Der Mann, der als erster hochgeklettert kam—so flink, dass man meinen könnte, er liefe die Wand hoch—packte, kaum dass er sich einen erleichterten Seufzer gönnte, erst einmal am Seil mit an und das war auch gut so, denn sein Kamerad wog knapp das doppelte und stellte sich dann auch als ein muskelbepackter Hüne heraus, der die Menschen um ihn herum um anderthalb Kopf überragte.
Der erste Mann dagegen war so groß wie Nasreddin, nur etwas drahtiger, an der Grenze zu mager. Bart und Haupthaar waren mittelblond und kurz geschoren, ersterer zudem recht spärlich, letzteres dagegen schmückte sich mit einem dünnen Zopf hinterm linken Ohr, welcher allerdings mit einem schmuddeligen grauen Band umwickelt war und daher nur bedingt als Zierde taugte. Überhaupt wirkte der Mann insgesamt ein wenig schmuddelig, oder freundlicher ausgedrückt: als hätte er bessere Zeiten gesehen. In seinem Gürtel steckten ein Dolch und ein Rapier.
Außerdem war er—und das hätte man vielleicht als erstes nennen sollen, denn es fiel als erstes auf—halbnackt und seine Arme, Brust und Rücken über und über mit Tättowierungen bedeckt. Welches der Tattoos dagegen als erstes auffiel, ließ sich kaum entscheiden: vielleicht der Schwan, der sich mit ausgebreiteten Flügeln quer über seine Brust streckte, oder die Flammen, die seinen linken Arm hinaufzüngelten, oder aber die beiden barbusigen Damen, die den rechten Arm zierten. Das heißt, eigentlich zeigte nur die auf dem Oberarm ihre blanken Brüste her, die andere, auf der Innenseite des Unterarms, trug ein dünnes Hemd, das sich klatschnass an ihren Körper schmiegte, wodurch sie nackter erschien als erstere. Überhaupt war ihre ganze Pose derart einladend... aber dafür musste man schon sehr genau hinschauen.
Die eigene Blöße schien den Mann, trotz der anwesenden Dame, nicht weiter zu genieren und er hub gerade an, die ihm gestellte Frage zu beantworten, als sein Blick auf die beiden Kobolde fiel. Seine Augen weiteten sich, die Hand fuhr zum Griff seines Rapiers, doch fing er sich sogleich wieder. Statt blank zu ziehen, sah er sich nervös in alle Richtungen um, nickte dann aus irgendeinem Grund und tauchte zu seinem Rucksack hinab. Er kramte ein wattiertes Hemd heraus, welches er überstreifte. Ebenso rasch folgte ein Kettenhemd. Während er dieses zurechtzog und -zupfte und auch diverse dazu passende Schulterstücke, Armschienen und dergleichen anlegte
[1]—so schäbig seine Kleidung und sonstige Ausrüstung aussah, so hochwertig schien dagegen das Rüstzeug—antwortete er endlich auf die Frage.
"Erst mal danke fürs Rausholen. Ich nehme an, ihr habt meine Antwort vorhin nicht ganz mitgekriegt. Wir waren also auf der Flucht vor einem Pack Zwergenghoule, das irgendwo da hinten", er zeigte den Gang hinunter,
"unsere drei Kameraden verspeist hat, als wir halt hier reingeplumpst sind. Eigentlich war's ja ein Glück, sonst wären wir jetzt tot und halb verdaut. Finlay ist mein Name, von Beruf Akrobat, und das hier ist Theudis. Nach seinem Beruf braucht man wohl nicht zu fragen. Jedenfalls wurden wir und die anderen vom Holzfürst angeheuert, seinen Sohn zu finden, der mit weiteren Kindern verschwunden ist. Darf man fragen, wer ihr seid? Die Eltern der Kinder?"Er rückte einige letzte Dinge an seinem Gürtel zurecht und warf einen erwartungsvollen Blick in die Runde.