolche, Peitschen und Streitkolben, und auch einige kleinere Rüstungsgegenstände. Und schließlich, es war die vorletzte Kiste, die Milan öffnete, sah er einige Dinge, die ihm sehr bekannt vorkamen. Es war seine Ausrüstung, alles, was er dabei gehabt hatte, als man ihn gefangen genommen hatte.

Sein kurzer Moment der Freude währte jedoch nicht lange, als er hörte, wie die Tür geöffnet wurde. Erschrocken blickte er sich um, doch die Tür blieb nur einen kleinen Spalt geöffnet. Davor unterhielten sich zwei Männer. Die eine Stimme kam Milan sehr bekannt vor - es war der Anführer der Männer, die sie überfallen hatten.

"Du bringst jetzt diesen Schild zu den anderen Sachen, und wenn du noch einmal auf den Gedanken kommst, dich gegen meine Anweisungen zu wenden, schlage ich dir persönlich die Hand ab, mit der du den Schild greifen willst, alles klar? Du dämlicher Idiot hast wohl immer noch nicht begriffen, dass Magie sehr real ist und sehr mächtig sein kann. Unsere Kundinnen haben uns aus gutem Grund davor gewarnt, ihn nicht anzulegen. Hast du das jetzt endlich verstanden?"
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