05.01.1042 - Tag des Pandas - Mittag
"Ah. Ich sehe.", sagte Chuang Diyan nichtssagend, nickte dem Beamten aus Cui Bao zu und stellte sich demonstrativ ein paar Schritte näher an Hong Gil-dong heran.
"Wir überlegen weiter, was das Richtige ist, statt zu handeln. Und schon unterstellt ihr mir wieder «heiße Neigung», wohl wissentlich Entschlossenheit mit Überstürztheit verwechselnd. Ich schätze eure Weisheit, Xū Laoshi, aber ich fürchte, dass das Sammeln allen Wissens, welches möglich zu sammeln ist, so lange brauchen wird, dass das Reich darüber zerfallen wird. Kann das wirklich eure Absicht sein? Dieser Mann hat...ich mag diese Zahl gar nicht auszusprechen, Wesen hinterhältig sterben lassen für seinen Fehler. Und er scheint sich nicht unter Kontrolle zu haben! Welches Wissen brauchen wir denn noch?", Bu Caos zweites Sein flackerte kurz auf, er brüllte wütend dazwischen.
"BRINGT MICH UM! ICH KANN IHN NICHT HALTEN!" Er wischte sich sein Blut durch das Gesicht und ließ es dann einfach herablaufen und blickte zwischen den Denunzianten hin und her.
"Wie herzlos ist das Menschengeschlecht, dass es einen, der sterben will, mit Leben straft! Wie GRAUSAM IST ES!", schrie er heraus und schubste Mako weg.
"IHR WISST NICHT, WAS DAS LEBEN FÜR EINE QUAL FÜR VIELE IST! IHR WISST ES NICHT! IHR HABT ES SELBST HIER NICHT GELERNT!", es war nicht klar, ob Bu Cao oder der Narr sprach, denn es flackerte jetzt wild zwischen beiden hin und her. Der Narr lachte deutlich, als er für einen Moment die Überhand gewann, dann war er wieder Bu Cao.
Chuang Diyan strich sich über den Bart und blickte Hong an.
"Ich habe sehe, was ihr meint. Ich sehe, was hinter diesen Wänden ist. Eine alte Zauberformel, wie sie zu tausenden in Gangxi vorkommt, in den unterschiedlichen Tempeln des Elefanten. Es ist ein alter Glauben, namenlos und angeblich mit der Enwe selbst verbunden. Ich habe diese Tempel gesehen, wie viele von ihnen zerstört oder entweiht waren, aber ich habe einen Teil der Schriften darüber sammeln lassen. Der Elefantengott, für den ihn manche erklärten, scheint ein Naturgeist zu sein, von großer Macht, wohlgemerkt. Er wird beschrieben als Bringer der Hindernisse, Rätsel, Weisheit und Intelligenz. Jedoch auch für den Neubeginn[1] und das ist das, was dieser Tempel verspricht, wenn ich mir die alten Schriftformen so anschauen.", gab Chuang Diyan zu, dass er der fremden Sprache durchaus mächtig war.
Er entfernte sich von Hong und schaffte es mit dieser Offenbarung sogar Bu Cao zum Schweigen zu bringen, diesen sogar so sehr staunen zu lassen, dass er sich für den Moment nicht weiter zu verletzten suchte. Chuang Diyan las vor, und er las etwas vor, welches sie bereits weitestgehend kannten.
"«Chuang, dreiunddreißig deines Geschlechts mögen nach dir herrschen, doch hast du dann Feuer und Wasser nicht befriedet und ihnen nicht auf Dauer trotzen können und die Erde nicht wieder an deine Seite geholt, werde ich deiner Herrschaft ein Ende setzen. Dann soll keiner diesen Garten haben. Nimmermehr![2], sprach Qi und vergass sich selbst darüber. Doch Tǔ vergisst nicht, denn alles entsteht aus ihm und wird zu ihm. Und alles, was aus ihm wird, ist sein und so nicht zu vergessen, denn Tǔ gebietet über die Erinnerung aller Dinge, die auf, in und unter ihm geschehen. Seine Augen sind bis ans Ende wachsam. Er kennt die Wahrheit.»"Chuang Diyan wirkte auf einmal erregt.
"Wisst ihr, was dies bedeutet? Kennt ihr die ganze Geschichte und nicht nur die viel tradierten Worte Qis? Dann wird es klar. Wie konnte ich das über all die Jahre nicht sehen!"Der Kaisersohn griff an die Wand und da passierte es, er griff einfach durch die Wand hindurch.
Myriaden von Farben explodierten von diesen auf den nächsten Augenblick und dann sahen sie das, was ihnen einst beschrieben war.
«Sanft in rötlichen, zart rosanen und purpurnen Farben fielen die leichten, meist weißlichen, Blätter von den Bäumen der Kirsch- und Pfirsichbäumen. Sie bedeckten den Boden und zeugten für die Zeit des Herbstes, der Beginn der Erneuerung. Doch hier, an diesem Ort, ging diese Erneuerung besonders schnell. Während die Blätter fielen, bildeten sich bereits Knospen und deuteten das Erwachen der Natur an. Ein ununterbrochener Vorgang von Verfall und Blüte. Die Einheit von Sterben und Geboren werden. Es war ein Paradies.»Und nun standen sie plötzlich, auf einmal dort, unter einem Kirsch- und einem Pfirsichbaum, welche besonders mächtige Bäume waren, während die Blüten auf ihre Schulter fielen und sofort verwelkten. Ein Prozess, soweit das Auge reichte, entweltlich, der künstlichen Grenzen enthemmt. Sie sahen, dass in der Ferne Bäume verdorrten, starben, neue Triebe aus den Überresten emporwuchsen und so neue Bäume wurden, doch nie waren sie gleich. Das Bild der Schönheit des Gartens war unbeschreiblich, die Schönheit nur in ihrem steten Wechsel ewig. Nur die beiden alten Bäume schienen diesem Zyklus zu trotzen, aber nicht ganz widerstehen zu können. Sie waren alt und im Sterben, das erkannte jeder sofort. Ware es der letzte Atemzug der Ewigkeit, in dem sie Blätter verloren? Würde sie noch einmal in neuen Kleid der Knospen stehen. Bu Caos Blut wurde vom Boden sofort aufgesogen, während dieser sich fassungslos umblickte, wie auch Chuang Diyan.
"Ich habe nur...", sagte er stotternd, mit der Fassung ringend,
"die Wand berührt.""Ich will, dass ihr bedeutend seid.", sagte eine alte Stimme, krächzend wie brechender Schiefer oder ein alter Baum im starken Wind. Es war die Stimme, die Tǔ zuordnen konnten. Chuang Diyan blickte fassungslos zwischen Xū Dǎnshí und Hong Gil-Dong hin und her. Sie hatte es mit Bu Cao, mit dem Narren, in den Garten geschafft. Ohne es zu wissen, waren sie wahrscheinlich die ganze Zeit im Garten. Wie konnte das passieren? Tǔ bewegte sich sanft und alle kleinen Bäume schüttelten ihr frisch gewonnes Kleid, nun fahl und braun geworden, wieder ab.
"Ich will, dass ihr von Bedeutung seid.", sagte die schroffe Erde abermals.