Vorsichtig nahm Irana den Spiegel, dem Meleanda ihr reichte.
Dann nickte sie Alyssa lächelnd zu, die ihr ebenfalls ihren Spiegel angeboten hatte und antwortete der jungen Frau: "Manchmal denke ich, es liegt ein wenig in der Familie, da auch meine Mutter Gozreh dient. Doch man erhält das Zeichen, dass Gozreh einen erwählt hat, auf eine andere Weise als durch Vererbung: Gozreh schickt denen, die er erwählt, einen Traum, in denen sie sich seinen Elementen, dem Wind und dem Wasser stellen müssen. Schafft man es, diesen Elementen standzuhalten, ohne zu fliehen oder oder sich ihrer Macht zu ergeben, wird Gozreh einem auf seine Weise deutlich machen, dass er diese Person erwählt hat, ihm zu folgen.
Schon früh hatte ich mir immer gewünscht, dass Gozreh auch mich auserwählt, doch dieser Wunsch ging erst vor wenigen Jahren in Erfüllung."
Lächelnd besah sie sich ihre neue Frisur in den beiden Spiegeln: "Eine wunderschöne Frisur hast du mir da geflochten, Meleanda. Einzig an Tagen, an denen wir Rituale zu Ehren Gozrehs abhalten, ist es bei uns Priesterinnen jedoch vorgeschrieben, die Haare offen zu tragen. Ansonsten darfst du dich gerne um meine Haare kümmern." Wenn ich irgendwo einen anderen Gozreh-Tempel finden könnte... Irana stieß ein kurzes Seufzen aus und für einen Augenblick war ein leicht betrübter Ausdruck auf ihrem Gesicht zu sehen. Sicherlich hatte Irana auch an diesem Morgen Gozreh in ihrem Gebet um seine Kräfte von Wind und Wasser gebeten, doch fühlte es sich befremdlich an, dies so fernab des Wassers zu tun.
Dann fiel ein Sonnenstrahl auf ihren Schuppenpanzer. Den Priestern Gozrehs erlaubte man das tragen von Metallrüstungen nur sehr widerwillig, da man ihnen nachsagte, dass sie den Fluss der Elemente des Gottes störten. Irana hatte bei ihrer Meditation wenige Stunden zuvor überlegt, ob es vielleicht an dieser Rüstung lag, dass sie die Winde ihres Herrn im Kampf gegen die Räuber nicht kanalisieren konnte. Bei der nächsten Gelegenheit würde sie sich nach einer aus Leder gefertigten Rüstung umsehen.